Interview mit Jane Slaughter
Jane Slaughter ist eine der Gründerinnen von Labor Notes und begleitet deren Konferenzen seitdem. Im Gespräch mit Violetta Bock erzählt sie, wie die Konferenz für sie war und was Labor Notes auszeichnet.
Wie hat dir die Konferenz gefallen?
Ich finde, die Konferenz war großartig. Es war die bisher größte und beste in bezug auf den Inhalt, die Teilnehmer und die Atmosphäre. Die Menschen schienen wirklich glücklich zu sein, sich unter Gleichgesinnten zu befinden. Und ich glaube, dass ein Grund für diese gute Stimmung die Bernie-Kampagne war. Ich würde schätzen, dass ihm etwa 85% der Teilnehmenden gewogen sind und sich sehr darüber freuen, dass es ihn gibt, dass er sich so gut macht und ihren Gedanken eine Stimme verleiht. Eine Bewegung zu haben, die viele begeistert, hat zum guten Spirit auf der Konferenz beigetragen. Und das, obwohl die Bernie-Kampagne kein ausgeprägtes Thema auf der Konferenz war, wir hatten nur zwei Workshops dazu. Aber es wirkte im Hintergrund.
In einem Panel hat eine Krankenschwester aus dem Staat New York gesprochen, die sehr dankbar für die Arbeit von Labor Notes in den letzten Jahren war.
Ich kann ein bisschen was über ihren Fall erzählen. Mark Brenner begann vor einigen Jahren, mit Mitgliedern der Gewerkschaft der Krankenschwestern in New York zu arbeiten, als sie noch ein kleiner Kern waren. Die Gewerkschaft war damals sehr bürokratisch, top-down, selbst Krankenschwestern aus dem Management konnten Mitglied werden. Die Schwestern wollten daher die Gewerkschaft übernehmen, Mark Brenner arbeitete mit ihnen und führte viele Trainings und Workshops durch. Letztendlich gewannen sie die Gewerkschaftswahlen und wurden zu Funktionärinnen innerhalb der Gewerkschaft.
Seitdem begleitet Mark sie weiterhin. Sie haben zahlreiche Workshops für Gewerkschaftsmitglieder und Gewerkschaftsvertreter im Betrieb durchgeführt, in denen es darum geht, wie man Gewerkschaft von unten organisieren und aufbauen kann. Sie machten strategische Pläne, legten fest, was sie alles brauchen, wie das Bildungsprogramm aussehen muss und überlegten, wie sie Schritt für Schritt vorgehen. Sie waren ja alle ganz frisch im Amt. Deshalb war sie so dankbar, und deswegen ist es ihnen gelungen, allein aus ihrer lokalen Gliederung mit 80 Beschäftigten zur Konferenz zu reisen.
Wie hat sich die Zahl der internationalen Gäste entwickelt?
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich würde sagen, mit Teilnehmenden aus etwa zwanzig Ländern waren es mehr als bei den letzten Malen. Große Delegationen kamen aus Japan, China, Brasilien, Mexiko. Wir haben immer großen Wert auf Teilnehmende aus aller Welt gelegt. Auch wenn die Kosten sehr hoch sind, ist es das wert, weil es zusätzlich frischen Wind bringt.
Eine der Moderatorinnen hat beim Abschlusspanel davon gesprochen, dass Labor Notes ein Zuhause sein soll. Was meinte sie damit?
Von Anfang an haben wir versucht, uns für die Idee stark zu machen, dass es einen Flügel von Troublemakern, also Unruhestiftern, in der Arbeiterbewegung geben muss. Wir hatten damals noch nicht dieses Wort dafür. Man kann es auch einen linken Pol nennen, wenn man diese Terminologie benutzen will, oder einen progressiven Teil in der Arbeiterbewegung. Wir haben immer versucht, den Kolleginnen und Kollegen rüberzubringen, dass sie nicht allein sind, dass es Gleichgesinnte gibt, und ihnen zu sagen: «Du bist nicht die einzige verrückte Person, die versucht gegen die lokalen Bürokraten anzukommen; deine Ideen machen Sinn und es gibt eine kohärente Politik um die Idee eines unruhestiftenden Gewerkschafters herum.» Wir wollen, dass Menschen fühlen, dass Labor Notes ihr Heim ist und ein Ort, wo sie das bekommen, was sie brauchen, auch geistige Nahrung. Das ist etwas, was man definitiv auf dieser Konferenz bekommt, dass man sich als Teil einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten fühlen kann.
Es gab mehr als hundert Leute, die freiwillig bei verschiedenen Aufgaben der Konferenz geholfen haben. Und natürlich noch viel mehr, die in ihrer Stadt oder Gewerkschaft aktiv waren, um zum Beispiel ein Event zur Deckung von Fahrtkosten zu organisieren.
Die Panels waren in bezug auf Geschlechter und Ethnien sehr gut zusammengestellt. Wurde das bewusst verfolgt oder hat sich das einfach ergeben?
Ich kann nicht für alle Gewerkschaften sprechen, aber in vielen ist es absolut normal, dass man die gleiche Repräsentation von Mann und Frau anstrebt und dass auch farbige Menschen repräsentiert sind. Also ich denke, Labor Notes ist hier nicht so sehr die Ausnahme.
Und wenn man sich anguckt, wer kam, 80 Krankenschwestern aus New York und die Lehrerinnen aus Brasilien: Offensichtlich sind Frauen sehr aktiv und es war nicht schwer, sie als Teilnehmerinnen zu gewinnen. Es gibt immer noch viele weiße Männer, die auch gut sind und deren Erfahrungen wir schätzen. Und ich bin mir sicher, dass es auch Workshops gab, wo nur Weiße drin saßen, aber wir versuchen unser Bestes, eine Ausgewogenheit hinzukriegen.
Haben die Konferenzen einen dauerhaften Nutzen?
Viele nutzen die Konferenzen von Labor Notes, um ihre eigenen Treffen damit zu verknüpfen, etwa die Kampagne Labor for Bernie, die Beschäftigten der Eisenbahn oder der Telekom. Die Lehrer hatten während der Konferenz ein Treffen. Das ist ein sehr wertvoller Bestandteil der Konferenz.
Einige Gruppen wurde auch auf Labor-Notes-Konferenzen gegründet, zum Beispiel vor zwei Jahren die CPUW, in den 90er Jahren die Koalition für Würde und Straffreiheit für undokumentierte Arbeiterinnen und Arbeiter. Vor langer Zeit vereinbarten Menschen aus Minnesota ein Treffen. Sie kannten sich vorher nicht und trafen sich etwa mit zwanzig Leuten in einem Hotelzimmer; sie gründeten eine Gruppe, die immer noch besteht und eigene Konferenzen, Solidaritätsarbeit zu Streiks und vieles mehr organisiert. Also nicht nur die Konferenz selbst, sondern auch wie sie von anderen genutzt werden kann, ist sehr wertvoll.
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