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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 05/2016

Schutz für ausländische Vermögen
dokumentiert

Anfang dieses Jahres machte eine Studie von Oxfam Furore, die da sagte: 62 Superreiche besitzen soviel wie 3,7 Milliarden Menschen. Nur ein Jahr zuvor waren noch 80 Menschen zu den Reichsten der Erde gezählt worden. Die Autoren der Studie nannten auch die Gründe für die weitere Vermögenskonzentration: die völlig unzureichende Besteuerung großer Vermögen und Kapitalgewinne sowie die anhaltende Verschiebung von Profiten in Steueroasen.

Nun gibt es die Panama Papiere, die mit Name und Adresse belegen, wie auch deutsche Unternehmen, vor allem Banken, und Privatpersonen in das Geschäft mit der Steuerhinterziehung verwickelt sind. Der Vorgang ist so skandalös, dass Bundesfinanzminister Schäuble es sich nicht leisten kann, so zu tun, als würde er tatenlos zusehen, wie die Superreichen sich weigern, ihren Anteil an der Finanzierung der Staatsausgaben zu tragen, während der kleine Steuersünder bedrängt wird. Also hat er verkündet, er wolle «ein Abkommen zur Offenlegung von Kontodaten».

Schöne Sache, ist aber nur die halbe Wahrheit, wie der Steuerexperte Karl-Martin Hentschel von Attac erklärt: «Die andere Hälfte lautet: Das Bundesfinanzministerium sperrt sich dagegen, Informationen an alle Staaten zu liefern. Entwicklungs- und Schwellenländer etwa sollen außen vor bleiben, weil sie selbst keine gute Steuerverwaltung hätten.» Damit dürfen die in Deutschland geparkten Gelder zum großen Teil auch in Zukunft geheim bleiben – zur Freude der großen deutschen Geldinstitute, die vermögende ausländische Staatsbürger aus diesen Ländern als Kunden führen.

Deutschland ist eine Steueroase, heißt das im Klartext. Das Vermögen ausländischer Staatsbürger auf den Konten deutscher Banken wird auf etwa 3 Billionen Euro geschätzt. Den Gesamtwert aller Vermögen in Deutschland schätzt die Bundesbank auf 10 Billionen Euro. Dadurch, dass Deutschland deren Steuerdaten weiter geheimhält, wird auch in Zukunft der größte Teil dieser Vermögen wohl nicht versteuert werden.

Warum schützt der Bundesfinanzminister ausländische Vermögen? Weil er Angst hat, dass sonst deutsche Konzerne, die ja zunehmend in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv sind und dort heute nur wenig Steuern zahlen, in Zukunft stärker zur Kasse gebeten würden. Die Bayer AG etwa hat in den vergangenen zehn Jahren ihre Steuern um mehr als drei Viertel gesenkt, indem sie ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagert hat. Und das sind häufig Entwicklungs- und Schwellenländer, zumal in jüngerer Zeit, wo EU-interne Steueroasen wie Liechtenstein und Luxemburg zunehmend ausgetrocknet werden.

Damit bleibt Steuerhinterziehung legal. «Jede Debatte über Steuerhinterziehung ist verlogen, wenn nicht festgestellt wird, dass die wirklich Reichen, die Multimillionäre und Multimilliardäre sowie die internationalen Konzerne keine Briefkastenfirmen brauchen, da sie Steuern legal vermeiden können und der Gesetzgeber dies bewusst duldet», sagt Hentschel. Eine der reichsten deutschen Familien, die Familie Quandt (BMW), konnte ihr Vermögen im vergangenen Jahr ohne Steuerzahlung vererben!

Der Bundesfinanzminister wehrt sich auch dagegen, dass das Register der Besitzer bzw. Nutznießer von Konten in Steueroasen, das jetzt im Rahmen der Geldwäscherichtlinie der EU diskutiert wird, öffentlich zugänglich gemacht wird. Steuerdaten sollen weiterhin geheim bleiben. Dann kann auch kein öffentlicher Druck gegen Steuersünder aufgebaut werden.

Es ginge auch anders: Deutschland könnte in der EU durchsetzen, dass allen in Deutschland und in der EU tätigen Banken und Firmen verboten wird, Geschäfte mit Banken und Gesellschaften in Staaten zu machen, die nicht mit den deutschen Steuerbehören kooperieren. So machen es die USA, das Bundesfinanzministerium aber lehnt das ab.

Deutschland könnte auch ein Gesetz erlassen, das besagt, dass deutsche Staatsbürger grundsätzlich mit ihrem weltweiten Einkommen steuerpflichtig sind. So machen es die USA. Doch der Bundesfinanzminister lehnt das ab.

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