von Rolf Euler
Das neue Memorandum der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (AAW, www.alternative-wirtschaftspolitik.de) stellt wie jedes Jahr aktuelle Forderungen an die politische Szene – diesmal insbesondere zur EU und der Flüchtlingsmigration. Dabei freut man sich einerseits, jedes Jahr wieder mit alternativen Gedanken zum neoliberalen Mainstream konfrontiert zu werden, andererseits bemerkt man die Zahl der (fast) nutzlosen Appelle und hofft, dass nicht alles, was die AAWler schreiben, im Papierkorb der Geschichte landet.
Gut lesbar, aber auch gespickt im Anhang mit Zahlen und Tabellen, wird auf die Krise der EU eingegangen, erneut auf die Lage in Griechenland und wie sie politisch gewollt wird. Jeder weiß, dass die «großzügig» Griechenland gewährten Gelder den europäischen Banken zufließen, die griechische Bevölkerung dafür aber einen Aderlass hinnehmen muss, und dass die Krise der Finanzmärkte nicht ausgestanden ist.
Die Flüchtlingsmigration ist das andere große Thema des Memorandums. Hier werden Forderungen nach dem Ausbau öffentlich finanzierter Aufgaben der Integration, Bildung, Teilhabe und Wohnwirtschaft gestellt. Sie sehen die Flüchtlinge als «Chance zur Stärkung des Gemeinwesens» und kritisieren den bisherigen Abbau der öffentlichen Dienstleistungen und die Verarmung der Kommunen, sodass die nötige Infrastruktur und die erforderlichen Arbeitskräfte im öffentlichen Sektor nicht mehr vorhanden sind. Hier wäre Steuergeld sinnvoll angelegt, schreiben sie, und stellen ein Forderungsbündel auf zu Kitas, Schulen, Jugendbildungsarbeit, zu Familiensozialarbeit, Gesundheitswesen, Wohnungsbau, Koordinierungs- und Beratungsangeboten. Die Flüchtlinge werfen «ein ganz neues Licht auf den Wert einer leistungsfähigen öffentlichen Daseinsvorsorge ... für den Zusammenhalt einer Gesellschaft», heißt es zurecht in dem Memo.
Wie schon in vielen Jahren davor beschäftigen sich mehrere Kapitel mit anderen wirtschaftspolitischen Bereichen wie Mindestlohn, Ausstattung der öffentlichen Haushalte, mit der Bildungspolitik und dem «Märchen vom Aufstieg durch Bildung», mit der Energie- und Klimapolitik; ein Kapitel ist dem erforderlichen «neuen Mut zur Konversion» bei der Rüstung gewidmet.
Wichtig für weitere Diskussionen ist das letzte Kapitel: Es handelt von Kapitalismuskritik und Ideen zur Transformation, die an bestehende Bewegungen, aber auch an vergangene Ideen von Partizipation und Demokratisierung anknüpfen. Hier sind reformerische Ansätze neben richtigen Ideen angesprochen, eine solidarische Auseinandersetzung über die aktuelle wirtschaftspolitische Diskussion hinaus aber erscheint dringend nötig – wenn denn eine andere Welt möglich sein soll.
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