von Angela Klein
Seit vier Jahren demonstrieren alljährlich weltweit Menschen aus Stadt und Land gegen das Treiben der Agrarkonzerne, insbesondere gegen Genpflanzen und krebserregende Pflanzenvernichtungsmittel wie Glyphosat, das in Deutschland vorwiegend zum Einsatz kommt.
Am diesjährigen 21.Mai protestierten Hunderttausende in über 38 Ländern und 428 Städten – und die Bewegung namens «March against Monsanto» breitet sich aus. Dabei ging es nicht nur um Monsanto. In Basel nahmen über 2000 Demonstranten vor allem den schweizerischen Multi Syngenta aufs Korn, der in Deutschland wiederum in letzter Zeit vor allem deshalb Schlagzeilen machte, weil ein chinesischer Chemieriese, Chemchina, Syngenta für 43 Mrd. Dollar übernehmen will.
Syngenta ist hinter Monsanto und DuPont der drittgrößte Saatguthersteller der Welt und Nummer 1 im Bereich der Pflanzenschutzmittel. In Deutschland gab es Aktionen in neun Städten, doch ist diese Initiative hier bislang noch wenig beachtet. Ein Hauptthema war bei uns die geplante Übernahme von Monsanto durch Bayer für 55 Mrd. Euro.
Das Übernahmekarussell in der Agrochemie dreht sich im Rekordtempo. Neben den genannten Fusionsprozessen wollen sich auch die US-Giganten Dow Chemical und DuPont zusammenschließen. Diese Agrarmonopolisten zählen auch zu den Hauptverantwortlichen für das Landgrabbing, durch das Kleinbauern von ihren Ländereien vertrieben, enteignet und zur Migration gezwungen werden.
Pflanzenvernichtungsmittel wie Glyphosat (Syngenta produziert das Pendant Paraquat, das in der EU jedoch nicht zugelassen ist) konnten auch in Deutschland in zahlreichen Lebensmitteln nachgewiesen werden, u.a. in Brot, Bier und Wein.
Die Zahl wissenschaftlicher Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Pflanzenvernichtungsmitteln und einer Reihe verschiedener Krankheiten beim Menschen – von Krebs über Diabetes bis zu Funktionseinschränkungen des Gehirns, die erst später im Leben auftreten, und sogar Missbildungen – wächst; zuletzt haben Wissenschaftler der WHO nachgewiesen, dass Glyphosat «wahrscheinlich krebserregend» ist. Totalherbizide schädigen auch die Bodenfruchtbarkeit und das Bodenleben; Rinder werden davon vergiftet. Die von den Konzernen ins Feld geführte «Steigerung der Produktivität» bezahlen wir mit der Gefahr, dass die Böden steril werden.
Die durch die Fusionen entstehenden weltweiten Monopolisten stellen eine äußerste Bedrohung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft dar, denn sie setzen einen Kreislauf von Preisdumping, Zwang zu kurzfristig immer höherer Produktivität, immer größeren Anbauflächen, Wälderrodung, Herbizideinsatz, genmanipuliertem Saatgut und schließlich Bodenerosion in Gang, der den Bauern die Existenzgrundlage raubt, die Landwirtschaft auf Dauer gefährdet und Landarbeiter wie Städter vergiftet.
Trotz dieser Erkenntnisse will die EU-Kommission die Zulassung für Glyphosat um bis zu 18 Monate verlängern. Unter anderem die deutsche Bundesregierung konnte sich (im Gegensatz zu Frankreich) nicht entschließen, im Europäischen Rat dagegen zu stimmen. Der Druck der Chemielobby ist zu groß und wird mit der angestrebten Fusion von Bayer und Monsanto, die Bayer zum größten Agrosaatgut- und Agrochemikalienanbieter weltweit machen würde, nur noch größer.
Der internationale Verband für den Schutz der kleinbäuerlichen Landwirtschaft, Via Campesina, fordert deshalb ein Bündnis zwischen Kleinbauern und Städtern für eine neue Agrarreform. Dabei geht es nicht mehr um die Verteilung des Bodens an Kleinbauern und Landarbeiter, sondern um die gemeinschaftliche Kontrolle von Grund und Boden durch Bauern, indigene Völker, Hirten, Fischer und andere landwirtschaftlich aktive gesellschaftliche Gruppen. Das Ziel ist eine ökologische Landwirtschaft sowie der Schutz der natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden, Wälder und Biodiversität. Ausgeschlossen aus solchen Bündnissen sind kapitalistische Unternehmen.
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