Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 07/2016

Deutsch von Alexander Wewerka. Berlin: Alexander, 2016. 309 S., 14,90 Euro
von Udo Bonn

Rumble in the jungle war nicht nur das Motto des legendären Boxkampfs zwischen George Foreman und Muhammad Ali 1974 in Kinshasa. Es ist auch das heimliche Motto eines jeden (Vor-)Wahlkampfs um das Präsidentenamt in den USA. Ein Höchstmaß an Personifizierung, Ausspionierung und Verunglimpfungen des Gegners, Eintreiben von Geldern – auch aus dunklen Quellen, kurze, inhaltslose Reden und hirntötende Musik. Auch die Aufforderung der Ali-Fans mit ihrem Schlachtruf «Boma ye» (Töte ihn) gehört zum Arsenal der politischen Auseinandersetzungen in den Staaten. Foreman überlebte den Kampf, die beiden Kennedy-Brüder, Martin Luther King und Malcolm X dagegen nicht.

Wie um’s Präsidentenamt, so geht’s auch um den Vorsitz der drittgrößten Gewerkschaft in den USA. Der 62jährige Don Cubbin will wiedergewählt werden, seit Ende der 50er Jahre führt er einen 900000 Mann starken Verband an, aber ob er den Wahlkampf überleben wird, weiß er nicht. Er ist Alkoholiker, täglich hat er nur wenig wache Momente und dann reicht ihm sein Assistent die Whiskyflasche und alles wird zum Problem. Dass dieser Assistent mit seiner Frau schläft, gehört allerdings nicht zu seinen Problemen. Sein Hauptproblem heißt Samuel Morse Hanks, der Kassierer/Schriftführer der Gewerkschaft, vor langer Zeit von Cubbin in diesen Posten gehieft, weil er der unscheinbarste und ungefährlichste aller Kandidaten zu sein schien. Und jetzt ist er der Konkurrent, bereit, einen kurzen und schmutzigen Wahlkampf zu führen. Also muss Cubbin noch schmutziger sein, und dafür muss er auch bereit sein, Geld von der Gegenseite zu nehmen. Cubbin soll bleiben, meint auch das Weiße Haus, meinen Kongressmänner, meinen Unternehmer, die alle wissen, was sie an ihm haben. Korrumpierbar und einschätzbar zu sein, sind ihr Geld wert.

Hanks ist keinen Deut besser, aber er muss sich in der nächsten Tarifrunde beweisen und er ist ein Psychopath. Beide Seiten haben ihre Berater, ihre Männer für die dreckigen Angelegenheiten, die Diebe der Wahlen, aber nur eine Seite hat einen Killer beauftragt. Es ist der Mann von der Gemüsetheke.

Aus welcher Haltung Ross Thomas Porkchoppers geschrieben hat, erfährt man im Vorwort: Die Ereignisse und Figuren in diesem Buch sind fiktiv, und falls irgendwas davon der amerikanischen Arbeiterbewegung zustoßen würde, wäre das nicht nur reiner Zufall, sondern auch ein bißchen schade.

Dankbar muss man dem Alexander Verlag sein, dass er die Romane von Ross Thomas neu aufgelegt hat und diesmal vollständig (Ullsteins Erstveröffentlichung kürzte das Buch auf die Hälfte) und neu übersetzt hat. Wenige Autoren verschaffen den Lesern einen so köstlichen Einblick in das bizarre Politikgeschäft auf der anderen Seite des Atlantiks. Und ich wette, hier ist es auch nicht so anders.

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