erstickt Özgür Gündem – no pasaran!
dokumentiert
Die nationale Aufbruchstimmung nach dem Putschversuch am 15. Juli ist durch die Unterstützung und Legitimierung der Oppositionsparteien zu einer sehr starken Waffe der AKP geworden. In dieser Atmosphäre reicht es aus, die politische Entscheidungen und Operationen der AKP zu hinterfragen, um als Vaterlandsverräter zu gelten. Die AKP hat die Möglichkeiten der Macht mit der so genannten Gemeinschaft „Cemaat“ (Gülen-Bewegung) gemeinsam genutzt, um die alten Machthaber des Regimes zu entmachten. Ihre heutige Macht beruht auf diesen Entmachtungsoperationen. Und jetzt wird keine absurde Show vermieden, um diese Geschichte ins Vergessen geraten zu lassen. So wird das Geburtshaus von Gülen zur öffentlichen Toilette erklärt, die Imame verweigern den verstorbenen Putschisten das letzte Gebet oder es werden gesonderte Verräterfriedhöfe für sie errichtet. Das Ziel ist die Legalisierung der Rache als politische Waffe.
Die AKP, die sich im Recht wähnt und sich durch die Erklärung des Ausnahmezustandes noch mächtiger fühlt, hat sich nach der Gülen- der kurdischen Bewegung angenommen. In vielen kurdischen Städten wurden kurdische PolitikerInnen verhaftet, den kurdischen Rathäusern wird mit der Zwangsverwaltung gedroht, die Accounts der Bewegung oder ihrer AktivistInnen in den sozialen Medien werden blockiert und nicht zuletzt wurde die der kurdischen Bewegung nahe Zeitung Özgür Gündem verboten, ihre Gebäude wurden durchsucht und ihre MitarbeiterInnen vor die Tür gesetzt sowie verhaftet. Der heftige Krieg gegen die Kurden und Kurdinnen seit einem Jahr, die ständigen Versuche, die Demokratische Partei der Völker (HDP) zu diskriminieren und aus dem Parlament zu entfernen, die Verschleppung des Aktivisten Hur?it Külter vor knapp drei Monaten und letztlich das Verbot der Özgür Gündem zeigen, dass die AKP das Konzept der neunziger Jahre mit einem ungezügelten Appetit auferstehen lässt, es sogar übertreffen will.
Özgür Gündem erlebte seit ihrer Gründung im Jahre 1992 ständige Repressionen: 21 MitarbeiterInnen wurden umgebracht, verantwortliche RedakteurInnen und AutorInnen wurden zu insgesamt 197 Jahren Haft verurteilt, ihre Büros wurden bombardiert, viele Male wurde ein Erscheinungsverbot ausgesprochen und Hunderte von Ausgaben wurden beschlagnahmt. Dennoch hat die Zeitung ihre Linie 24 Jahre verteidigt. Auch diesmal wird es nicht möglich sein, dieser Tradition ein Ende zu bereiten. Die Zensur und der Versuch, die Stimme der Kurden und Kurdinnen zu unterdrücken, werden auch diesmal keinen Erfolg haben. Der Wahrheit und deren Verteidigern und Verteidigerinnen gehört die Zukunft.
Sosyalist Demokrasi için Yeniyol (türkische Sektion der Vierten Internationale)
Aus dem Türkischen übersetzt von Eva
http://www.yeniyol.org/ozgur-gundem/ (19. August 2016)
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