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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2016
Gleiche Bezahlung für Leiharbeitende
von Helmut Born

Am 7. Oktober beginnen die Verhandlungen zwischen den DGB-Gewerkschaften und den beiden Unternehmerverbänden in der Leiharbeitsbranche über einen neuen Tarifvertrag.

Der DGB geht in die Verhandlungen mit Forderungen nach 6% mehr Lohn, mindestens aber 70 Cent mehr in der Stunde, und einer Angleichung der Einkommen in Ostdeutschland an die Einkommen im Westen. Die Geltungsdauer des Vertrags soll zwölf Monate betragen.

Damit vergibt der DGB erneut eine Chance, gleiche Bezahlung für Leiharbeitende und Stammbelegschaften durchzusetzen. Denn immer noch liegen die Einkommen der Leiharbeitenden rund 40% unter denen der Stammbelegschaften. Da der DGB jetzt allein für die Leiharbeitsbranche zuständig ist (dem Christlichen Gewerkschaftsbund hat das Arbeitsgericht Berlin 2009 die Tariffähigkeit abgesprochen), hätte er die Chance, die grundsätzlich richtige, gesetzliche Regelung nach gleicher Bezahlung für Leiharbeitende auch umzusetzen.

Doch offensichtlich ist man in den Führungsetagen der DGB-Gewerkschaften der Auffassung, dass sich Leiharbeit für die Ver- und Entleihbetriebe lohnen muss. Dabei wäre ein Blick zu den Nachbarländern sehr hilfreich: In Österreich und in der Schweiz gilt die gleiche Bezahlung, in Frankreich ebenso, dazu noch eine 10%ige Flexizulage.

Die DGB-Gewerkschaften bräuchten sich aber nur selbst ernst zu nehmen: In allen Grundsatzprogrammen steht die Forderung nach gleicher Bezahlung. Bei gleicher Bezahlung wäre das große Interesse der Unternehmer an Leiharbeit deutlich gedämpft. Da sich die Leiharbeit derzeit aber wunderbar eignet, um die Lohnkosten zu drücken, ist die Zahl der Leiharbeitenden auf fast eine Million Beschäftigte gestiegen.

Dabei ist die Debatte um für und wider von Tarifverträgen für die Leiharbeitsbranche nicht neu. Schon 2013 gab es einen Aufruf von kritischen Gewerkschaftern, die sich gegen eine Neuverhandlung der Tarifverträge aussprachen. Im Frühsommer dieses Jahres haben über 300 Gewerkschaftsmitglieder einen «Offenen Brief an den DGB» geschrieben, in dem sie ihn auffordern, endlich gleiche Bezahlung durchzusetzen und keine neuen Tarifverträge auszuhandeln. Im DGB gibt es offensichtlich unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema, doch die Befürworter von Verhandlungen haben sich durchgesetzt.

Die Argumentation des DGB, dass Tarifverträge Nachwirkungsfristen haben, hat sicher seine Berechtigung. Wenn allerdings eine Seite erklärt, dass sie nicht beabsichtigt, einen neuen Tarifvertrag abzuschließen, ändert sich die Lage. Außerdem könnte der DGB einen Tarifvertrag zur Durchsetzung gleicher Löhne beschließen. Wie dem auch sei: Mit einer aktiven Politik wäre sicherlich manches möglich. Das Argument aber, dass schlechte Löhne sicher seien, zieht nicht. Es dient nur dazu, in dieser Frage die Ruhe im Land zu bewahren.

Es gilt jetzt im Vorfeld der Verhandlungen, den Druck auf den DGB noch einmal zu erhöhen. Das Webportal Labournet hat dazu Vorschläge gemacht (www.labournet.de). Vielleicht schaffen wir es ja, das beim DGB noch einmal nachgedacht wird.

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