von Mattte Mattowski
Am 4.September fand in Berlin das zweite Treffen der «Welcome2stay»-Konferenz statt, an der ich, wie schon an der ersten Konferenz im vergangenen im Juli in Leipzig, als Beobachter teilgenommen habe.
Insgesamt waren etwas über hundert Leute da, was eine deutliche Verringerung zum Auftakttreffen mit damals 800 Teilnehmenden, darstellt. Auch der Umstand, dass die Interventionistische Linke (IL) Berlin alleine weit über hundert Mitglieder hat, zeigt, dass die Mobilisierung anscheinend nicht sehr gelungen ist. Allerdings war das ganze Wochenende über in Berlin sehr viel los gewesen: u.a. die Blockade des Finanzministeriums durch Blockupy und die Demonstration «Aufstehen gegen Rassismus» am Samstag. Dennoch waren sehr viele IL-Mitglieder anwesend, des weiteren verschiedene antirassistische Aktivistinnen und Aktivisten, einige Vertreter verschiedenen Hilfsinitiativen aus dem eher bürgerlichen Spektrum sowie etwa zehn Leute der Gruppe Arbeitermacht (GAM) bzw. ihrer Jugendorganisation Revo.
Nach der Begrüßung und Vorstellung des Programms in den Räumlichkeiten der Rosa-Luxemburg-Stiftung im ND-Gebäude, fand die erste Phase, das sog. Worldcafe, statt. Dafür gab es mehrere Tische mit vorher festgelegten Themen und jeweils einer Person, die diesen betreute. Die Anwesenden sollten zwischen den Tischen herumwandern, die jeweiligen Themen diskutieren und die wichtigsten Ergebnisse festhalten. Diese Methode bewirkte, dass ich nur Bruchstücke der Diskussion miterleben konnte und wiedergeben kann.
Bei den Diskussionen über die Plattform «Welcome2stay» wurde deutlich, dass es einen Widerspruch gibt, ob die Initiative eine reine Vernetzung darstellen oder sich auch als Aktionsplattform verstehen soll – beide Ansprüche wurden immer wieder formuliert.
Des weiteren gab es viele Analysen über die derzeitige Situation und die Probleme der Helferinnen und Helfer. Viele sprachen von der langsam sich breit machenden Ermüdung und dem Gefühl, ohnehin nichts ändern zu können. Auch scheint vielen eine Perspektive zu fehlen, da das ständige Ableisten von Helfertätigkeiten, die eigentlich der Staat erfüllen sollte, eine solche nicht bieten kann. Gleichzeitig führt die Tatsache, dass der Staat oft seine eigenen Gesetze nicht beachtet, zu starker Verärgerung – viele (bürgerliche) Helfende erleben das zum ersten Mal. Zudem wurde der offensichtliche Widerspruch thematisiert, dass die Situation, in der sich die Helfenden bewegen, zwar eine Politisierung bewirkt, aber dennoch die meisten nicht für Treffen wie «Welcome2stay» zu gewinnen sind.
Das WorldCafe hat leider ziemlich viel Zeit in Anspruch genommen, die für die eigentlichen Arbeitsgruppen dann fehlte. Diese wurden eingeteilt in Programm, Vernetzung und Aktionen. Nach knapp zweistündiger Debatte in den jeweiligen Arbeitsgruppen wurden ihre Ergebnisse im Plenum vorgestellt. Davon gab es dann einige:
Künftig soll es kurze und einladende, thematische Flyer von Welcome2stay geben. Anstelle des ganzen Programms sollen nur die zwei Hauptforderungen, «das Recht zu kommen, zu gehen und zu bleiben für alle Menschen» und «die gleichen Bürgerrechte für alle, die hier leben», ausformuliert und ergänzt werden. Auch eine weitere Konferenz soll es geben, ein Termin wurde allerdings nicht festgelegt.
Die geplanten Aktionen wurde am kontroversesten diskutiert. Schließlich entschied man sich jedoch für einen dezentralen Aktionstag am 10.Dezember, dem Tag der Menschenrechte. Weiter wurde dieser Aktionstag nicht mit Inhalt gefüllt, dies wurde einer eigenen Arbeitsgruppe überlassen. Die GAM versuchte, anstelle des Aktionstags eine Gegenmobilisierung gegen den Geburtstag von Pegida in Dresden im kommenden Februar durchzusetzen, scheiterte damit aber deutlich.
Unterstützt werden soll der «Freiwilligenstreik» am Tag des Ehrenamts, der bis jetzt hauptsächlich vom Medienbüro Berlin getragen wird. Ebenfalls unterstützt wird ein «Refugee-Marsch» auf Berlin Anfang Dezember unter dem Motto «Right to stay».
Zur besseren Vernetzung haben sich Gruppen gebildet, die überregional einen Austausch über Wohnen und Unterkünfte führen möchten, hinzu kommen ein Medienprojekt über antirassistische Arbeit und diverse einzelne Absprachen von Helfenden.
Das mögen vielleicht wenige Beschlüsse und konkrete Maßnahmen sein, aber angesichts der oberflächlichen Diskussionen auf dem ersten Treffen in Leipzig ist diesmal wirklich viel dabei herumgekommen!
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