Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

Hier können Sie jetzt Spenden
PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2016
Ein nützlicher Ansatz für den betrieblichen Alltag
von Thomas Goes

Man kann sich lange damit aufhalten, über «den Charakter» der im DGB organisierten Gewerkschaften zu diskutieren. Das ist auch nicht überflüssig, wenn man die Perspektiven einer Gewerkschaftspolitik realistisch einschätzen will, die Gegenmacht gegenüber den Interessen des Kapitals sein möchte – und das nicht nur für bestimmte Kerngruppen der Klasse, sondern in einer möglichst solidarischen Ausrichtung. Mögliche Diagnosen lauten dann: Teile der Gewerkschaftsspitzen verfolgen eine auf Weltmarkterfolge ausgerichtete Politik, in erheblichen Teilen von Belegschaften finden sie dafür Unterstützung, faktisch werden postfordistische Klassenkompromisse gesucht. Das Ergebnis ist dann eine wettbewerbsorientierte Interessenpolitik.

Das stimmt. Eine andere Sichtweise kann lauten, dass in unseren Gewerkschaften auch wacker gegen die Übergriffe des Kapitals gekämpft wird. Auch dafür finden sich viele Belege, ich denke an betriebliche Organisierungserfolge von Ver.di, der IGM oder der NGG. Auch das ist richtig.

Als neues Projekt «Organisieren – Kämpfen – Gewinnen» haben wir uns dafür entschieden, einen anderen Weg zu gehen. Wir wetten nicht auf die Zukunft, scheiden nicht die schlechten von den guten Gewerkschaften (je nach Diskutant ist das ja austauschbar, für die einen die blitzsauberen linken Kleinstgewerkschaften, für die anderen die angeblich hoffnungslos angepassten DGB-Gewerkschaften). Wir wollen vielmehr dazu beitragen, dass sich in den Betrieben und darüber hinaus eine konfliktorientierte und auf weitreichende Solidarität setzende Strömung in unserer Gewerkschaftsbewegung herausbildet. Diskussionen über «den» Charakter und «die» Handlungsperspektive von Sozialisten mögen da nicht stören, werden aber auch keinen nennenswerten Beitrag dazu leisten. Davon sind wir überzeugt.

Nützlich sind andere Dinge. Nützlich ist es Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die Aktiven in den Betrieben und an der Basis der verschiedenen Gewerkschaften dabei helfen, Gegenmacht zu leben. Das ist mit Appellen nicht getan, sondern heißt, aus Gutem und Schlechtem zu lernen: Erfahrungen vermitteln, unterstützen bei ersten Schritten. Das bedeutet aber auch: Analysen von Arbeitgeberstrategien erarbeiten, die im betrieblichen Alltag dabei helfen, sich und die eigenen Kollegen durchsetzungsfähiger zu machen, oder Räume des Austauschs und der Vernetzung zu schaffen. Die Liste ist lang und könnte fast beliebig verlängert werden.

Worum es uns geht, ist einfach: Bewegungen in den Betrieben und den Gewerkschaften lassen sich organisieren (nicht erfinden) – und dazu wollen wir einen Beitrag leisten. Praktisch versuchen wir das – zu wenig, aufgrund der bescheidenen finanziellen Mittel, die wir haben – etwa, indem wir Erfahrungsworkshops organisieren oder betriebliche Organisierungserfolge auswerten, praxisorientiert wohlgemerkt.

Als erste Nummer einer neuen Broschürenreihe («Aus der Praxis, für die Praxis») liegt etwa verdi@amazon vor, eine Auswertung der Organisierungskampagne, die Ver.di bei Amazon in Bad Hersfeld initiiert hat. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, wie sich ein Kern aktiver Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter herausbildete, und was wir aus den Geschehnissen lernen können, um auch andernorts erfolgreich sein zu können.

Wir sind mit unserem Ansatz Gott sei Dank nicht allein in Deutschland. Ich denke nicht nur an Überschneidungen mit der Zeitung express oder dem LabourNet, sondern auch an die Streikkonferenzen der RLS. Überschneidung heißt natürlich nicht, dass alles gleich ist. Wir wollen z.B. ausdrücklich kein «linkes» Projekt sein. Wir wollen nützlich sein für Beschäftigte in den Betrieben, die den Geschäftsleitungen die Stirn bieten wollen, ob sie sich nun der Linken zuordnen oder nicht. Ähnliches gilt für Hauptamtliche. Damit, davon sind wir überzeugt, können wir als weiterer Knoten im Netz der ungehorsamen und kämpferisch orientierten Gewerkschafter eine wertvolle Bereicherung sein.

 

Wer sich über unser Projekt informieren möchte, mit uns einen Workshop organisieren oder unsere Broschüren bestellen möchte, wird auf unserer Homepage www.organisieren-gewinnen.de fündig. Natürlich freuen wir uns auch über (dauerhafte) Spenden.

Teile diesen Beitrag:

Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen

Spenden

Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF


Schnupperausgabe

Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.