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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2016
Vorteile für Franco dank Hitler und Mussolini
von Paul Michel

Ende Juli/Anfang August hatten sich zwei weitgehend geschlossene Territorien, das republikanische und das nationalistische, herausgebildet. Im republikanischen Gebiet lebten etwa 60% der Bevölkerung. Es umfasste mit dem Baskenland und Katalonien die beiden einzigen Industrieregionen Spaniens. Demgegenüber kontrollierten die Putschisten mit Kastilien und Andalusien die wichtigen Agrarregionen.

In den Tagen und Wochen nach dem Putsch der Militärs entlud sich die Erbitterung über die Jahrzehnte lang erlittene Ausbeutung und Unterdrückung in massiven Vergeltungsaktionen gegen reale und eingebildete Anhänger der Putschisten. Die Gewalt der ersten Tage war wie eine Eruption.

 

Rechter und linker Terror

Offiziere von Armee und Guardia Civil, Führungsfiguren der politischen Rechten, Fabrikbesitzer, Großgrundbesitzer und andere Mitglieder der herrschenden Klassen, wurden häufig auf der Stelle hingerichtet. Insbesondere richtete sich der Zorn gegen die katholische Kirche, die die Menschen als die Verkörperung des alten Unterdrückungssystems ansahen. Schätzungsweise 7000 Priester, Ordensmitglieder und Nonnen wurden getötet, zahllose Kirchen niedergebrannt. Die Racheakte wurden von vielen Funktionären linker Parteien und der Gewerkschaften abgelehnt, die, wo sie nur konnten, ihren Einfluss geltend machten, um solche Ausschreitungen zu verhindern. Wo keine solchen Persönlichkeiten oder eine republiktreue Polizeieinheit vor Ort waren, konnte schon eine Pfarrers- oder Ordenskluft ausreichen, um Opfer von Vergeltungsmaßnahmen zu werden.

Anthony Beevor geht davon aus, dass etwa 38000 Menschen dem «roten Terror» zum Opfer fielen – hauptsächlich in den ersten Wochen nach dem Putsch. «Bei den Republikanern war der Vernichtungswille Ausdruck einer Massenreaktion, öffentlich und spontan. Dagegen war er im nationalistischen Lager organisiert und gelenkt», stellt Pierre Broué fest.

Das systematische Morden an Mitgliedern der Arbeiterbewegung war Bestandteil der faschistischen Ideologie. In deren Verständnis ging es darum, das «Krebsgeschwür des Kommunismus» aus dem spanischen Volkskörper zu entfernen. «Wir müssten eigentlich ein Drittel der männlichen Bevölkerung töten und das Land vom Proletariat säubern», äußerte  der Pressesprecher Francos gegenüber einem amerikanischen Journalisten. Von Juli 1936 bis Anfang 1937 war es bei den Nationalisten gestattet, mit der Begründung, man stehe im Krieg, «nach eigenem Gutdünken» zu töten. Jeder, der verdächtigt wurde, für die Volksfront zu arbeiten, war potenzielles Opfer.

In der Provinz Sevilla fielen im Jahr 1936 8000 Menschen den Repressionen der Nationalisten zum Opfer, in Córdoba wurden während des Krieges 10000 Menschen umgebracht, rund ein Zehntel der Bevölkerung. Ein wahres Gemetzel begleitete den Einmarsch der Nationalisten in Badajoz: Zwischen 6000 und 12000 sollen ermordet worden sein. Laut Andy Durgan wurden während des Krieges etwa 100000 Menschen von den Nationalisten hingerichtet.

 

Das militärische ­Kräfteverhältnis

Was die Bewaffnung angeht, waren beide Seiten etwa gleich stark. Beide hatten kaum Flugzeuge. Die Republik verfügte über etwas mehr Kriegsschiffe. Franco hatte etwa 160000 Soldaten, die Republik 150000 Soldaten – in der Mehrzahl Milizionäre.

Was militärische Erfahrung und Kampfstärke anbelangt, hatten die Putschisten klare Vorteile. Von den ursprünglich 9000 Offizieren der Armee war nur ein Viertel loyal zur Republik geblieben und vom Rest waren viele unzuverlässig und warteten nur darauf, die Seite zu wechseln. Mit der 45000 Mann starken Afrikaarmee (Fremdenlegion und marokkanische Söldner) verfügte Franco über eine schlagkräftige Elitetruppe, die gerade in den ersten Kriegsmonaten den entscheidenden Vorstoß von Andalusien über die Extremadura in Richtung Madrid trug.

Die Milizen hatten zwar in den Städten bei der Niederschlagung des Aufstands in Madrid oder Barcelona mit großer Hingabe und Opferbereitschaft gekämpft. Bei Kämpfen auf dem freien Feld waren sie, da sie zumeist über keinerlei militärische Erfahrung verfügten, den militärisch geschulten Truppen der Nationalisten jedoch weit unterlegen, bei Artilleriebeschuss und Luftangriffen gerieten sie in Panik. Zudem agierten die von den jeweiligen politischen Parteien und Gewerkschaften organisierten Milizen völlig unkoordiniert. Sogar der Syndikalist und Führer einer Elitekolonne, Buenaventura Durruti, klagte: «Wir haben bis jetzt eine große Anzahl verschiedener Einheiten, von denen jede ihren Kommandeur, ihre Mannschaft, ihr Arsenal, ihren Tross, ihre eigene Verpflegungsorganisation, ihre eigene Politik gegenüber der Einwohnerschaft und recht häufig auch ihre eigene Vorstellung vom Krieg hat.»

Die Unterstützung durch die faschistischen Achsenmächte Italien und Deutschland war massiv und letztendlich kriegsentscheidend. Sie folgte allerdings keinem ausgearbeiteten Plan. Beide faschistischen Staaten trafen ihre Entscheidungen in Reaktion auf die jeweilige politische und militärische Lage.

 

Die Intervention der faschistischen Mächte

Hitler war über die Putschpläne Francos nicht vorab informiert. Weder das Außenministerium noch das Kriegsministerium in Berlin waren in irgendeiner Form an Planung und Durchführung des Putsches beteiligt. Als aber Ende Juli die beiden Gesandeten Francos – zwei in Spanien ansässige deutsche Geschäftsleute, die Mitglieder der Auslandsorganisation der NSDAP waren – Hitler Francos Hilfebegehren überbrachten, zögerte jener nicht lange. Innerhalb weniger Tage wurde die Aktion «Feuerzauber» organisiert, eine Luftbrücke, mit der zwischen Ende Juli und Mitte Oktober 1936 deutsche Flugzeuge 13500 Soldaten der Afrika-Armee und über 270 Tonnen Material von Nordafrika auf die iberische Halbinsel transportierten.

Dennoch ging Hitler zunächst von einer Intervention auf niedrigem Niveau aus. Als im Oktober 1936 der Vormarsch der Nationalisten ins Stocken geriet, entschloss sich Hitler am 30.Oktober zu einer verstärkten Unterstützung Francos mit Luftwaffeneinheiten. Es wurde nun die «Legion Condor» gebildet. Die Legion verfügte über etwa 140 ständig im Einsatz befindliche Flugzeuge (insgesamt entsandte das Deutsche Reich 600–700 Flugzeuge nach Spanien) und über etwas mehr als 5000 Mann; daneben gab es noch Spezialisten und Ausbilder für Panzer und Artillerie sowie Nachschubeinheiten. Die Soldaten lösten sich in mehrmonatigen Abständen ab, sodass während des Krieges insgesamt rund 22000 deutsche «Freiwillige» auf Francos Seite kämpften.

Im Verlauf des Krieges warfen deutsche Flugzeuge eine Bombenlast von 21 Millionen Tonnen ab. Formell unterstand die Legion Condor Francos Oberkommando, konnte aber selbständig über die Einsätze der Legion entscheiden. Sie griff in alle wichtigen Schlachten ab 1937 ein: Bilbao, Brunete, Teruel, Ebro-Bogen. Von besonderer, auch symbolischer, Tragweite war der Luftangriff auf Gernika am 26.April 1937.

Als Motiv für die Entsendung der Legion Condor wird immer wieder genannt, dass die deutsche Luftwaffe neue Waffen und Einsatztaktiken unter «Echtbedingungen» testen wollte. Wichtiger aber noch dürften wirtschaftliche Motive gewesen sein: Die Nazis hatten es auf die spanischen Rohstoffe abgesehen. Franco sollte das von Deutschland gelieferte Kriegsmaterial mit Lieferungen von strategischen Rohstoffen wie Eisen, Kupfer, Blei, Wolfram, Zinn, Zink, Kobalt und Nickel begleichen. Die harten Geschäftspraktiken der Deutschen führten im weiteren Kriegsverlauf zu zahlreichen Reibereien und Auseinandersetzungen zwischen deutschen und spanischen Stellen.

Wie Hitler ging auch Mussolini zunächst von einer relativ niedrigen Eskalationsstufe aus. Erst nachdem Franco mit der Einnahme Madrids gescheitert war, beschloss Mussolini, mit einem Großaufgebot an regulären Truppen Präsenz zu zeigen. Im Dezember 1936 traf das erste italienische Expeditionsheer unter dem Kommando von General Mario Roatta ein. Die «Freiwilligenverbände» des Corpo Truppe Volontarie (CTV) erreichten bis April 1937 eine Truppenstärke von 80000 Mann. Die Italiener sandten damit eine weitaus größere Anzahl an Personen und Material nach Spanien als jede andere Macht.

 

Nichteinmischungspolitik

Frankreich und Großbritannien entschieden sich für eine Politik der Nichteinmischung. Letztendlich lief diese aber auf eine Begünstigung des Franco-Lagers hinaus. Bezeichnenderweise waren Deutschland und Italien Mitglieder des Londoner «Nichteinmischungsausschusses». Sie sorgten dort durch Verzögerungsmanöver und Erfindung immer neuer bürokratischer Hürden dafür, dass eine Untersuchung ihrer eigenen Waffenlieferungen an Franco systematisch verhindert wurde.

Der Sozialist Leon Blum, der an der Spitze einer 1936 gewählten Volksfrontregierung stand, war zunächst durchaus bereit, der Bitte der spanischen Regierung um Waffenlieferungen nachzukommen. Schließlich gab es inhaltliche Gemeinsamkeiten zwischen der französischen und der spanischen Volksfront. Tatsächlich konnten im Juli auch einige Waffen die Grenze passieren. Allerdings gab es innerhalb seiner Regierung, bei der Militärführung und der konservativen Opposition, zum Teil heftigen Widerstand dagegen.

Entscheidend war, dass Frankreich aufgrund des Gegensatzes zum aggressiven Nachbarn Deutschland, darauf bedacht war, Außenpolitik in enger Abstimmung mit Großbritannien zu betreiben. In der Praxis bedeutete das, dass Großbritannien gegenüber Frankreich alles durchsetzen konnte, wenn es damit drohte, im Falle eines deutsch-französischen Konflikts die unbedingt benötigte Waffenhilfe zu verweigern. Als die Briten dem französischen Außenminister gegenüber klarstellten, dass sie entschieden gegen Waffenlieferungen an die spanische Republik waren, war das entscheidend.

Insgesamt war die Haltung Frankreichs aber nicht so hart wie die von Großbritannien. Auch später drückten die französischen Behörden bei Waffenlieferungen über die französisch-spanische Grenze manchmal ein Auge zu. Als Ende 1938 die Gefahr bestand, dass Francos Truppen bis an die französische Grenze vorrückten, ließ Frankreich noch einmal größere sowjetische Waffenlieferungen passieren, die zu diesem Zeitpunkt in Frankreich festsaßen.

Es war Großbritannien, das Waffenlieferungen an die spanische Republik strikt ablehnte. Die britischen Regierungen, erst unter Baldwin und ab Mai 1937 unter Chamberlain, waren streng antikommunistisch. Offiziell erklärte sich Außenminister Eden für neutral, im privaten Kreis ließ er aber keinen Zweifel daran, dass er einen Sieg Francos vorziehen würde. Während die Mehrheit der britischen Bevölkerung mit der Republik sympathisierte, nahm die britische Oberschicht eine klare Klassenposition ein: Sie stand auf der Seite, die die Interessen der spanischen Oberschicht, der Großgrundbesitzer, der Industriellen, der hohen Militärs und der Bankiers vertrat. Schließlich hatte diese selbst massive wirtschaftliche Interessen in Spanien: Metallerzeugung im Baskenland, Kupferbergbau, Schiffsbau, Eisenbahngesellschaften, Banken und Versicherungen.

Die USA beriefen sich bei ihrer Nichteinmischung offiziell auf den Neutrality Act von 1935, der Waffenlieferungen an Kriegsparteien verbot. Gleichzeitig lieferten US-Konzerne den spanischen Faschisten alles, was sie benötigten. Texaco übernahm die laufende Versorgung der rechten Bürgerkriegstruppen mit Benzin und Öl; Ford, Studebaker und General Motors lieferten den Franco-Truppen dreimal soviel Lkw wie Deutschland und Italien zusammen. Dupont schickte 40000 Bomben, die zwecks Umgehung des Neutrality Act über Deutschland nach Spanien transportiert wurden.

Bis Ende Oktober, als die ersten sowjetischen Lieferungen in Spanien eintrafen, musste die Republik weitgehend ohne Lieferungen aus dem Ausland auskommen – ein schwerer Nachteil gegenüber dem Franco-Lager. Nicht zuletzt dank der Unterstützung aus Italien und Deutschland konnte Franco in dieser Zeit die im Juli erlittenen Rückschläge durch militärische Offensiven wettmachen, die ihm beträchtliche Geländegewinne einbrachten.

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