von Udo Bonn
Der US-amerikanische Schriftsteller Donald Ray Pollock am Tag der Wahl in Spiegel online: «Wir sind grundsätzlich eine gewalttätige Nation. Das gehört bei uns zur Geschichte. Aber in Chicago sind in diesem Jahr bereits so um die sechshundert Morde begangen worden. Das muss man sich mal vorstellen. Bei einem Terroranschlag, der dreißig Tote fordert, würde ein Riesenaufstand gemacht. Aber weil die sechshundert Toten von Chicago überwiegend Schwarze waren, wird kein Aufheben darum gemacht. In Columbus, Ohio, was bei mir um die Ecke liegt, gab es 2016 auch bereits dreihundert Morde. Und dann kommt da einer wie Trump und heizt den Hass noch weiter an. Nicht umsonst gab es bei seinen Wahlkampfveranstaltungen schon wilde Schlägereien. Ich mag mir nicht ausmalen was los ist, wenn Trump gewinnt.»
Pollocks Roman Die himmlische Tafel spielt 100 Jahre vor Trumps Inthronisierung. 1917, die USA haben beschlossen, in den Ersten Weltkrieg einzugreifen, Truppen werden aufgestellt. Aber nicht überall ist bekannt, welche Gemetzel in Europa stattfinden, oft genug ist noch nicht einmal bekannt, was im nächsten County los ist. Tief in Georgia haben die drei Brüder Jewett ihren Vater an die körperliche und geistige Entbehrung verloren. Schon ihre Mutter ist dahin gesiecht, ihre Krankheit hat der Familie die Farm gekostet und in die Leibeigenschaft geführt. Halb verhungert in Lumpen machen sie sich auf, einen Platz an der himmlischen Tafel zu finden, ihr Leitstern und Vorbild ist der Heftchenheld Bloody Bill Bucket. Sie überfallen den Grundbesitzer, stehlen seine Pferde und überfallen ihre erste Bank. Die himmlische Tafel soll im Hier und Jetzt gedeckt sein. Endlich können sie sich satt essen, Kleidung kaufen und sogar ihre Pferde gegen einen Ford eintauschen.
Während Cane, Cob und Chimney aus Not rauben und töten, wird sich im Camp Pritchard auf das große Morden und Überleben vorbereitet. Während Bauernjungs zu exerzieren lernen, ergötzen sich ihre Vorgesetzten an erotisch aufgeladenen Todesvisionen in den Schützengräben.
Nur einer hat vielleicht Glück, ganz am Ende. Der unglückliche Ellsworth Fiddler, von einem Betrüger um die gesamte Familienersparnis gebracht, der minderjährige Sohn verschwunden, trifft auf den flüchtigen Cob Jewett. Die anderen Brüder haben nicht überlebt, und sie sind nicht die Einzigen.
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