Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 01/2017
Was bringt die Zukunft?
von der Redaktion

Der Automobilindustrie steht ein Umbau mit höchst ungewissem Ausgang bevor. Zehntausende von Arbeitsplätzen sind bedroht. Der Umstieg auf die Elektromobilität stellt den Kern der Autoindustrie in Frage: die Motoren- und Getriebeproduktion. Viele Arbeitsplätze werden damit überflüssig werden – insbesondere bei den Zulieferern. Hinzu kommt, dass auf den Gebieten Batterieherstellung und Computersteuerung kalifornische und chinesische Unternehmen technologisch viel weiter sind, sie werden ihre Elektroautos billiger und vielleicht auch schneller auf den Markt werfen können als die selbstverliebten deutschen Autobauer. Fest steht nur, dass sich mit Elektroautos weniger Geld verdienen lässt als mit herkömmlichen Fahrzeugen. Da scheint es sehr fraglich, ob es dabei bleiben wird, dass Leiharbeiter vor die Tür gesetzt und die Stammbelegschaft durch Nichtbesetzung frei gewordener Stellen ausgedünnt wird.

Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass die Vorstellung, die Pkw-Produktion wie gehabt, nur mit anderem Antrieb immer weiter steigern zu können, an ihre Grenzen gestoßen ist, die Stromproduktion müsste dafür um ein Vielfaches gesteigert werden. Wo aber soll diese Energiemenge herkommen, aus welchen Quellen soll sich der Strom speisen. Wind, Sonne und Wasserkraft werden dafür nicht mehr ausreichen. Also weiter munter Kohle verbrennen? Oder gar neue Atomkraftwerke bauen? Ersteres verbietet der Klimawandel, zweiteres die Gefahren der Atomtechnologie. Der Umbau, der VW jetzt bevorsteht, eröffnet deshalb in nochmal ganz anderem Umfang und Dringlichkeit eine gesellschaftliche Debatte über die Energieversorgung und das Verkehrswesen der Zukunft als der Ausstieg aus der Braunkohle. Mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien ist es da definitiv nicht mehr getan. Die Verkehrswende der Zukunft stellt den Schienenverkehr, den öffentlichen Verkehr und vor allem die Einsparung von Verkehr durch verbrauchernahe Produktion und Vermeidung von Transportwegen, vor allem im Güterbereich, in den Mittelpunkt. Das ist keine rein technische Frage mehr, da geht es um gesellschaftliche Fragen: Was und wie wollen wir in Zukunft produzieren? Welchen Ressourcenverbrauch können wir uns leisten?

Ein zukunftstauglicher Umbau bedeutet nicht nur Abbau von Arbeitsplätzen in ökologisch nicht mehr tragfähigen Produktionsbereichen. Er bedeutet auch Aufbau neuer, teilweise sogar neu-alter Produktionsbereiche. Die Schiene hat Zukunft, und wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Deutsche Bahn seit den 90er Jahren Tausende Schienenkilometer und Wagons abgebaut hat, die dringend fehlen, weiß man, wo neue ­Arbeitsplätze entstehen können: in der Stahlindustrie, bei der derzeit gerade ebenfalls die Arbeitsplätze zur Disposition stehen, aber auch in der Autoindustrie selbst, wenn sie sich auf den Bau von Eisenbahnwagons, Straßenbahnen und Elektrobussen sowie elektrogetriebenen Gütertransport konzentrieren würde. Gepaart mit einer weiteren Reduzierung der Arbeitszeit, einem Verbot der Leiharbeit und einer deutlichen Anhebung des Mindestlohns könnte daraus ein Umbaumodell entstehen, das wieder eine Zukunft verspricht.

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