Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 02/2017
Internetmaschine sollte gewissenhafter gegen Falschmeldungen vorgehen und sich friedlichen Zwecken widmen
von Rolf Euler

In einem Interview mit der Zeit nennt der Erziehungswissenschaftler Sam Wineburg das Verhalten von Mark Zuckerberg, dem Gründer und Betreiber von Facebook, «zutiefst unehrlich und unaufrichtig». Es geht um die Verbreitung von Falschmeldungen, dem die Betreiber des Kontaktnetzwerks keine Bremsen entgegensetzen. Als ob die riesige Internetmaschine Facebook nur für die Form und die Technik zuständig wäre und nicht schon ständig in inhaltliche Bereiche eingriffe.

Vor allem während des US-Wahlkampfs hatte sich herausgestellt, dass sich falsche Nachrichten und Halbwahrheiten über die sozialen Netzwerke des Internets sehr schnell verbreiten und von einer ausgewählten Nutzerschar in ihren sogenannten «Blasen» gestreut werden, gegen die Zeitungen und Fernsehnachrichten – wenn sie denn unabhängig berichten – nicht ankommen. Denn bei Facebook wird, genau wie bei Google, das was die Nutzer zu sehen bekommen, auf ihre Interessen und Schwerpunkte zugeschnitten. Vorurteile und vorgefasste Meinungen werden bestärkt, andere Ansichten und Nachrichten nicht mehr zur Kenntnis genommen.

Auf der anderen Seite nimmt Facebook so viele Daten von Nutzern wie möglich in Beschlag. Die Kontakte des E-Mail-Programms werden ausgelesen, Bilder auf Gesichtserkennung gescannt, Werbung passgenau eingeblendet. Der «Like»-Daumen erlaubt das Auslesen der jeweiligen Interessenlage und lässt sich über Cookies dem Nutzer zuordnen, der so im Laufe seines Internetauftritts eine Datenspur hinterlässt, angeblich anonymisierbar, aber leicht zurückzuverfolgen.

Nach dem Kauf von WhatsApp hatte Zuckerberg versichert, keine Daten von dort zu übernehmen, änderte aber vor einiger Zeit einseitig die Nutzerbedingungen und versuchte, Whatsapp-Daten auf Facebook für Werbezwecke und Persönlichkeitsprofile zu nutzen. Da geht es um Telefonnummern und Nutzungszeiten, Verbindungen, die das menschliche Netz der Nutzer offenlegen. Das Einschreiten des Hamburger Datenschutzbeauftragten hatte aufschiebende Wirkung. Facebook beruft sich darauf, dass das Europageschäft von Irland aus betrieben werde, daher den deutschen Datenschutzbestimmungen nicht unterliege, was wohl erst gerichtlich geklärt werden müsste.

Facebook ist eine «Datensammelkrake» größten Ausmaßes, die meisten Nutzer dürften über die Menge an Kenntnissen, die Facebook über sie hat, weder informiert sein noch – außer im Kleingedruckten ohne weitere Kenntnis der Folgen – ausdrücklich zugestimmt haben. Und sie dürften auch nicht wissen, wie sie diese Datensammelei entweder vermeiden oder ihre Löschung erreichen können. Denn das alles ist mit Absicht recht versteckt und allgemein in den Nutzungsbedingungen enthalten oder es wird eingeräumt. Gerade Jugendliche, die Facebook nutzen, um in ihrer Gruppe mitzumachen, sind eher nicht aufgeklärt.

Es braucht immer wieder intensive Kleinarbeit und tiefergehende Kenntnisse, um Facebook auf die Spur zu kommen. So zuletzt in der Fachzeitschrift c’t (Nr.24, 12.11.2016), in der auch Vermeidungsmaßnahmen genannt werden. Und es braucht die Zivilcourage und das Durchhaltevermögen eines Datenschutzaktivisten wie Max Schrems, der mit seiner Klage vor dem EuGH erreichte, dass das Datentransferabkommen «Safe harbour» zwischen der EU und den USA wegen der ungebremsten Datensammelei von Facebook und der unkontrollierten Weitergabe an US-Behörden scheiterte.

In dem Zeit-Interview vergleicht Sam Weinberg den Facebook-Gründer Zuckerberg mit dem Atombombenforscher Robert Oppenheimer, auch er habe ein «Instrument mit verheerender Kraft in die Welt gesetzt» – er habe «eine Art Bombe erschaffen», er müsse sie nun «friedlichen» Zwecken umwidmen und falsche Nachrichten und Material kennzeichnen oder löschen, wie es mit anstößigen Seiten schon längst passiert.

No Facebook! Es gibt Alternativen.

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