von Violetta Bock
Viele blicken erwartungsvoll ins Saarland. Kurzerhand stieg ich in den Zug, um mir selbst ein Bild zu machen und fuhr zum Tarifberatertreffen am 15.Februar.
Das Treffen findet im Bürgerhaus Dudweiler statt, einem ruhigen Stadtteil Saarbrückens. Die Sonne scheint, Vögel zwitschern, das Wasser eines Flusses plätschert fröhlich vor sich hin, gelbe Säcke hängen ordentlich vor den Häusern. Wer hätte gedacht, dass hier der Aufstand geprobt wird.
Doch pünktlich um 16 Uhr ist die Halle gefüllt. 115 Abgesandte aus den Krankenhäusern haben sich nach der Frühschicht auf den Weg gemacht, um drei Stunden gewerkschaftliche Arbeit dranzuhängen. Wieder sind Delegierte aus neuen Krankenhäusern dazu gekommen und werden mit Applaus begrüßt. Auf diesem landesweiten Treffen der Tarifberaterinnen steht die Bewertung des Gemeinsamen Papiers von Ver.di, der Saarländischen Krankenhausgesellschaft und dem Gesundheitsministerium im Mittelpunkt der Beratung. Kern der Erklärung ist die Anerkennung des Pflegenotstands und der Aufruf, gemeinsam am 8.März mit einem Aktionstag ein Zeichen zu setzen für die Entlastung der Beschäftigten und für mehr Personal in den saarländischen Krankenhäusern.
Die Forderungen, um die Kosten zu decken, richten sich vor allem an andere, namentlich Krankenkassen und Bund. Kein Wunder also, dass die Erklärung bei manchen als sehr schwammig ankommt. Zu Recht fragt eine der Krankenschwestern, wie sie dies ihren Kolleginnen erklären soll. Aber genau das ist der Grund, weshalb am 8.3. demonstriert wird. Nicht für die Gemeinsame Erklärung, sondern weil sie nicht reicht.
Die Prüfsteine
Es ist gut, dass Kolleginnen die Erklärung für zu schwammig halten. Sie ist nichts anderes als ein Ausdruck des derzeitigen Kräfteverhältnisses, der Punkt, auf den man sich inzwischen geeinigt hat, von dem aus man startet. Es ist die erste Stufe einer Treppe, auf der ganz oben «Entlastung» steht. Die Erklärung zeigt, dass die Arbeitgeber etwas zur Situation sagen müssen, sie zeigt auch, dass sie noch nicht bereit sind, zu verhandeln oder konkret etwas zu ändern. Am 8.März stehen daher alle vor der Aufgabe, den Arbeitgebern und der Politik zu zeigen, dass die Entschlossenheit da ist.
Gemeinsam wurde diskutiert und schließlich wurde eine Resolution mit drei Prüfsteinen für die Pflege beschlossen. Darin kündigen die Streikdelegierten an zu streiken, wenn einer von drei Punkten nicht erfüllt wird, nämlich wenn:
– Erstens am 8.März nicht mit einer Sonntagsbesetzung gearbeitet wird, um den Beschäftigten die Teilnahme an der gemeinsamen Demonstration zu ermöglichen;
– zweitens die Arbeitgeber nicht die gesetzlichen Regelungen einhalten, die besagen, dass Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen zwei arbeitsfreie Tage erhalten, wovon ein freier Tag auf einen Sonntag fallen muss – für diesen Fall kündigt Ver.di die Umzingelung des Landtags noch vor der Wahl (am 26.März) an; und wenn schließlich
– drittens im Rahmen der Koalitionsverhandlungen mit der neuen Landesregierung keine Vorhaben zur Bekämpfung des Pflegenotstands in den Krankenhäusern festgelegt werden. Dann will Ver.di im Mai erneut zu einem Streik aufrufen. Das ist die Grundlage für das nächste Treffen der Tarifberaterinnen am 13.März.
Die Arbeitgeber scheinen nicht gewohnt zu sein, dass sie beim Wort genommen werden, und manche behaupten, sie wollen die Besetzung am 8.März nur um 10% runterfahren. Aber da haben sie die Rechnung wohl ohne Ver.di gemacht. Entscheidend wird in den kommenden Wochen sein, dass die Beschäftigten Ver.di beim Wort nehmen und die Organisierung in ihren Krankenhäusern weiter ausbauen.
Der 8.März, Internationaler Frauentag, steht also ganz im Zeichen «Aufstehen für die Pflege», das gilt nicht nur für das Saarland.
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