von David Stein
50 Mrd. Euro werden jährlich in Deutschland «gewaschen», d.h. von illegalem in legales Geld verwandelt. Geld, das in den Steuerkassen fehlt. Schäuble verschärft die Gesetze dagegen laufend, doch er setzt kein Personal ein, ihre Einhaltung zu überprüfen.
Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche können nur dann Wirkung entfalten, wenn die Staaten auf der Grundlage internationaler, rechtsverbindlicher Standards zusammenarbeiten. Nationale Maßnahmen stoßen schnell an ihre (nationalen) Grenzen. Sie sind zwar notwendig, ihre Wirkung ist in globalisierten Märkten allerdings begrenzt.
An internationalen Maßnahmen gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung mangelt es nicht. Diese müssten nur in einem verbindlichen (völker)rechtlichen Rahmen zusammengeführt werden. Seit 1990 hat eine von den G7 gegründete Financial Action Task Force (FATF) Standards gegen Geldwäsche ausgearbeitet und laufend weiterentwickelt. Diese FATF-Empfehlungen sind allerdings – ebenso wie die Standards der OECD zur Unterbindung von Steuervermeidung – noch immer rechtlich unverbindlich («soft law»). Druck auf «schwarze Schafe» kann wirkungsvoll nur aufgebaut werden, wenn konkrete Gegenmaßnahmen für alle OECD- und FATF-Staaten harmonisiert und rechtsverbindlich vorgeschrieben werden.
Die Regeln der EU
In der EU ist dies anders. Diese hat seit 1991 vier Richtlinien gegen die Geldwäsche verabschiedet, sie sind für die Mitgliedstaaten rechtlich verbindlich und müssen umgesetzt werden. Eine fünfte Richtlinie ist derzeit in Arbeit.
Im EU-Parlament fordern die Europäische Linksfraktion GUE/NGL und die Grünen, die Sorgfaltspflichten für Banken und Unternehmen im Lichte des Skandals um die «Panama-Papers» zu verschärfen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Das EU-Parlament und Nichtregierungsorganisationen wie Attac wollen den Ausbau eines öffentlichen Registers, in dem die tatsächlichen Eigentümer von Unternehmen (wirtschaftlich Berechtigte) erfasst werden sollen, sowie härtere Sanktionen bei Verstößen. Der linke Abgeordnete Fabio De Masi spricht dabei, ähnlich wie der grüne Abgeordnete und Attac-Mitgründer Sven Giegold, von «einem wichtigen Etappensieg» (Neues Deutschland vom 1.3.2017).
Diese Wertung ist jedoch reichlich vollmundig. De Masi sieht es als Erfolg an, dass nunmehr Unternehmen untersagt werden soll, Geschäfte mit Personen zu machen, deren wahre Eigentümer sich nicht identifizieren lassen. Dabei übersieht er, dass dieses Verbot im deutschen Geldwäschegesetz schon seit zehn Jahren enthalten ist. Allerdings scheren sich Banken und Unternehmen herzlich wenig darum, weil es keine funktionierende Aufsicht in Deutschland gibt, die ihnen auf die Finger schaut.
Deutschland: Ein Hort für Geldwäscher
In der EU gibt es ein massives Problem bei der Umsetzung bestehender Bestimmungen gegen Geldwäsche. Auch in Deutschland. Deutschland hat zwar die Vorgaben aus Brüssel umgesetzt und das Geldwäschegesetz laufend verschärft. Auf die Vollzugsdichte und die Qualität des Vollzugs hat dies jedoch keine positiven Auswirkungen. Verschiedene Untersuchungen, darunter eine Studie im Auftrag des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2016, schätzen das Volumen der Geldwäsche in Deutschland auf jährlich mindestens 50 Mrd. Euro. Dennoch haben die Bundes- und Landesregierungen keine Schritte unternommen, ihre Aufsichts- und Ermittlungspraxis deshalb auf den Prüfstand zu stellen und zu verbessern.
Selbstverständlich braucht es strengere Sanktionen für Finanzinstitute, die sich nicht an die Sorgfalts- und Meldepflichten halten. Dafür ist aber auch mehr und qualifizierteres Personal der Aufsichtsbehörden notwendig, die ihre Einhaltung kontrollieren. Bis heute hat die deutsche Bankenaufsicht (BaFin) keinen eigenen Prüfungsdienst, der vor Ort die Einhaltung der Geldwäschevorschriften in den Instituten prüfen würde. Anders als in den meisten anderen EU-Staaten verlässt sich die BaFin auf externe Wirtschaftsprüfer, die von ihr beauftragt werden. Diese stehen nun in einem eklatanten Interessenkonflikt, weil sie nämlich gleichzeitig von den Banken mit der Fertigung von Jahresabschlüssen beauftragt werden. Welcher Wirtschaftsprüfer setzt denn eine solche Pfründe dadurch aufs Spiel, dass er bei Geldwäscheprüfungen genau hinschaut?
Noch düsterer sieht es in den Bundesländern aus. Sie sind für die Einhaltung der Geldwäschevorschriften bei allen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors zuständig. Ein einzelner Sachbearbeiter der Gewerbebehörden hat hier mehrere tausend Unternehmen zu kontrollieren. Für das Land Berlin sind dies ganze zwei Sachbearbeiter. Der hierfür verantwortliche Wirtschaftssenator hieß übrigens Harald Wolf, Mitglied der Partei DIE LINKE. Er unterschied sich beim Wegschauen kaum von seinem Nachfolger aus der CDU oder jetzt von den Grünen. Ähnliches gilt übrigens in allen Bundesländern, in denen Linke und Grüne mit am Regierungstisch sitzen oder saßen. Was den bloß symbolischen Vollzug des Geldwäschegesetzes betrifft, sitzen alle Parteien des Bundestags in einem Boot.
Dieselbe Personalknappheit herrscht bei den Ermittlern. Die Bundesregierung will durch Vermögensabschöpfung Kriminelle künftig um ihre Beute bringen. Doch wie es in einem Gestzentwurf heißt, gibt sie selber zu, dass die überlastete Justiz sich bislang häufig gezwungen sieht, «von vermögensabschöpfenden Maßnahmen abzusehen».
Es sind auch Zweifel angebracht, wenn die Bundesregierung in einem derzeit im Bundestag anhängigen Gesetzesentwurf die Analyse illegaler Finanzströmen und die entsprechenden Verdachtsmeldungen von Banken und Unternehmen durch eine neu aufgestellte Financial Intelligence Unit (FIU) verbessern will. Für Finanzanalysten, die händeringend in der Wirtschaft gesucht werden, sind diese neuen Jobs nicht attraktiv, weil sie schäbig bezahlt werden sollen. Ohne eine fundierte Analyse und Verknüpfung von Zahlungsströmen wird es jedoch bei der Suche nach der Nadel im Heuhaufen bleiben, wo allenfalls kleinere Fische ins Netz gehen (etwa sog. «Sozialhilfebetrüger»), die komplexen Geldwäschefälle der Weiße-Kragen-Täter jedoch unentdeckt bleiben.
Wenn die Regierenden und die parlamentarische Opposition aber keine deutlichen Änderungen beim Gesetzesvollzug planen, können sie mit dem unzureichenden Status quo trotz aller Rhetorik ganz gut leben.
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