Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 01/2018
Am teuersten kommt Weiterbauen
von Paul Michel

Es hatte sich nach der Lenkungskreissitzung für Stuttgart 21 im vergangenen Oktober schon angedeutet: Die Bahn kommt nicht darum herum, eine weitere Kostenerhöhung beim Projekt Stuttgart 21 einzuräumen. Die Frage war nur: Wie hoch wird sie ausfallen?

Die Wochenzeitung Kontext befragte daraufhin Karlheinz Rößler vom Verkehrsberatungsbüro Vieregg-Rössler, ob er damit rechne, dass die Bahn die von seinem Büro prognostizierten rund 10 Milliarden verkünden werde? «Nein, ich denke, dass sie noch einen Zwischenschritt einlegen wird, um sich nicht völlig zu blamieren», sagte Rößler damals, «es wird irgendwo zwischen 7 und 8 Milliarden liegen.» Genau so kam es. Am 29.?November sickerte durch, dass es wohl 7,6 Milliarden werden würden.

Und wieder heißt es, damit sei endgültig das Ende der Fahnenstange erreicht. Dabei ist selbst diese Zahl (7,6 Mrd.) wieder geschönt. Der Bundesrechnungshof hat bereits vor einem Jahr 9–10 Milliarden für das Projekt veranschlagt, das Planungsbüro Vieregg-Rössler ging bereits 2016 davon aus, dass S21 wohl mindestens 9,8 Mrd. kosten wird. Ein weitere Kostensteigerung ist nur eine Frage der Zeit.

Wir dürfen davon ausgehen, dass diese Fakten dem verantwortlichen Bahnvorstand Ronald Pofalla bekannt sind. Pofalla weiß genau, dass mit jeder zusätzlichen Milliarde an Kostensteigerungen die Akzeptanz von Stuttgart 21 sinkt. Deshalb tricksen er und seine Vorstandskollegen weiter und bringen (nicht zum ersten Mal) Falschmeldungen in Umlauf.

 

Umstieg 21: Ausstieg ist billiger als Weiterbauen

Nun, da der Bahn die Argumente für Stuttgart 21 ausgehen, versucht sie mit gezielten Desinformationen den Weiterbau von Stuttgart 21 trotz Kostenexplosion und Zeitverzug ein weiteres Mal durchzubringen. Sie wirft plötzlich mit astronomischen Zahlen um sich, die ein Ausstieg aus Stuttgart 21 angeblich kosten soll. Um die aufkommende Ausstiegsdiskussion zu stoppen, lancierte die DB am 30.?November, ein Ausstieg verursache Kosten von 7 Mrd. Diese Zahl ist völlig absurd und durch nichts belegt.

Im Auftrag des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 hatte im Oktober 2016 das Verkehrsplanungsbüro Vieregg-Rössler in München die Kosten für einen Weiterbau mit den Kosten für einen Ausstieg und Umstieg im Sinne der Umnutzungsvorschläge nach dem Konzept  www.umstieg-21.de verglichen. Das Büro kommt zum Ergebnis: Ein Ausstieg würde 1,8 Milliarden Euro kosten, ein Umstieg 1,2 Milliarden Euro. Selbst mit den seit Oktober 2016 eingetretenen Baukostensteigerungen von 1,4 Milliarden Euro läge man aktuell noch 3,4 Milliarden unter den jetzt von der Bahn eingeräumten Kosten für Stuttgart 21, erklärt der Sprecher des Aktionsbündnisses, Werner Sauerborn.

Entgegen den von den Betreibern verbreiteten Märchen ist Stuttgart 21 keineswegs «alternativlos». Stuttgart 21 ist im Vergleich zum bestehenden Kopfbahnhof weniger leistungsfähig und bedeutet letztendlich einen Rückbau der Schieneninfrastruktur. Statt Milliarden sinnlos zu verbuddeln, brauchen wir eine Modernisierung des bestehenden Kopfbahnhofs, um diesen noch leistungsfähiger zu machen.

Deshalb: Stuttgart 21 stoppen – Jetzt sofort!

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