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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 02/2018
Ein kurzer Abriss der Nachkriegsgeschichte
von Houshang Sepehr

Der Iran ist mit 80 Millionen Einwohnern eines der bevölkerungsreichsten Länder des Mittleren Ostens. Es ist der viertgrößte Erdölproduzent der Welt, 70 Prozent seiner Bevölkerung leben in Städten und fast 90 Prozent können lesen und schreiben. Die Frauen, die gezwungen sind, den Schleier zu tragen, haben im Durchschnitt zwei Kinder und stellen drei Viertel der Studierenden. Die Verfolgung von Oppositionellen ist scharf, sie trifft insbesondere Gewerkschafter. Iran hält den Weltrekord an Hinrichtungen je Einwohner, darunter zahlreiche Homosexuelle und Angehörige nationaler Minderheiten.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs gab es massive Mobilisierungen gegen das damalige Regime. Es gründete sich ein Gewerkschaftsverband, der 400000 Mitglieder zählte. Die 1941 gegründete, prosowjetische Tudehpartei, die einzige wirklich organisierte Partei, orientierte nicht auf einen Machtwechsel, vielmehr trat sie mit drei ihrer Mitglieder im August 1946 in die Regierung ein und wurde bereits im Oktober wieder daraus verjagt. Danach wurden die Gewerkschaften scharf verfolgt, die Tudehpartei 1949 verboten.

1951, nach einer Streikwelle, ernannte der Schah den Nationalisten Mossadegh zum Premierminister. Dieser setzte die Verstaatlichung der Erdölvorkommen durch, was ihm die begeisterte Zustimmung der Bevölkerung einbrachte. Britische und US-amerikanische Ölgesellschaften organisierten daraufhin eine Blockade der iranischen Ölausfuhren, die CIA organisierte 1953 einen Putsch, Mossadegh kam ins Gefängnis und die Tudehpartei, die ihn unterstützt hatte, wurde verfolgt.

1954 entzog die Regierung den US-Ölgesellschaften 40 Prozent ihrer Ölförderung und die Ausrüstung der Armee. Die politische Polizei Savak, die mit Hilfe der CIA geschaffen worden war, verbreitete Terror.

Der Klerus war die einzige Kraft, die ihren Einfluss wahren konnte. 1964 wurde Ayatollah Khomeini zum Exil verdammt, aber seine Jünger agierten im Untergrund weiter. Sie stützten sich auf das traditionelle Kleinbürgertum (den Basar), das sich durch den Shah an den Rand gedrängt fühlte.

In den 70er Jahren empfanden zahlreiche Intellektuelle die Menschenrechtsverletzungen zunehmend als unerträglich. An den Universitäten gärte es, die Streiks nahmen zu und die Bevölkerung in den Slums protestierte gegen Zwangsräumungen.

Im Oktober 1978 wurden die Arbeiterstreiks zunehmend politischer. In der Erdölindustrie entstanden Streikkomitees, sie fuhren landesweit die Ölförderung zurück bis zum Stillstand und blockierten den Ölexport.

Am 16.Januar 1979 ging der Shah ins Exil. In Teheran fand vom 9. bis 13.Februar ein Volksaufstand statt, in den Betrieben gründeten sich explosionsartig Betriebskomitees, Gewerkschaften und Arbeiterräte.

Khomeini, der am 1.Februar aus dem Exil zurückgekehrt war, war der einzige, der über einen politischen Apparat verfügte, er wurde faktisch die Führungsfigur im Land. Die ihm nahestehende Regierung entwaffnete die Bevölkerung und baute islamistische Milizen auf, darunter die Wächter der Revolution (Pasdaran).

 

40 Jahre islamistische Konterrevolution

Im März wurde mit Unterstützung der Tudehpartei und der Volksmudschaheddin, die sich gleichzeitig auf den schiitischen Islam und auf den Sozialismus beriefen, eine Islamische Republik gegründet. Die politische Macht liegt seitdem in den Händen der Religionsführer, sie stellen die Liste der Kandidaten auf, die sich zur Wahl stellen dürfen, können den Staatspräsidenten absetzen und Parlamentsentscheidungen für ungültig erklären. Der Klerus kontrolliert die Armee, Radio und das Staatsfernsehen.

Frauen, die am 8.März 1979 demonstrierten, wurden damals von militanten Islamisten gewaltsam angegriffen. Im Sommer des Jahres wurde die Pressefreiheit abgeschafft. Armee und  Pasdaran griffen die Kurden an; es gab Hunderte von Toten. Die linken Organisationen wurden verboten, ihre Lokale zerstört.

Als der Irak, angestiftet von den USA, im September 1980 den Iran angriff (Erster Golfkrieg), nutzte das Regime die dadurch hervorgerufene nationalistische Welle, um ein Klima des Terrors zu schaffen. Arbeiter, die Forderungen aufstellten, wurden verfolgt. Über 30000 Oppositionelle wurden zwischen 1981 und 1989 hingerichtet. Zwischen 1981 und 1983 wurden erst die Volksmudschaheddin, dann die Tudehpartei, bis dahin unerschütterliche Verbündete des Islamischen Staates, aufgelöst.

Erst ab 2004 beginnt sich wieder eine unabhängige Arbeiterbewegung zu organisieren, trotz massiver Repression.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2009 schien die Kandidatur des ehemaligen Premierministers Moussavi vielen eine Möglichkeit zu eröffnen, den damaligen Präsidenten Ahmadinedschad loszuwerden. Als die flächendeckende Wahlfälschung ruchbar wurde, strömten Millionen Iraner auf die Straße. Ihr Protest wurde niedergeschlagen.

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