von Rolf Euler
… ist die Abkürzung für «What you see is what you get» und war zu frühen Zeiten von PCs ein großer Fortschritt bei der Nutzung der Oberfläche. Statt Befehle klickte man auf ein Symbol und erhielt die dahinter liegende Datei, das Bild. Das gilt heute auf völlig andere Weise. Weiterhin bekommt man alles, was man sieht und anklickt, aber was man sieht, bestimmen weitgehend Google, oder Facebook oder wie immer die großen Konzerne der IT heißen. Das bestimmen maschinell lernende Programme, die sich dein Profil, deine Gewohnheiten beim Surfen, deinen Standorts, deine Vorlieben einprägen. Und damit heißt es heute: «What you don’t see is what they get» – Was man nicht sieht, ist das was sie bekommen.
Werbeempfehlungen der Art «Andere Nutzer haben dies und das auch angesehen?…» sind lästig und wegdrückbar. Aber: Ein amerikanischer Journalist hat sich mal hinter die Youtube-Seiten geklemmt, die für Kinder bestens erreichbar sind: kleine Filmchen der scheinbar harmlosen Art. Darin wimmelt es von Werbung für Süßigkeiten oder Serien oder Kinderspielzeug, Kindern wird viel gezeigt, wenn sie unbeaufsichtigt ihr Tablet oder Smartphone bedienen können, bis hin zu gewaltverherrlichenden Spielen. Und mit der damit verbundenen Werbung wird viel Geld verdient.
Wissenschaftler und Insider der IT-Konzerne haben sich in Kalifornien zum Center for Human Technology zusammengeschlossen, um die gefährlichen Auswirkungen der automatischen Algorithmen aufzuzeigen und gegenzusteuern. Denn diese Algorithmen unterliegen nach der Installation kaum noch der menschlichen Kontrolle. Facebook musste dies nach den US-Wahlen indirekt zugeben, als der Konzern mehrere hundert Leute einstellte, die 24 Stunden lang das «soziale» Netzwerk auf unerlaubte Inhalte durchforsten sollten, die dann gelöscht werden mussten.
Youtube selber bietet den Nutzenden ständig «gleichartig interessante» Filme an, deren Richtung sich politisch ausnutzen lässt, wenn die Leute, die diese Filme posten, eine Kampagne verfolgen bzw. viele hundert Computer diese Kampagne künstlich aufblähen durch künstlich erzeugte Klicks. Meinungsbildung der heimlichen Art: «What you don’t see is what you get» – Was man nicht mehr vorsehen kann, bekommt man trotzdem!
Inzwischen ist klar, dass damit fundamentale Fragen von demokratischer Organisation und Kontrolle negativ beantwortet werden. Dazu kommt, dass die Datensammelei der Privatkonzerne über ihre Nutzer direkt oder indirekt staatlichen Diensten zur Verfügung stehen. Und hier endet die Auswertung von persönlichen Daten, Standorten, Vorlieben, verbunden mit der IP-Adresse und damit dem Wohnsitz, verbunden mit der Internetaktivität und den Mailkontakten in einer maschinellen Auswertung, deren Algorithmen natürlich geheim sind, deren Schlussfolgerungen ebenfalls geheim sind, und deren demokratische Kontrolle längst eine Farce geworden ist.
Jüngst wurde das Projekt eines «Schutzranzens» für Kinder bekannt. Diese Idee entstand im Rahmen der Forschung nach mehr Verkehrssicherheit und wurde u.a. von VW unterstützt. Schulranzen sollten mit GPS und Sender ausgerüstet werden, dazu kommen Apps für Eltern und Autofahrer, um die Kinder im Verkehr früh zu erkennen. Was für eine Idee: Die Bewegungsdaten von Schulkindern und Autos gehen in eine unsichere «Cloud», um gegenseitig erkannt zu werden? Weitere Daten sollen unter anderem zu Facebook, Microsoft, Google gesendet werden. Diese Überwachungshysterie wurde unter anderem wegen einer Kampagne von Digitalcourage von VW nicht mehr unterstützt, wird aber weiter verfolgt (siehe https://aktion.digitalcourage.de).
Dabei muss man sich im klaren sein, dass jedes eingeschaltete Smartphone ebenfalls zum «Tracking» benutzt werden kann: Die Funkzellen geben den Standort von Millionen Menschen ständig an die Mobilfunkbetreiber und damit auch an ermittelnde Behörden weiter.
Dann heißt es nur noch: WYDSIWYG – what you don’t see is what you get.
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