von vb
Ende letzten Jahres verkündete Siemens den Abbau von knapp 7000 Stellen weltweit bis 2023, etwa die Hälfte davon in Deutschland. Betroffen ist vor allem die Kraftwerkssparte und damit die Werke Görlitz, Leipzig, Berlin, Offenbach, Erlangen, Mülheim und Erfurt.
Die Ankündigung hat für große Empörung und Bestürzung gesorgt. Für die sächsische Stadt Görlitz wäre es eine Katastrophe. Etwa 700 der 55000 Einwohner arbeiten dort bei Siemens, etliche Zulieferbetrieb hängen ebenfalls daran. Die Arbeitslosigkeit liegt bereits bei 13 Prozent. Bei der letzten Bundestagswahl holte ein AfD-Mann das Direktmandat. Das kaltschnäuzige Vorgehen von Siemens – der Konzern hat zuletzt einen Rekordgewinn von 6,1 Mrd. Euro eingefahren – hat Proteste provoziert, nicht nur unter den Beschäftigten, sondern selbst von der Kapitalseite, wie es in einem Artikel des Manager Magazins heißt.
Bei der Aktionärsversammlung Ende Januar haben Sprecher der großen Fondsgesellschaften angemahnt, nicht zu radikal vorzugehen, sondern auf Sozialverträglichkeit und Kommunikation zu achten. Anfang Dezember hieß es in einem Spiegel-Artikel zur Situation in Görlitz: «Wenn nun ein Global Player der Region den Rücken zudreht, könnte zu der Wut auf die politischen Eliten die auf die Wirtschaftseliten hinzukommen.» Kein Wunder also, dass die Aktionäre sich von Siemens-Chef Kaeser nicht nur ökonomisches, sondern auch politisches Fingerspitzengefühl wünschen.
Wegen der zahlreichen Proteste, hat Kaeser dem Werk in Görlitz inzwischen eine Bestandsgarantie bis 2023 gegeben. Plötzlich erkannte Kaeser, dass es um eine ganze Region geht, gemeinsam mit Land und Bund brachte er deshalb ein «Industriekonzept Oberlausitz» ins Spiel, mit dem Bund und Land den Strukturwandel in der Region forcieren sollen. Das Werk würde zwar unter dem Dach von Siemens bleiben, jedoch eigenständiger arbeiten, bis es in einem Industrieverbund aufgeht.
Fingerspitzengefühl hat Kaeser aber immer noch nicht. So war er in Görlitz der Belegschaft zwar entgegengekommen, macht jedoch gleichzeitig deutlich, dass Siemens nicht der Buhmann für die Schwäche der Region werden dürfe. Nach neuesten Meldungen hieß es dann: Der Jobabbau ist nur ein Vorgeschmack auf die Zukunft. Der tiefgreifende Wandel der Industrie stehe bevor, mit grundlegenden Strukturveränderungen im fossilen Energieerzeugungsumfeld. Dies übertreffe selbst die Veränderungen durch die Digitalisierung. Siemens sei nur proaktiver und vorausschauender…
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