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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 04/2018
11 Milliarden : 50 Millionen : 4100 Euro
von Rolf Euler

Der Volkswagenkonzern steigerte seinen Gewinn für die Aktionäre im Jahr 2017 auf über 11 Milliarden Euro, mehr als doppelt soviel wie im Vorjahr. Die Vergütung der Vorstände stieg um gut 25 Prozent auf 50 Millionen Euro, wovon allein der Vorstandsvorsitzende Müller über 10 Millionen einstreicht. Nicht unerwähnt soll sein, dass jeder VW-Mitarbeiter eine Jahresprämie von 4100 Euro bekommt.

War da mal ein Dieselskandal mit milliardenschweren Strafen?

Für VW gibt es keine Schamfrist nach dem Dieselbetrug, als der Gewinn und der Aktienkurs einbrach, jetzt heißt es, wieder in die Fußstapfen der alten Winterkorn-Ära zu treten: höchste Gehälter, höchste Gewinne, aber auch eine zusätzliche Prämie, um die Belegschaft bei Laune zu halten. Und den Betriebsrat samt Gewerkschaft in die Autovorrangpolitik  einzubinden.

Die Gewinnsteigerung in 2017 erfolgte auch, weil in diesem Jahr erneut eine Million Autos in Deutschland zusätzlich zugelassen wurden und nun über 60 Millionen Autos hier fahren. Auch die Deutschen kaufen oder leasen immer mehr SUVs, deren Material- und Spritverbrauch die Umweltbilanz noch stärker ins Minus drückt als bei «normalen» Autos.

Die schamlose Bereicherung der Vorstände, trotz Dieselskandal, ist die Folge davon, dass in Europa eine technische Nachrüstung von Dieselfahrzeugen gegen den hohen Stickoxidausstoß abgelehnt wird. VW behauptet, mit Software-Updates sei das Problem zu erledigen. Für den Neukauf von Autos mit höheren Abgasnormen werden Tausende Euros an Prämie geboten, die eingetauschten Diesel dürfen dann in anderen Ländern weiterfahren.

Die VW-Gewinne sind auch eine Folge der Verkehrspolitik von CSU-Verkehrsminister Dobrindt und der großen Koalition. Niemals wurde hier ernsthaft erwogen, wie etwa in den USA, die Autokonzerne zu zwingen, die bestmögliche Technik einzubauen, oder nachzurüsten, oder die Autokäufer zu entschädigen. Immer hatten die Konzerne den Beweis in der Hand, dass sie von verschärften Maßnahmen verschont würden, die Bundesregierung sorgte dafür, dass EU-Grenzwerte nicht so scharf ausfielen wie eigentlich geplant und umweltpolitisch nötig. Lügen bei  Verbrauch und Schadstoffausstoß bleiben ungeahndet – das lässt die Aktienkurse und Gewinne steigen.

Es gibt Hersteller, die eine Umrüstung der für die Reinigung der Dieselabgase benötigten Harnstoffeinspritzvorrichtung bzw. zusätzliche Ammoniaktanks anbieten. Diese sogenannte «Hardwarelösung» wäre für rund 2000 Euro zu haben, so berichtet es www.autozeitung.de.

Der VW-Gewinn wäre bei rund 3 Millionen betroffenen Fahrzeugen also um mögliche 6 Milliarden Euro niedriger ausgefallen, wenn der Autokonzern in Deutschland die Umrüstung auf eigene Kosten vornehmen würde – und das auch nicht sofort. Eine Umrüstung in Europa oder einen  Rückkauf wie in den USA hat VW bisher abgelehnt und kann sich auf die Unterstützung der Regierung verlassen. So bleiben Dieselbesitzer auf der Drohung hängen, dass einige Städte Fahrverbote aussprechen, auch weil die Softwareumrüstung in der Regel nicht genug bringt, während die Hardware-Lösung über 90 Prozent Stickoxidminderung bringen könnte.

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