von Tim Fürup*
Da um Ostern herum wenig im Bundestag los war, sollen hier einige sorgenvolle Anmerkungen zur Linksfraktion gemacht werden.
Der Streit zwischen Sahra Wagenknecht und Katja Kipping ist komplex, es geht um Einfluss in Partei und Fraktion, um politische Inhalte wie zum Beispiel die Migrationspolitik der LINKEN, es geht um die Stellung der Fraktion zur Parteiführung, um innerparteiliche Demokratie, und mit Sicherheit ist auch eine gehörige Portion Hass im Spiel.
Die Gräben sind so tief, dass Fraktionssitzungen zumeist von Anschuldigungen und Behauptungen überschattet werden. So hatte bspw. die Bundestagsfraktion zu einer Kundgebung gegen den Krieg in Syrien am 18.4. am Brandenburger Tor eingeladen. Das Thema ist zu wichtig, als dass es für interne Interessen instrumentalisiert wird. Trotzdem gab es Zank: Die Gefolgschaft um Sahra warf der Parteispitze vor, die Kundgebung nicht auf der Homepage veröffentlicht zu haben, die Gegenseite argumentierte, sie sei nicht informiert gewesen.
Die Idee einer linken Sammlungsbewegung spaltet zudem die Fraktion. Möglicherweise wird dadurch die LINKE insgesamt eher schwächer, denn das Konzept soll nicht die Arbeitenden, die Obdachlosen, die Unterdrückten einsammeln, eher gewinnt man den Eindruck, es handelt sich um ein Promiprojekt, das von oben installiert werden soll und nur auf Parlamente fixiert ist. Dagegen hat sich eine Gemeinschaft von 25 Abgeordneten des Bundestags in einer Erklärung positioniert.
Viele neue Mitglieder der Fraktion sind empört über den antidemokratischen Umgang der Fraktionsspitze. Sie fordern, das Primat der Partei zu stärken und sprachen sich für Katja als Fraktionsvorsitzende aus. Nun ist grundsätzlich dem Anliegen zuzustimmen: Ohne die Partei und ohne die Arbeit der Genossinnen und Genossen vor Ort, gäbe es keine Bundestagsfraktion der LINKEN. Dass Katja und Bernd jedoch am Konflikt völlig unschuldig wären, kann bezweifelt werden. Kurz nachdem die Erklärung veröffentlicht wurde, gab es eine geschlossene Fraktionssitzung, in der es ordentlich gekracht haben soll. Von Mobbing war dort angeblich die Rede.
Das alles ist ärgerlich, weil es der Partei schadet. Außerdem können die reformistischen Kräfte innerhalb der Partei fast unbehelligt agieren. Matthias Höhn und Tobias Schulze bspw. stellten in einem thematisch zugehörigen Arbeitskreis ein Papier mit dem Titel «Der LINKE Aufbauplan Ost 2017/18» vor. In diesem wird vorgestellt, wie die LINKE in den Kommunen Ostdeutschlands und den Ländern regieren soll. Es sollen Testballons gestartet werden – unter anderem zu einem linken Einwanderungsgesetz und zum Grundeinkommen. Selbst wenn man diese Konzepte befürwortet, muss man doch feststellen, dass beides in der Partei höchst umstritten ist. Mit dem Papier sollen in der programmatischen Debatte Fakten geschaffen werden.
Im Hinblick auf den Parteitag im Juni ist dieses Vorgehen erschreckend: Hier wird nämlich auch ein Antrag debattiert, in dem es heißt, dass die LINKE sich ein komplett neues Programm geben soll. Damit wird das Programm von Erfurt in Frage gestellt.
In diesen Tagen, in denen Krieg und Klassenkampf toben, wird die LINKE gebraucht. Ein klares NEIN zum Krieg der NATO-Staaten braucht aber auch ein klares NEIN zum Krieg innerhalb der Fraktion. Nur so kann linke Politik glaubhaft bleiben und Erfolg haben.
* Tim Fürup arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Büro von MdB Hubertus Zdebel. Er ist Bundessprecher und Geschäftsführer der Antikapitalistischen Linken (AKL).
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