Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Linke 1. Juli 2018
Zwischen Diskussionsverweigerung und ­Schadensbegrenzung
von Anja Lorenz

Der vergangene Bundesparteitag der Partei DIE LINKE stand ganz im Zeichen des innerparteilichen Gerangels zwischen den Fraktions- und den Parteivorsitzenden. Inhaltlich ging es um die Fragen, welche Migrationspolitik DIE LINKE anstreben sollte und wie und ob eine Regierungsbeteiligung in der momentanen Lage zu erreichen bzw. wünschenswert sei. Dabei offenbarte sich ein fortschreitender Realitätsverlust der Fraktionsspitze.

Sie kann oder will nicht wahrhaben, dass Stimmverluste in Ostdeutschland und unter ArbeiterInnen und Arbeitslosen nicht auf eine zu «migrantenfreundliche» Politik der Partei zurückzuführen sind, sondern auf ihre brave Anbiederei an die politisch-ökonomische Elite. Dabei ist bereits die Unterstellung, ArbeiterInnen würden sämtlichst Vorurteile gegenüber MigrantInnen hegen, eine bodenlose Frechheit.

Umso erstaunlicher ist es, dass «Sarah»-AnhängerInnen in der Fraktionsvorsitzenden noch immer eine Repräsentationsfigur des linken Flügels sehen. Das Gegenteil ist der Fall! Wagenknecht will um jeden Preis an die Fleischtöpfe. Dafür opfert sie bereitwillig linke Kerngedanken, intrigiert gemeinsam mit dem ganz rechten Parteiflügel gegen GenossInnen mit klaren linken Positionen, wie z.?B. Tobias Pflüger, und redet die Anpassung an neoliberale Parteien schön. Dieses Vorgehen geht selbst Teilen des nun wirklich auf Regierungsbeteiligung zielenden Forums Demokratischer Sozialismus zu weit, es ist gerade dabei, sich über den innerparteilichen Streit zu zerlegen.

Dabei hätte der Leitantrag des Parteitags durchaus das Potenzial gehabt, die Frage offen und fundiert zu diskutieren. Leider war sich die Fraktionsspitze zu fein, Änderungsanträge einzureichen und den Leitantrag mit der Parteibasis zu diskutieren. Sie entzog sich der Debatte (und der Abstimmung!) und verwies die Delegierten auf die Zuschauerränge. Riexinger und Kipping versuchten in ihren Reden, den Streit zu deckeln und zu verschieben und so eine grundlegende, ein Auseinanderbrechen der Partei vielleicht verhindernde Diskussion zu ermöglichen. Kurz vor Ultimo dann die Rede der Fraktionsvorsitzenden, in der sie den Streit eskalierte und eine zu diesem Zeitpunkt bereits völlig fruchtlose, dem Ausbau der eigenen Machtposition dienende Scheindebatte anzettelte.

Gefragt, warum sie denn nicht mit der Basis diskutiere und dann eine gemeinsame Position verabschiede, antwortete Wagenknecht, sie diskutiere ja, schließlich halte sie eine Rede. Stalinistischer kann ein Demokratie- und Führungsverständnis kaum sein.

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