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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 07/2018
Zum Treffen zwischen Kim Jong-un und Donald Trump in Singapur
von Pepe Escobar

Dem «Raketenmann», von Trump in Singapur respektvoll als «Vorsitzender Kim» angesprochen, ist ein formidabler Coup gelungen: Im Abschlusstext der Erklärung von Singapur taucht die bislang von der US-Administration hartnäckig geforderte Formel von der «vollständigen, verifizierbaren, irreversiblen Denuklearisierung» nicht auf.

In den Verhandlungen im Vorfeld des Gipfels hatte die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) immer darauf bestanden, die Denuklearisierung mit einer «Zug-um-Zug»-Strategie anzugehen, so dass jeder Schritt mit einem Entgegenkommen der Gegenseite beantwortet werden sollte, statt darauf zu beharren, dass es erst nach einer vollständigen Denuklearisierung – ein Prozess, der sich über Jahrzehnte hinziehen kann – wirtschaftliche Erleichterungen geben könne.

Die gemeinsame Erklärung von Singapur beinhaltet exakt das, was die Russisch-Chinesische Partnerschaft, die vor kurzem auf dem Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ)* formalisiert wurde, angeregt hat, ein zweifaches Auf-Eis-Legen: Die DVRK stoppt ihre Atom- und Raketentests, und die USA und Südkorea stoppen ihre Militärmanöver («war games», Kriegsspiele in Trumps Terminologie).

Diese logische Folge der Sino-Russischen Roadmap stützt sich zudem auf das, was die beiden Staatschefs Süd- und Nordkoreas im vergangenen April auf einem innerkoreanischen Gipfel vereinbart hatten. Und das passt zu dem, was Nordkorea, Südkorea und Russland bereits im vergangenen September auf dem Fernostgipfel in Wladiwostok diskutiert hatten: die ökonomische Integration von Russland und den beiden Koreas, einschließlich einer Verbindung zwischen einer zu bauenden transkoreanischen und der transsibirischen Eisenbahnlinie.

Dabei geht es immer um die Integration des eurasischen Wirtschaftsraums: Entwicklung des Handels zwischen Nordkorea und Nordchina, vor allem mit den Provinzen Liaoning, Jilin und Heilongjiang, sowie eine physische Verbindung zwischen beiden Koreas und dem eurasischen Kernland. Es ist eine weitere Schnittstelle, an der sich die Neue Seidenstraßeninitiative mit der Eurasischen Wirtschaftsunion trifft. Nicht zufällig möchte Südkorea engere Beziehungen zu beiden knüpfen.

Die gemeinsame Erklärung von Singapur ist kein Deal, sie ist eine Erklärung. Die zentrale Passage darin findet sich in Punkt 3: «Die DVRK bekräftigt die Erklärung von Panmunjom vom 27.?April 2018 und verpflichtet sich, auf eine vollständige Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel hinzuarbeiten.» Von zentraler Bedeutung in dieser Passage ist nicht so sehr die Verpflichtung zur vollständigen Denuklearisierung, sondern der Verweis auf die Erklärung von Panmunjom.

Schon vor Singapur wusste jeder, dass die DVRK nicht umsonst denuklearisieren würde, zumal wenn es auf der Gegenseite nur vage Aussichten auf «US-Garantien» gibt. Wie vorhersehbar, sind sowohl die Neocons in den USA wie auch die Anhänger eines «humanitären Imperialismus» einig in ihrem Zorn auf die gemeinsame Erklärung, an der sie das «Fleisch» vermissen.

Tatsächlich hängt eine Menge Fleisch dran. Auch Singapur bekräftigt nun die Erklärung von Panmunjom, die ein Abkommen zwischen Nord- und Südkorea ist. Indem sie in der gemeinsamen Erklärung erwähnt wird, ist Washington von ihr in Kenntnis gesetzt, kann sie also nicht länger ignorieren. Indem die DVRK ihre Verpflichtung zur Denuklearisierung an die Erklärung von Panmunjom bindet, bestätigt sie auch alle Bedingungen, die darin enthalten sind. Und Trump hat diese Bedingungen durch seine Unterschrift unter die Erklärung von Singapur anerkannt.

Die Erklärung von Panmunjom besagt: «Süd- und Nordkorea bestätigen das gemeinsame Ziel, über eine vollständige Denuklearisierung eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel zu erreichen. Süd- und Nordkorea teilen die Ansicht, dass die Maßnahmen, die Nordkorea gerade einleitet, sehr bedeutsam und für die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel zentral sind, und sie sind übereingekommen, ihre jeweilige Rolle und Verantwortung in diesem Lichte auszuüben. Süd- und Nordkorea haben vereinbart, für die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel aktiv die Unterstützung und Mitwirkung der internationalen Gemeinschaft zu suchen.»

Mit der «internationalen Gemeinschaft», das weiß jeder, sind die USA gemeint, der Große Entscheider. Wenn Washington seine Truppen nicht aus Südkorea abzieht, gibt es keine Denuklearisierung. Das ist im Kern auch der Deal, den Kim und Chinas Staatspräsident Xi Jinping in ihren beiden Vorbereitungstreffen zu Singapur diskutiert haben. Das Schlüsselwort in der Erklärung von Singapur lautet also «bekräftigt».

Quelle: Asia Times, 13.?6.?2018, www.atimes.com/article/the-key-word-in-the-trump-kim-show/

* Der SOZ gehören die Volksrepublik China, Indien, Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Russland, Tadschikistan und Usbekistan an. Derzeit vertritt die SOZ etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung und stellt damit die weltweit größte Regionalorganisation dar.

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