dokumentiert
- Die Zahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, ist 2017 weiter gestiegen: von 65,6 Millionen Menschen 2016 auf 68,5 Millionen 2017. Die Zahl der nach Deutschland eingereisten Asylsuchenden ist im selben Zeitraum jedoch deutlich gesunken: 2017 sind 187.000 Asylsuchende neu eingereist – gegenüber 280.000 2016 und 890.000 2015.
- Gesunken ist auch der Anteil der Asylsuchenden, denen in Deutschland ein Schutzstatus zuerkannt wurde: 2016 waren dies 71% gewesen, 2017 nur noch 53%. Trotz der restriktiveren Praxis anerkannte das Bundesamt für Migration und Flucht (BAMF) damit immer noch bei mehr als der Hälfte aller geprüften Fälle, dass es berechtigte Fluchtgründe gibt.
- Immer weniger Flüchtlinge erhalten Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK-Status), dafür steigt die Zahl derer, die nur subsidiären Schutz bekommen – und dies, ohne dass sich die Situation in ihrem Land verbessert hätte. Subsidiärer Schutz wird gewährt, wenn nach den administrativen Bestimmungen weder Flüchtlingsschutz noch Asylberechtigung gewährt werden, im Herkunftsland aber ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gelten Todesstrafe, Folter oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Syrische Asylsuchende erhielten 2017 nur noch zu 38% den GFK-Status, 61% hingegen subsidiären Schutz. Bei den eritreischen Flüchtlingen ist der GFK-Status von über 95% 2015 auf 81% 2016 und 54% 2017 gesunken.
Flüchtlingen mit nur subsidiärem Schutz werden Integrationschancen und Rechte vorenthalten – allen voran das Recht auf Familiennachzug. Diese Einschränkung soll in der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln, subsidiär Geschützte seien nur vorübergehend im Land – «Gäste» sozusagen. Doch dem ist nicht so, auch bei ihnen ist von einem dauerhaften Aufenthalt auszugehen, was bedeutet, dass sie in denselben Genuss von Integrationsleistungen kommen müssten wie die anderen. Eben diese Leistungen sollen ihnen jedoch nach dem Willen der Berliner Koalitionsparteien mehr und mehr vorenthalten werden.
- Die Ablehnungsquote ist im vergangenen Jahre erneut deutlich gestiegen. Dies betrifft auch Asylsuchende aus Bürgerkriegsgebieten. Mehr als die Hälfte der afghanischen Flüchtlinge wurden abgelehnt (nur 47% bekamen einen Schutzstatus), obwohl im Land immer noch der Bürgerkrieg tobt und selbst die Bundeswehr ein düsteres Lagebild zeichnet. Auch bei irakischen Asylsuchenden ist die Ablehnungsquote gestiegen – von 1% 2015 auf 23% 2016 und 36% 2017.
Mit der Ablehnung ist jedoch nicht automatisch eine Ausreisepflicht verbunden. Ein großer Teil der abgelehnten Asylsuchenden erhält eine Duldung, das bedeutet, ihre Abschiebung ist aus guten Gründen ausgesetzt. Die Zahl der Ausreisepflichtigen lag Ende 2017 bei 229.000, rund die Hälfte davon waren abgelehnte Asylsuchende. Abgeschoben wurden 2017 fast 24.000 Menschen, fast die Hälfte davon in den Westbalkan. Inzwischen halten Bund und einige Länder auch die Abschiebung nach Afghanistan für akzeptabel, obwohl es Kriegsgebiet ist.
- Die Asylbescheide sind in vielen Fällen mangelhaft. Vor Gericht konnten im vergangenen Jahr 62% der syrischen Flüchtlinge eine Aufbesserung ihres Statut von subsidiär nach GFK erstreiten; bei den eritreischen Flüchtlingen gewannen 36% vor Gericht; Afghanen waren zu 61% erfolgreich, irakische Flüchtlinge zu 17%. Wegen der mangelhaften Bescheide des BAMF sind die Gerichte zunehmend überlastet und es dauert immer länger, bis Flüchtlinge ihre Rechte vor Gericht durchsetzen können.
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