von Rolf Euler
Diesen freundlichen Spruch las ich auf einem T-Shirt eines Mitwanderers bei der Hambach-Kundgebung Anfang Oktober. Den vielen Menschen war sicher auch die Erleichterung über den Spruch des Oberlandesgerichts anzumerken – da war das Original-Zitiat «…als man denkt» ebenfalls berechtigt.
Entscheidend war für meinen Eindruck, dass die Notwendigkeit des Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung inzwischen so weit in der Gesellschaft angekommen ist, dass diese Denkweise sich durchsetzen könnte gegen die Interessen von RWE. Natürlich wäre ohne den Richterentscheid die Kundgebung unter anderen Vorzeichen verlaufen, aber sicher nicht kleiner geworden, nicht weniger junge Leute gekommen. Der Hambacher Forst ist so etwas wie die Wackersdorfer und Gorlebener Geschichte geworden. Sicher auch von symbolischer Bedeutung, aber auch praktisch für die Verbindung von lokalen und überörtlichen Initiativen, von Versuchen, die Energiepolitik von unten (mit)zubestimmen.
Alle Teilnehmer waren beeindruckt von der bunten Menge, den vielen Familien mit Kindern, den vielen jungen Leuten, die unter ernsten und manchen witzigen Parolen auf das Feld strömten, und als die Kundgebung schon längst angefangen hatte, kamen bis 16 Uhr immer noch welche hinzugewandert. «Sägt am Horst, nicht am Forst!», passte natürlich hervorragend zur bevorstehenden Bayernwahl.
Die wirklich breite Mobilisierung zu verschiedenen Gelegenheiten, auch die Demos in Bayern gegen die Polizeigesetze, die große antirassistische Demo in Berlin, geben Hoffnung, dass nicht alle reaktionären Maßnahmen durchsetzbar sind – siehe den Teilrückzug des NRW-Innenministers Reul beim Polizeigesetz.
Das Jahr 2018 ist natürlich willkommener Anlass, auf 1968 zurückzublicken, zumal viele Aktive von damals noch in der einen oder anderen Initiative ihre Geschichte weiter verfolgen. Bei einer Veranstaltung in Bochum zu den damaligen Ereignissen an der Universität kamen immerhin rund 80 Altstudenten, deren Interesse zwar nicht nur auf den Blick zurück «im Zorn» oder «in Resignation» gerichtet war, wo es aber doch mühselig war, den aktuellen Bezug zu den heutigen Bewegungen zu finden. Da war die Kundgebung in Hambach am Folgetag wirklich ein erfreulicher Kontrast, zumal die «Grauhaarigen» dort absolut in der Minderheit waren, und man meinte, die Kinder und Enkel der «68er» zu treffen. Das sollte vor allem den pessimistischen Blicken zurück auf die Bewegungsjahre 1968 und 1969 kontra geben, denn es gibt nach wie vor Stimmen, die «der Jugend» heute zu viel politische Anpassung nachsagen, oder mangelnde Bewegung an den Hochschulen beklagen.
Die erfolgreiche Mobilisierung gegen die Folgen des Klimawandels zeigt ebenfalls – nicht ganz vergleichbar, aber ähnlich wie 1968 – eine internationale Einstellung der Aktiven, denn die schlimmen Folgen der Klimaerwärmung sind (noch) weniger vor der eigenen Haustür zu merken, als weltweit bei den ärmsten Betroffenen.
Erich Fried hatte gedichtet:
«Wer will
daß die Welt
so bleibt
wie sie ist
der will nicht
daß sie bleibt»
Es kommt hoffentlich weiterhin anders, wenn man denkt!
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