von Petra Stanius
In mehreren Städten Deutschlands haben sich Netzwerke zur Vorbereitung eines Frauenstreiks am 8. März 2019 gebildet. Ein erstes bundesweites Treffen mit über 300 Frauen und Queers fand am 10./11. November in Göttingen statt. Worauf soll ein feministischer Streik zielen? Hierzu gibt es viele Ideen.
Lohnarbeit niederlegen
Bestreikt werden soll die – immer noch überwiegend unterbezahlte und unterbewertete – weibliche Lohnarbeit.
Möglicherweise sind am 8. März 2019 die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder noch nicht abgeschlossen. Dann könnte die Gewerkschaft Ver.di in diesem Rahmen zum Streik aufrufen.
Soweit es aber um nicht tarifierbare Forderungen geht – und das wird auf die meisten zutreffen –, würde es sich um einen sog. politischen Streik handeln. Politische Streiks sind in Deutschland jedoch angeblich verboten. Tatsächlich existiert aber kein Gesetz mit diesem Inhalt. Es gibt nur ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 1952, das seitdem als «herrschende Meinung» gilt. Doch auch nach diesem Urteil gab es Streiks für politische Forderungen, so z.B. 1996, wo die geplante Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf diese Weise abgewehrt wurde. Mit anderen Worten: Ob ein politischer Streik Sanktionen nach sich zieht oder nicht, ist eine Frage des Kräfteverhältnisses. Es ist ein Verdienst des Frauenstreikbündnisses, dass dieses Thema aktuell wieder diskutiert wird.
Sind wir so viele und haben damit die gesellschaftliche Macht, dass wir für politische Forderungen streiken können, ohne unsere Arbeitsplätze zu gefährden – und nicht zuletzt auch die Arbeitsplätze derjenigen, die unserem Streikaufruf folgen? Können wir die Gewerkschaften von unserer Stärke überzeugen, sodass sie ihre Mitglieder zum Streik aufrufen? Dafür braucht es auch eine breite Basis in den Gewerkschaften, die das trägt.
Unabhängig davon, wie die Antworten auf diese Fragen ausfallen, gibt es noch andere Möglichkeiten für betriebliche Aktionen, die unstrittig legal sind. Zum Beispiel eine Kundgebung im Rahmen einer aktiven Mittagspause oder die Einberufung einer Betriebsversammlung am 8. März. Es gibt keine Vorschriften, die die Länge einer Betriebsversammlung begrenzen. Teilbetriebsversammlungen – z.B. nur von Frauen – sind ebenfalls möglich.
Auch die Teilnahme an einer Demonstration ist ein Grund, nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen: Das Demonstrationsrecht hat als Grundrecht einen höheren Rang als die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Diese Sicht ist allerdings nicht unumstritten.
Keine unbezahlte Arbeit leisten
Auch die unbezahlte Arbeit soll bestreikt werden. Der erweiterte Arbeitsbegriff ist ein wichtiger Punkt, der den Frauenstreik von anderen Streikaktionen unterscheidet. Ohne die weit überwiegend von Frauen geleistete, unbezahlte Reproduktionsarbeit würde es auch keine Produktion geben. Ob Hausarbeit, Sorge für die Kinder, Pflege von Angehörigen – die kapitalistische Gesellschaft könnte ohne diese Arbeit nicht existieren. Sie verdrängt sie aber ins Unsichtbare. Das soll am 8. März 2019 anders sein. Wie wichtig Sorgearbeit ist, wird sofort spürbar, wenn sie einmal nicht getan wird.
Bildungsstreik
Auch Schulen und Universitäten sollen bestreikt werden: als Institutionen, die Ungleichheit und stereotype Geschlechterrollen reproduzieren. Mehr Mädchen als Jungen haben einen hohen Bildungsabschluss. Doch dann folgt die geschlechtliche Trennung nach «Männer»- und «Frauen»-Berufen. Und es gibt eine gläserne Decke, auch an Universitäten, die das berufliche Weiterkommen von Frauen verhindert.
Konsumverweigerung
Unser eigenes Konsumverhalten können wir am 8. März 2019 auch noch in den Blick nehmen: Nicht einkaufen in Läden, in denen Frauen schlechten Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind; kein Kauf umweltschädlicher Produkte; Verzicht auf Waren, für die Frauen mehr zahlen sollen als Männer, wie z.B. Rasierklingen.
Hinter den Vorschlägen steht auch der Gedanke: Wenn wir es am 8. März schaffen, Dinge anders zu machen als bisher, dann können wir das auch künftig tun.
Weitere Informationen unter www.frauenstreik.org. Das NRW-Bündnis trifft sich wieder am 26.11. im Theater Oberhausen.
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