Millionen stehen hinter mir!
von Manfred Dietenberger
«Die AfD ist eine Partei aus der Retorte, gezeugt vom großen Geld», wusste der heutige Vorsitzende der Freien Wähler und Superminister Bayerns, Hubert Aiwanger, schon 2016.
Nachdem das Redaktionsnetzwerk von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung aufgedeckt hat, dass der kometenhaften Aufstieg der AfD sich insbesonders einer Großspende aus der Schweiz verdankt, kamen und kommen nach weiteren gemeinsamen Recherchen des Spiegel und der Schweizer Wochenzeitung WOZ immer mehr unappetitliche Details ans Licht der Öffentlichkeit.
Die braune Spur des AfD-Sponsorings führt – nur im ersten Augenblick überraschend – zu dem stinkreichen bayrischen Multimilliardär August Baron von Finck jr. (88), mit Wohnsitz in der Schweiz. Urvater des Finck-Imperiums war Großvater Wilhelm von Finck, der um die Jahrhundertwende Teilhaber des Bankhauses Merck, Finck & Co wurde. Er war auch ein Mitgründer von Versicherungen, z.B. der Allianz, investierte aber auch in den Bau von Wasserkraftwerken und Eisenbahnen. Sein Sohn war August von Finck senior, dessen Enkel ist August von Finck junior.
Der lebt in München und ist durch sein Familienunternehmen einerseits fast omnipräsent. Dennoch hält sich der Oligarch eher im Medienschatten auf. Dabei ist er wahrlich kein graues Nichts. Er ist unverschämt reich. Sein Vermögen wird auf 4,8–8,2 Mrd. Euro geschätzt. Aber «das Kapital ist ein scheues Reh» (Marx) und Oligarch Finck eben auch.
Dennoch gerät der ehemalige Bankier, Investor und Großaktionär von Mövenpick von Zeit zu Zeit ins grelle Licht der Medien. Er hat auf vielfältige Art viel Geld geschöpft, das meiste mit seinen Münchener Altstadtimmobilien. Außer dem Agieren und Spekulieren mit Betongold machte ihn auch der Goldhandel (Degussa) immer reicher.
Seine Millionen wirft der vielfache Milliardär nicht einfach zum Fenster hinaus, sondern investiert sie großzügig in die Zukunft. Er weiß nicht erst seit heute: Mit Geld macht man Politik, dort richtig investiert, münzt sich die Parteispende um in noch mehr Profit. Und sein Herz schlägt rechts. Dabei ist er – anders als noch sein Vater August von Finck senior (1898–1980) – gar nicht auf eine Partei fixiert. 2009 fiel er auch schon durch kräftige Finanzzuwendungen an FDP und CSU unangenehm auf. Enttäuscht von beiden Parteien, wandte er sich schon zu einem Zeitpunkt von diesen ab, als die AfD noch gar keine Partei, sondern nur eine politische Strömung war.
Ausflug in die Medienwelt
Um sein finanzielles Engagement zu tarnen, setzte er seine Allzweckwaffe, Knut Stahl, den Geschäftsführer der Finckschen Vermögensverwaltung, ein. Stahl war es, so berichtet der Spiegel jetzt, der das Ziel verfolgte, eine neue Zeitung namens Deutschland Kurier aus der Taufe zu heben, und sich zu diesem Zweck am 1.März 2017 mit einem Journalisten des Bayrischen Rundfunks und einem deutschen Verleger in der Nähe von München getroffen hat.
Das Neue an der projektierten Zeitung: Sie solle, anders als die anderen Medien, die Wahrheit schreiben. Gesagt, getan, rechtzeitig zum Bundestagswahlkampf erschien das rechte Kampfblatt und betrieb massive Wahlpropaganda zugunsten der neuen AfD. Als Herausgeber firmierten weder Stahl noch Finck, sondern der «Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheit». Finck soll rund 100000–120000 Euro für AfD-Veranstaltungen und Werbekampagnen bezahlt haben, die der Stuttgarter Verein initiierte.
Gestohlen hat August von Finck jr. seine Rechtslastigkeit nicht, sein Vater war Bewunderer und bedeutender Finanzier von Adolf Hitler und Profiteur der Nazidiktatur. Er gehörte 1931 zusammen mit anderen Wirtschaftsführern zu den Teilnehmern am berüchtigten Treffen mit dem zielstrebigen Parteiführer Hitler in Berlin im «Hotel Kaiserhof», auf dem Hitler von diesen feinen Herren 3 Millionen Reichsmark für seinen Wahlkampf locker machte. 1933 schoss von Finck senior dann zusätzlich 3 Millionen ganz privat nach.
Finck senior war nicht nur Mitglied der NSDAP, er war auch Vorsitzender im Kuratorium vom «Haus der Deutschen Kunst» und, noch viel wichtiger, er war Mitglied des Generalrats der Wirtschaft. So vernetzt, konnte er im großem Stil von Arisierungen jüdischer Bankhäuser profitieren und sich z.B. 1938 in Wien die Rothschild-Bank aneignen (dem Bankier verhalf er noch zur Flucht in die Schweiz).
Profitversicherung Partei
Nach der Niederlage des Faschismus wurde das Fettauge ganz oben auf der braunen Suppe von den Befreiern als «Mitläufer» eingestuft. Das war der Persilschein für die weitere Profitmaximierung des jetzt wieder sauberen Herrn. Sein Vermögen und Grundbesitz wuchsen rasant. Ein Grund dafür war, dass etwa die Hälfte der ihm gehörenden rund 2000 Hektar im Bauerwartungsgebiet am Rande des schnell wachsenden Münchens lag. Natürlich war auch sein Kredit- und Wertpapiergeschäft einträglich. «Jeden Morgen, wenn Herr von Finck aufsteht, ist er um eine Million reicher geworden», äußerte der damalige SPD-Landtagsabgeordnete und spätere Münchner Oberbürgermeister Georg Kronawitter.
Nach seinem Tod im April 1980 übernahm sein 50jähriger Sohn August junior das Familienimperium. Das ging schief. Mit dem teuren Zukauf von Löwenbräu und Mövenpick brachte der Junior das Imperium in arge Nöte. Aber wozu hat man Freunde, und irgendwie geht’s immer weiter. Am 1.Oktober 1990 verscherbelte er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion sein Münchner Bankhaus Merck Finck & Co (die drittgrößte deutsche Privatbank) für 300 Millionen Euro. Der um eine Bank geschrumpfte «Finck-Konzern» fütterte via Tochterfirmen allein seit 2000 die Wahlkampffonds der CSU mit 2,4 Millionen und der FDP mit 1,1 Millionen Euro. Sein aktuelles Vermögen wird auf 8,4 Milliarden Euro geschätzt und macht ihn zum achtreichsten Mann Deutschlands. Dazu gesellt sich jetzt sein Engagement für die AfD.
Auch diese direkten und indirekten Spend(en) machen den braunen Baron nicht arm. Die Forbes-Liste der reichsten Milliardäre der Welt listet ihn aktuell auf Platz 167. Mit diesem finanziellen Kissen lebt es sich komfortabel im eigenen Schloss im Steuerparadies Kanton Thurgau in der Schweiz.