von Helmut Born
Ende Januar gab der Vorstand des fusionierten Warenhauskonzerns Karstadt/Kaufhof die Pläne für die beiden Unternehmen bekannt.
Dabei wurde deutlich, dass es beim Kaufhof zu einem erheblichen Arbeitsplatzabbau und ziemlich weitgehenden Änderungen der Arbeitsabläufe kommen soll. Außerdem wurde bekannt gegeben, dass eine OT-Mitgliedschaft (Ohne Tarifbindung) im Einzelhandelsverband (HDE) angestrebt wird. Mit der Gewerkschaft Ver.di soll ein Sanierungstarifvertrag ausgehandelt werden, der zu einem Abbau der Einkommen und zu Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen führen soll.
Im neuen Unternehmen wird allein die Benko-Gruppe, Signa, das Sagen haben. Der mit 49,9 Prozent am Unternehmen beteiligte, ehemalige Besitzer von Kaufhof, HBC, spielt offensichtlich, zumindest nach außen hin, überhaupt keine Rolle mehr.
Der dickste Brocken ist die angekündigte weitgehende Schließung der Kaufhof-Hauptverwaltung in Köln. Bis auf einen kleinen Rest, der in ein Lager verlagert werden soll, soll die Steuerung des Unternehmens aus der Karstadt-Zentrale in Essen heraus geleistet werden. Dies führt zu einem Arbeitsplatzabbau von etwa 1000 Vollzeitkräften, real werden es eher mehr sein, weil es auch in der Hauptverwaltung viele Teilzeitbeschäftigte gibt.
In den rund 100 Kaufhof-Filialen sollen 1600 Vollzeitstellen abgebaut werden. Auch hier werden jedoch erheblich mehr Beschäftigte betroffen sein, da es im Verkauf viel mehr Teilzeitbeschäftigte als in der Hauptverwaltung gibt. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten liegt hier oftmals bei 60 Prozent oder darüber. Hier können also mehr als 3000 Beschäftigte vom Personalabbau betroffen sein.
Auch die Maßnahmen zum Umbau der Arbeitsorganisation haben es in sich. So soll es eine weitgehende Trennung der Funktionen geben, was u.a. zu einer Dequalifizierung und Abgruppierung der Beschäftigten führen wird. Die Verkäuferinnen und Verkäufer sollen jeweils nur noch für die Kasse, für das Auffüllen der Ware oder für die Bedienung zuständig sein. Die Arbeit wird also erheblich monotomer werden. Es wird eine weitgehende Flexibilisierung der Arbeitszeit angestrebt sowie ein Abbau der Hierarchien. Das wird sicher sowohl die Geschäftsleitungen wie auch die Abteilungsleiter treffen.
Sämtliche Lebensmittelabteilungen sollen in die Karstadt-Feinkost-Gruppe ausgegliedert werden, wobei aber auch Schließungen nicht ausgeschlossen werden. Die Hausverwaltungen sollen ebenfalls ausgegliedert werden, und es gibt Überlegungen, Abteilungen in Orten mit mehreren Filialen zusammenzulegen.
Frontaler Angriff auf die Beschäftigten
All diese Maßnahmen bedeuten einen frontalen Angriff auf die Rechte und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Sie bringen auch eine weitgehende Einschränkung der Rechte der Betriebsräte und würden, wenn dies alles ohne nennenswerten Widerstand hingenommen würde, zu einer massiven Schwächung der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen führen.
Deswegen ist es wichtig, dass die Betriebsräte und Ver.di sich eindeutig positionieren. Hierbei muss vor allem das Geschäftsmodell von Benko angegriffen werden, das ja eine Trennung von Immobilien und Einzelhandel vorsieht. Die Ausgliederung der Filialen in Eigenbesitz in eine eigenständige Immobiliengesellschaft führt zu einer Verlagerung der Profite vom Einzelhandel in die Immobiliengesellschaft. Zu fordern ist aber, dass die Gewinne bei den Immobilien, die ja durch die Mieteinnahmen der Filialen entstehen, offengelegt und der Gesellschaft gutgeschrieben werden.
Gegen Personal- und Lohnabbau muss konsequent angegangen werden. Hier dient Karstadt als warnendes Beispiel. Der erste Sanierungstarifvertrag bei Karstadt sah vor, dass die Beschäftigten die Einkommensverluste nach einigen Jahren zurückgezahlt bekommen. Dieses Versprechen wurde niemals eingelöst, sondern durch neue Sanierungstarifverträge ersetzt. Mit der Gründung des neuen Unternehmens soll nach Vorstellungen von Benko ein ganz neuer Sanierungstarifvertrag abgeschlossen werden, der für Kaufhof und Karstadt gelten soll.
Begründet wird dies alles mit den Verlusten beim Kaufhof, die im letzten Jahr bei 100 Millionen Euro gelegen haben sollen. Es kommt nun darauf an, gegen dieses knallharte Vorgehen eine Strategie zu entwickeln. Dabei darf es keinen Kuhhandel «Sanierungstarifvertrag gegen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen» geben. Es gilt, gegen Personalabbau und Einkommensverluste eindeutig Stellung zu beziehen.
Dabei sollte nicht vergessen werden, die Öffentlichkeit mit einzubeziehen. Die Kunden der beiden Warenhäuser können ein Lied über die fehlende Beratung und die schlechte Personalbesetzung singen und wissen, dass die Einkommen der Einzelhandelsbeschäftigten zu gering sind. Man könnte sich ein Beispiel am Kampf der Pflegekräfte in den Krankenhäusern nehmen. Unter dem Titel «Mehr von uns ist besser für alle» haben sie es geschafft, große Unterstützung in der Bevölkerung zu bekommen.
Ver.di steht in diesem Kampf vor der Herausforderung, in Unternehmen mit wenig kampferfahrenen oder kämpferischen Belegschaften, die für sie sicher nicht einfach sind, einen Kampf gegen einen hart auftretenden Unternehmer zu führen. Würde Ver.di dem Konflikt jedoch ausweichen wollen, würde das die Gewerkschaft sicher in eine ziemlich schlechte Position in dem Unternehmen treiben. Die Diskussion um einen Kompromiss für einen neuen Sanierungstarifvertrag ist da mehr als schädlich.
Allein der Abbau der Arbeitsplätze bedeutet eine Kostensenkung von rund 130 Millionen Euro pro Jahr, dazu kommt die Vermietung oder der Verkauf der Kölner Kaufhofzentrale in bester Kölner Innenstadtlage. Benko will über den Sanierungstarifvertrag weitere 70 Millionen Euro einsparen.
Auch wenn ein solcher Kampf heute sehr schwer zu führen ist, ist er doch möglich. Angefangen werden muss mit deutlichen Aussagen:
– Kampf um jeden Arbeitsplatz.
– Stopp der Tarifflucht – kein Sanierungstarifvertrag – Karstadt sofort zurück in den Tarifvertrag.
(9.2.2019)
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