Es ist ein sehr bewegender Film über den Missbrauch durch Priester ist im Netz. Die Filmemacher geben den Opfern Raum, um ihr Leid zu schildern. Ganz anders als in schriftlichen Berichten sehen wir hier die Opfer und können auf diese Weise eher ermessen, was für eine Last sie das Leben lang begleitet. Es ist mutig und anerkennenswert von ihnen sich öffentlich mitzuteilen. Am Beginn wird eine Szene eingesprochen, bei der eine missbrauchte Frau vor einer kirchlichen Untersuchungskommission mit der Hand auf die Bibel den Eid nachsprechen muss: „Ich schwöre Gott dem Allmächtigen und der heiligen Dreifaltigkeit, dass ich auf alle Fragen betreffend meiner Angelegenheit ehrlich und gewissenhaft antworten werde, ich schwöre, dass ich Fragen und Antworten geheim halten werde, darüber mit niemanden sprechen werde, außer mit Personen, die dazu durch den Bischof von Kielce berechtigt sind. Dazu verhelfe mir Gott und die heilige Maria. Amen.“
Dieser Dokumentarfilm über Missbrauch durch katholische Priester in Polen wurde am 11. Mai uraufgeführt und im Internet hatte er nach 19 Stunden 2,4 Millionen, 17 Mill. Aufrufe am 5. Tag. Die Finanzierung erfolgte durch Spenden.
www.youtube.com/channel/UCmuaurR3Fl5ugr6Bi066tHA
mit englischen und spanischen Untertiteln
Für weitere Folgen werden Spenden gesammelt.
In seinem Kommentar schreibt der Theologe, Historiker, Kulturanthropologe und ehemalige Jesuit Prof. Obirek, dass die stärkste Seite des Filmes die Ratlosigkeit der Opfer, ihrer Suche nach Worten, um dies zu benennen, was ihnen geschah und das auch noch im Angesicht einer bürokratischen kirchlichen
Maschinerie, der die Erhaltung der institutionellen Integrität das Wichtigste sei. Aussagen der Erzbischöfe Gadecki und Jedraszewski, sie seien auf der Seite der Opfer, klangen nicht überzeugend. Den Vogel hat der Pressesprecher der Bischofskonferenz abgeschossen, in dem er erklärte Pädophilie gäbe es nicht nur in der katholischen Kirche. Dieser Film zeigt auch ganz deutlich wer die Opfer und wer die Täter sind. Diese Fakten kann keine Sophistik der Bischöfe mehr verschleiern. Inzwischen ist der Druck auf die Kirche derart angewachsen, dass auch Obirek zwei Tage später in einem Interview meinte, dass wohl bei den genannten Bischöfen die Botschaft angekommen sei. Er hoffe, dass der Papst sich den Film auch ansehen wird, schließlich sei er (für ihn!) spanisch und englisch untertitelt.
Wer hat die Kirche an die Wand gefahren? Gazeta.pl 14.05 2019
Prof. Andrzej Kobylinski von der katholischen Universität in Warschau ist der Auffassung, dass die Zeit längst vorbei ist, wo die Bischöfe die Opfer um Verzeihung bitten sollten. Jetzt würde sich die Frage stellen wer denn in den letzten 20...30 Jahren die Kirche an die Wand gefahren hat. Dieser Verantwortung müssten sie sich stellen. Bis 2001 wurde der Missbrauch in der katholischen Kirche systematisch verschwiegen. Nach 2001 hätte sich die Gesetzgebung geändert und somit der Blick darauf gerichtet. Und trotzdem wurde vertuscht, wurden Priester versetzt und wie in dem Film zu sehen war, gibt es Priester, denen von der Staatsanwaltschaft Kontakt mit Kindern und Jugendlichen verboten wurde, die aber trotzdem von den Vorgesetzten in diesen Bereichen eingesetzt werden. Die Kirche wurde an die Wand gefahren und dafür haben die entsprechenden Amtspersonen Verantwortung zu übernehmen. Polen hatte 8.000 Seminaristen, also junge Männer, die sich auf den Priesterberuf vorbereiten – jetzt sind es 3000 und es werden immer weniger. In Lodz haben sich 52% der Schüler vom Religionsunterricht abgemeldet, wie viele mögen es in Warschau oder Danzig sein? Und diese Entwicklung, diese Abkehr von der Kirche, wird weiter gehen.
Gesandter des Papstes kommt im Juni nach Polen, um die Situation zu untersuchen. So manche hoffen, dass daraus etwas ähnliches heraus kommt wie in Chile – die polnischen Bischöfe abdanken.
Verschiedene Gruppierungen haben sich innerhalb der Kirche gebildet. Es wird davon gesprochen, dass sich einige nach Rom zum Papst aufmachen.
Präses Kaczynski erklärt alle Kritiker an der Kirche seien Feinde der Kirche, sondern sie seien auch Feinde Polens. Beobachter sind gespannt, ob es Auswirkungen auf die Wahlen haben könnte.
In studioopinii schreibt Dariusz Wisniewski: Kirche und Regierung würden am liebsten den Mantel des Schweigens darüber ausbreiten. Aber wir können nicht schweigen, wenn wir unsere Würde bewahren wollen. Aus dem Schatten treten neue Opfer heraus, die es vorher nicht wagten, jetzt erst sind sie in der Lage ihre Geschichte zu erzählen. Hören wir ihnen schweigend und mit gesengten Haupt zu.
Krakauer boykottieren Erzbischof Jedraszewski Wyborcza.pl 09.04 2019
Der Bischof erklärte: „Schauen wir nach Australien, wo Kardinal Pell verurteilt wurde. Dort werden Menschenrechte außer Kraft gesetzt. Die Christen wurden immer verfolgt“. Der Bischof verteidigte damit den wegen Kindesmissbrauchs zu 6 Jahren verurteilten Kardinal Pell. Offen erklärte der Vorsitzende des Stadtrates, dem sich andere anschlossen, dass er an keiner kirchlichen oder staatlichen Veranstaltung teilnehmen wird, bei der Jedraszewski anwesend sein wird. Niemals wird er billigen, dass Kindesmissbrauch und Pädophilie relativiert werden.
Der Bischof versteht die Krakauer nicht, das was er sagt und macht hat keinen Bezug zu Standards der Kommunikation. Es gab schon viele diesbezügliche Vorfälle. So hat er beim Verlesen des Rapports zu Pädophilie in der katholischen Kirche dazu aufgerufen Milde mit den Tätern zu haben.
Wie ticken junge Polinnen und Polen? Wyborcza.pl 27.04.2019
Hinweis: Ein männlicher Soziologe hat es untersucht, ein männlicher Journalist geschrieben!
Die Jugend interessiert sich nicht für die Auseinandersetzungen zwischen der PiS und der oppositionellen Europäischen Koalition (Nachfolge der PO – Bürger Plattform). Die statistisch junge Polin stimmt für Biedro?, geht zu den „Schwarzen Protesten“ und studiert. Der junge Pole hingegen stimmt für den Rechtsaußen Korwin, geht zu den Märschen für Unabhängigkeit und studiert nicht.
Für die über 60 jährigen Wähler gelten noch die alten Gegner zu 85%. Je jünger Polen sind, um so mehr hängen sie den neueren Parteien an – 18-24 jährige sind nur noch zu 38 % an alten und dafür zu 58% an neuen Parteien interessiert. Sie haben kein Interesse an den Kämpfen der alten Lager.
Bei den 18 bis 30 Jährigen sind bei den Männern 29% für die extreme Rechte und 22% für die PiS, die Frauen sind mit je 27% für WIOSNA (Frühling) und die Europäische Koalition.
40% der jungen Männer und 17% der Frauen können keine gesellschaftliche Formation angeben mit der sie sich identifizieren. Die Frauen gehen zu 45% zum „Schwarzen Protest“ oder zu Demos für Gleichheit. Die Männer haben mit 20% ihre Vorliebe für Märsche der Unabhängigkeit (Nationaljugend) angegeben oder sie bleiben zu Hause. Die Männer neigen auch weitaus stärker zur Fremdenfeindlichkeit und Homophobie, des weiteren neigen sie viel stärker zu einem konservativen Rollenverhalten von Mann und Frau. Sie sind auch bereit dies mit „Manneskraft“ durchzusetzen. 48% der Männer und leider auch 39% der Frauen sind der Auffassung, dass es Situationen gibt, in denen undemokratische Regierungen notwendig sind. 30% der jungen Männer und 16% der Frauen meinen vor den Juden müsse man sich in acht nehmen und 19% Männer und 8% Frauen wollen aus der EU. Also haben 30% der jungen Polen faschistische Auffassungen.
Wie wirken sich diese Verhaltensweisen auf die Zweierbeziehungen aus? Frauen haben zu 46% einen Partner, 30% sind verheiratet und 20% sind Single. Männer dagegen haben zu 34% eine Partnerin, 15% sind verheiratet und 47%! sind Single. Ein Viertel der jungen Männer hat also keine Chance eine Partnerin zu finden, denn sie haben einen älteren Partner.
Auf das Singledasein hat auch der soziale Status und der Wohnort Einfluss, allerdings nur bei den Männern, hier sind 69% Single, die nur eine geringe Qualifizierung haben, aber nur 25% mit einer höheren Bildung. In Städten sind 37% und in den Dörfern 58% Single, bei denen ohne Einkommen 71% und mit über 4500 Zloty sind es nur 22%.
62% der Frauen verdient unter 2500 Zloty und 52% der Männer hat einen höheren Verdienst, wobei 58% der Frauen und nur 38% der Männer eine höhere Bildung hat. Statistisch gesehen haben Frauen ein höheres Bildungsniveau, haben recht liberale und progressive Einstellungen und wollen kein ungebildeten und mit Vorurteilen behafteten Männer. Wen wunderst!
Nachtrag Lehrerstreik
Im Lyzeum in Swiebodzice, wo die Bildungsministerin angestellt ist, hat nur eine Person nicht gestreikt – der Priester. Sogar die Ehefrau des PiS Abgeordneten nahm am Streik teil. Das Lehrerkollegium und die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft empören sich darüber, dass ihre Schule als Schule von Anna Zalewska (so heißt die Ministerin) bezeichnet wird. „Es ist lange her, dass sie bei uns gearbeitet hat. Sie hat mit uns nichts gemein und wir auch nicht mit ihr!“
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