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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 05/2019
Seehofer plant «Hau-ab-Gesetz» für Geflüchtete
von Rolf Euler

Das Bundesinnenministerium plant ein sogenanntes «Geordnete-Rückkehr-Gesetz». Pro Asyl hat eine ausführliche Kritik am Entwurf geübt und den zivilgesellschaftlichen Initiativen in der Flüchtlingsarbeit zur Verfügung gestellt. Proteste bei Ministerium und den Abgeordneten laufen an.
Es geht Innenminister Seehofer darum, Flüchtlinge auf jeden Fall abschieben zu können. Dazu sollen Gesetzesänderungen vorgenommen werden, sodass eine Ausreisepflicht entsteht, die «rechtsstaatliche Grundsätze gerade in ihr Gegenteil verkehrt», wie Pro Asyl schreibt.
Erstens soll für abgelehnte Asylbewerber eine Art «Nicht-Status» eingeführt werden, das ist weniger als die Duldung, die ansonsten bei Ausweisungshindernissen ausgesprochen wird – z.B. bei Krankheit oder Passverlust.
Das ebenfalls geplante Beschäftigungsduldungsgesetz würde einen «verlässlichen Status» für gut integrierte Geduldete ermöglichen, während das geplante Hau-ab-Gesetz einem großen Teil derer, die hier bleiben, durch die Abschaffung der Duldung jede Chancen auf Integration verweigert. Für den Fall, dass sie sich die Abschiebehindernisse «zurechnen» lassen müssen (also dafür verantwortlich gemacht werden, dass sie nicht abgeschoben werden können, was den Ausländerbehörden viel Spielraum für Willkür lässt), sollen ihnen Arbeits- und Bildungsmaßnahmen genommen werden. Kommen Geflüchtete aus sogenannten «sicheren» Staaten, soll es keine Duldung mehr, nur eine Bescheinigung über ihre Ausreisepflicht geben.
Pro Asyl verweist auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass eine Duldung nicht verweigert werden kann, wenn nicht abgeschoben werden kann. Damit wäre der geplante «Nicht-Status» mit der bisherigen Rechtsprechung nicht vereinbar. Ein Entzug der Duldungspflicht würde Geflohene eher in die Illegalität, mindestens in eine sozial unzumutbare Prekarität und anscheinend gewollte Perspektivlosigkeit abdrängen.

Zweitens geht es um eine Verschärfung des Abschiebehaftsrechts. Abschiebehaft darf nicht in Justizvollzugsanstalten stattfinden, weil es keine Strafhaft ist. Pro Asyl kritisiert auch, dass der Entwurf sich gegen Europarecht und bestimmte Grundgesetzartikel stellt, wenn die Gründe für eine Abschiebehaft über alle Maßen ausgedeht würden.
Geht es nach den Plänen des Innenministeriums, wird Abschiebehaft eher die Regel als die Ausnahme. Es will eine «erweiterte Vorbereitungshaft» eingeführen, die schon einsetzen soll, wenn eine Abschiebung vorbereitet wird, was Pro Asyl ganz klar als «Beugehaft» kritisiert. Dabei soll eine Verlängerung der Haft um zwölf Monate möglich sein!

Drittens kritisiert Pro Asyl, dass Verfahrensgarantien des Haftrechts für Geflüchtete abgeschafft werden:
«Wesentliche Verfahrensgarantien sollen nicht mehr gelten: Der Bundesgerichtshof als zentrale Entscheidungsinstanz für Abschiebungshaft soll nur noch in Ausnahmefällen angerufen werden. Gleichzeitig soll in bestimmten Fällen auf eine persönliche Anhörung verzichtet werden, ebenso auf einen Haftantrag – und wenn doch einer gestellt werden muss, werden die Begründungsvoraussetzungen reduziert. Begründet werden diese maßlosen Einschränkungen damit, dass die derzeitige Praxis für die anzuwendenden Behörden nicht praktikabel sei. Tatsächlich: Die Praxis zeigt, dass im Bereich der Abschiebungshaft oft rechtswidrig gehandelt wird. Der BGH korrigierte seit 2015 jede dritte Entscheidung, d.h. jede dritte Haft war rechtswidrig … Anstatt rechtmäßiges Handeln sicherzustellen, will die Politik nun genau den Rechtsweg abschneiden, der rechtswidrige Inhaftierungen verhindert bzw. beendet.»

Besonders kritikwürdig ist viertens die geplante Regelung, dass Informationen über geplante Abschiebungen eine Straftat sind, die mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden soll. Hier wird sowohl gegenüber der Zivilgesellschaft, als auch gegenüber Rechtsanwälten, Journalisten und Beratungsstellen eine Drohung aufgebaut, die zur Kriminalisierung vor allem des ehrenamtlichen Engagements führt. Ausgerechnet die ungarische Gesetzgebung nimmt Seehofer sich da zum Beispiel.

Quelle: www.proasyl.de/material/vorlaeufige-stellungnahme-zum-geordnete-rueckkehr-gesetz.

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