Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 06/2019
Wahlergebnisse der EU – Wahl in Polen: Polityka, 29. 05. 2019

Wahlbeteiligung: 45,68% Mandate PiS 27, KE 22 , Wiosna 3 und es gibt ein Ost – West – Gefälle

Die PiS erzielte den höchsten Stimmenanteil im Südosten mit 65,7% und den geringsten im Nordwesten mit 36,85%.
Die Koalition erreichte im Norden mit 50% die meisten Stimmen und im Südosten 21,5 %
In Warschau die Koalition 45% und die PiS 32%
Im oberschlesischen Industriegebiet: 43% PiS und 40% die Koalition

PiS triumphiert bei Europawahlen Polityka, 29. 05. 2019

Ohne wenn und aber gewann die PiS die Europawahlen und das, obwohl diese Wahlen für ihre Wähler von geringer Bedeutung waren. Die radikale Polarisierung brachte mehr Wähler zu den Urnen und die PiS erreichte fast 6 Millionen Wähler. Soviel Unterstützung hatte noch keine Partei in den letzten 30 Jahren. Die Partei die die Demokratie vernichtet, wird zum größten Sieger demokratischer Wahlen. Und dies obwohl seit den Kommunalwahlen die Affären und Krisen immer mehr in das Licht der Öffentlichkeit kamen. Aber offensichtlich sehen sie sich nur den öffentlich-rechtlichen Propagandasender TVP (TVPiS) und die Mutter aller alternativen Fakten von Radio Maryja TRWAM an.
Die oppositionelle Koalition für Europa (KE) war ein Zusammenschluss von Parteien, wie der größten unter ihnen PO (Bürgerplattform), der SLD (Bündnis der Demokratischen Linken), der PSL (Bauernpartei) und den Grünen. Das Ergebnis war recht schwach. So werden wohl die einzelnen Parteien überlegen, ob sie bei den Parlamentswahlen im Herbst nicht doch einzeln antreten, um dann zu koalieren.
Die Partei WIOSNA (Frühling) und Razem sind einzeln gestartet. Dabei erzielte Razem etwas über 1% und Wiosna konnte mit 6,6% punkten, allerdings weniger als erwartet. Aber für ihr erstes Antreten zu einer Wahl beachtlich. Dabei gibt es Beispiele, wo dann die Parteien wieder von der Bildfläche verschwanden, oder sich in einer „Symbiose“ auflösten, wie „Ruch Palikota“ und in ihm andere kleinere linke Parteien. Es gibt Stimmen, die verlangen, dass WIOSNA in das Konglomerat dieser Koalition eintritt. Eine Koalition, die sich gebildet hat mit ihren alten Politikern, die in der Vergangenheit im Grunde genommen durch ihre verfehlte Politik erst der PiS ermöglichten die Regierung zu übernehmen. Es ist zu hoffen, dass sich WIOSNA eher am linken Flügel umsieht und dort Verbündete, wie Razem, sucht.
Wer die abgegebenen Stimmen zusammenrechnet, da kommen auf die Koalition und Wiosna nur 120.000 Stimmern weniger als für die PiS, also doch kein überragender Sieg der PiS?

Die andere Seite der Medaille studioopinii.pl 30.05.2019

Der Autor des Artikels lässt eine Frau aus Stettin zu Wort kommen, die im Komitee zur Verteidigung der Demokratie ist. Sie geht auf den Sieg der PiS ein und auch darauf, dass es nicht nur ein West-Ost-Gefälle, sondern auch ein Stadt – Land – Gefälle bei den Wahlen gibt. Sie klagt die Städter mit Bildung, gutem Einkommen und sozialem Engagement an, die sich über die Landbevölkerung erheben und lustig machen über Menschen, die an der Leine des Pfarrers seien, die wie Vieh darniederknieen. Diese gebildeten Städter kennen diese Menschen, ihr Leben und ihre Probleme nicht. Sie kämpfen um die Minderheiten, um Frauenrechte und verstehen nicht, dass für die alleinerziehende Halina mit vier Kindern diese 500+ ihr die Würde mit den zusätzlichen 2000 Zloty gibt. Die Halinas können den Kindern und für sich Sachen kaufen, die sie sich vorher nicht leisten konnten, die etwas mehr Farbe in ihren Alltag bringen. Lacht auch nicht die Rentner aus, die eine Zusatzrente bekamen und die PiS wählten. Viele von ihnen leben auch an der Armutsgrenze. In all den Jahren hat sich niemand um sie gekümmert.
Gebildete engagierte Städter sollten auch für die Rechte jener kämpfen, die am Rande der Gesellschaft leben (müssen). Macht keine Programme, fahrt zu ihnen und hört ihnen zu wie sie leben, welche Ängste sie umtreiben. Sonst bleiben diese Eliten unter sich mit ihren Losungen, mit ihren Programmen. Wir sollten auch den Menschen, die auf der Mappe geteilt sind in Ost und West, Stadt und Land die Chance geben ihren Platz haben. Es ist beschämend mit welcher Arroganz so manche gebildeten und engagierten Menschen auf das „ungebildete“ Landvolk herabsehen. Auf diese Weise kann kein demokratisches Polen für alle erreicht werden.

Das Gericht findet statt www.tygodnikpowszechny.pl 20.05.2019

Die liberalen katholischen Wochenzeitung „Tygodnik Powszechny” setzt sich schon seit Jahren mit dem Missbrauch durch Priester auseinander, jetzt haben sie in einem Link alle Artikeln zugänglich gemacht.
Diesmal nimmt der Priester und Psychotherapeut Prusak S. J. Stellung zu den Missbrauch durch Priester. „Wir haben es hier mit einer der größten Krise innerhalb der katholischen Kirche seit der Reformation zu tun. Schließlich sind es keine Aliens, die Kinder in der Kirche missbrauchen und auch keine Feinde der Kirche beauftragen Priester dazu!“ Nach dem Film können die Menschen nicht mehr gleichgültig bleiben. Danach kann es nicht mehr als ein Versäumnis oder Unglück abgetan werden. Die Stimme der Opfer ist wichtig und sie gehört vor ein Gericht. Der Autor berichtet hier wie er vor einem Kirchengericht als Priester und Psychotherapeut Opfer vertreten hat. Bei seinen Aussagen hatte er das Gefühl als wäre er der Angeklagte. Wie muss es erst ein Opfer empfunden haben. Die Priester fragten ihn auf eine Weise aus, dass er anfing sich zu verteidigen. Er hatte das Gefühl solange er etwas nicht beweisen würde, wäre er unglaubhaft. Das Procedere mag sich etwas verändert haben, aber dem Opfer wird es schwer fallen sich mit den Funktionären der Kirche zu messen. Und es fehlt die Anwesenheit des Bischofs – er muss dem Zeugnis der Opfer mit eigenen Gefühlen ausgesetzt sein, um die Tragik der Opfer zu begreifen. Bei den Aussagen gegenüber kirchlichen Amtspersonen muss das Opfer Stillschweigen über alles geloben (dies wird im Film auch anschaulich dargestellt), was dazu führt, dass sie weitere Hilfe nicht in Anspruch nehmen dürfen und das Opfer mit seinen Schmerzen allein bleibt. Aus seinem Schmerz wird ein Geheimnis, dass die Institution schützt. Die Opfer selbst haben innerhalb der kirchlichen Institution keine Rechte, sie erfahren nicht wie sich die Angelegenheit entwickelt, was mit dem Täter geschieht, das ist allein die Angelegenheit des Vorgesetzten. Dies hat etwas mit der Ideologie der Priesterweihe zu tun: Der Bischof verspricht dabei öffentlich den Priester wie einen Sohn zu behandeln – hast Du was Böses getan, so werden wir das unter uns ausmachen. Hier ist eine Änderung in der Theologie erforderlich. Und solange es keine Kommission gibt, an der auch weltliche Personen teilnehmen, kann nicht mit gutem Gewissen davon ausgegangen werden, dass die Angelegenheit der Opfer in guten Händen ist. Solange dies nicht geschieht sind die Aussagen der Bischöfe, dass das Opfer im Zentrum steht, wenig glaubhaft. Die Kirche hat auch keine Experten, die den Opfern helfen könnten. Bisher haben sie nur formell und rechtlich Aussagen aufgenommen. Aber Experten müssten Therapeuten sein, die mit traumatisierten Opfern sich auskennen. Aber die Kirche hat kein Vertrauen zu weltlichen Fachleuten, so nach dem Motto. „Nur ein geweihter Priester kann einen Priester verstehen“ - dies sagen sogar Priester, von denen es nicht zu erwarten wäre. In Polen dominiert der Klerikalismus und „Priester ist der Vertreter Jesu – doch wie Jesus selbst...“, wie es ein Pfarrer im Film über einen pädophilen Priester zweifelnd sagte.
Die Eltern müssen offen mit den Kindern reden, diese müssen wissen was Recht und was Unrecht ist im Umgang mit ihnen, die Eltern müssen offen sein. (Da sagt doch der Vorsitzende der Bischofskonferenz, dass die Gefahr des Missbrauchs in der frühen sexuellen Aufklärung der Kinder liegt!)
Erzbischof Charles Scicluny kommt auf Einladung der Polnischen Bischofskonferenz am 13./14. Juni zu ihrer Sitzung nach Swidnica. Sie haben sich verkalkuliert, ihm sollte nämlich vorgeführt werden, auf welch verantwortliche Weise sie mit den diesbezüglichen Forderungen des Papstes umgehen. Nun ist diese Krise ausgebrochen und es ist davon auszugehen, dass der Gast über die Probleme orientiert ist. Schließlich hat ER in Chile die Untersuchungen geführt, die zum Rücktritt der Bischofskonferenz geführt hat. Es ist zu erwarten, dass der Papst ihn bezüglich Polen mit Vollmachten versehen hat.

Sag es auf jeden Fall jemanden ebenda

Agata Diduszko von der Stiftung „Fürchtet Euch Nicht“ sagt, dass sie es nicht mehr schaffen allen Meldungen, die nach dem Film hereinkommen, nachzukommen. Innerhalb von 6 Tagen haben sie 200 Mails erhalten. Telefonisch sind sie jeden Dienstag zu erreichen – in den letzten zwei Monaten waren es 33 Gespräche, am Dienstag nach der Aufführung des Films allein neun. Viele berufen sich auf den Film, sagt auch eine Redakteurin der katholischen Monatsschrift „Wiez”, die zusammen mit dem Warschauer „KIK – Klub der Katholischen Intelligenz“ und der Stiftung der Psychologischen Hilfe in Warschau ein Telefon zur Unterstützung der „Verletzten durch die Kirche“ geschaffen haben. Auch bei dem Autor des Films haben sich Opfer gemeldet und auch er ist nicht in der Lage gleich allem nachzukommen. Die Redakteurin von „Wiez” betont, dass es den Opfern, die sich melden, nicht in erster Linie darum geht selbst psychologische oder rechtliche Hilfe zu erhalten, sondern um den Schutz von potentiellen Opfern, denn noch leben ihre Täter. Schließlich ging es in dem Film auch den Opfern nicht darum ihre Wunden öffentlich zu machen, sondern die anderen Opfer zu ermuntern aus ihrem Leben der Angst, des Unrechts und der Scham auszubrechen.

Chef der Stiftung „Fürchtet Euch Nicht“ abgesetzt Wyborcza.pl 30. 05. 2019

Marek Lisinski, der Vorsitzende der Stiftung, die sich für Opfer von Priestern einsetzt, hat am 29.Mai seinen Rücktritt eingereicht. Es ist durch die Gazeta Wyborcza herausgekommen, dass er von Opfern Geld nimmt. Er hat Katarzyna, gleich nachdem bekannt wurde, dass sie von der Kirche 1 Million Zloty bekommt, angeschrieben und um ein „Darlehen“ gebeten. Dies würde er für seine Krebsbehandlung brauchen. Sie war nur verwundert, dass Lisinski in der ganzen Zeit, in der er sich angeblich einer schweren OP und Behandlung unterzog, ständig Interviews dem Fernsehen gab. Für die Teilnahme am Film „Nur sag es niemanden“ verlangte Lisinski 50.000 Zloty. Daraufhin hat der Autor auf ihn verzichtet, schließlich war der Film durch Spenden finanziert und keiner der dort gezeigten Opfer hat Geld verlangt. Es gibt inzwischen auch Zweifel, ob Lisinski ein Opfer von Priestern ist. Nach der Aufführung des Filmes gingen auf das Konto der Stiftung durch Zuschauer 200.000 Zloty ein. Der Vorstand untersucht jetzt die ganze Angelegenheit, zumal Lisi?ski Zugang zu dem Konto hatte, obwohl er beteuert sich nicht daran vergriffen zu haben. Bis zur Klärung des Sachverhalts gibt der Vorstand der Stiftung keine Erklärung heraus.

Ein Fond für Opfer von Priestern? Wiadomosci.wp.pl 17. 05 2019

Der Primas von Polen, sehr bewegt von dem Film „Nur sag es niemanden“, hat vorgeschlagen ein kirchlichen Fond zu Gunsten der Opfer einzurichten.
Dagegen meint der Krakauer Jesuit Isakowicz-Zaleski zuerst sollte die luxuriöse Residenz von Erzbischof Paetz, der Kleriker missbraucht hat, liquidiert werden und dazu auch die von Primas Kowalczyk, der es vertuscht hat. Sie können in ein Seniorenheim für Priester ziehen. Das gleiche sollte für Kardinal Dziwisz, dem ehemaligen Krakauer Erzbischof und vormaligen Sekretär von Papst JP II gelten. Er bewohnt mit seinem italienischen „Kammerdiener“, der auf merkwürdige Weise zum Diakon geweiht wurde, ein ganzes Haus im Zentrum von Krakau. Sein Vorgänger, Kardinal Macharski, hingegen wohnt in einem Kloster.

Dieser emeritierte Kardinal Dziwisz erklärte, dass der heilige Johannes Paul II. unschuldig sei, weil er von den Vorgängen über Missbrauch durch kirchliche Amtspersonen nichts gewusst habe. Dziwisz muss es ja wissen, schließlich war er Sekretär und hat darüber gewacht, wer und was den Papst erreicht. Da stellt sich natürlich die Frage, ob er nicht auch zur Verantwortung gezogen werden muss. Schließlich gab es zur Amtszeit von JP II und Dziwisz spektakuläre Fälle, wie der von Erzbischof Paetz, wo erst eine persönliche Freundin von Wojtyla nach Rom geschickt werden musste, weil die wiederholten Nachrichten den Papst nicht erreichten.
Sensibilität und Verantwortung Brief der Polnischen Bischofskonferenz an die Gläubigen
Der Ständige Rat der Polnischen Bischofskonferenz hat nur 11 Tage nach dem Erscheinen des Filmes: „Nur sag es niemanden“ einen Brief verfasst, der am Sonntag den 26. Mai in (fast) allen Kirchen verlesen wurde. Wie es aussieht haben die Bischöfe dazugelernt. Keine Vorwürfe über Attacken auf die Kirche, keine Entschuldigungen, die immer unglaubwürdiger klagen. Aber dafür wird von einem großem Problem gesprochen, das die Kirche hat. Es wird auch die als Kind missbrauchte Frau, die im Film auftritt, zitiert: „Das was der Priester mit mir gemacht hat, hat mir eine große Wunde in meinem erwachsenen Leben hinterlassen. Immer noch habe ich Albträume, es ist tief in mir drin.“ und ein andere wird zitiert, dass solche Opfer aus dem Blickfeld der Kirche verschwinden. Die Bischöfe bekennen, dass sie Schuld auf sich geladen haben. Waren vorher abwehrende und abwertende Stimmen zu hören, so wird den Opfern und den Filmemachern gedankt. Die Opfer werden aufgefordert kirchliche und staatliche Stellen zu informieren. Ob das der Anfang eine Umkehr ist?
Priester haben sich geweigert diesen Brief der Bischofskonferenz zu verlesen. Am 25. 5. wurden dem Internetportal wp.pl bis zum frühen Abend 60 Fälle genannt. So hat ein Pfarrer in Kielce eine Predigt gehalten, in der er von Feinden der Kirche sprach, die auf das spucken, was die Kirche am Guten vollbringt. Ein anderer sagte, er liest nicht Briefe, die gegen die Kirche gerichtet sind. Ein Redakteur des katholischen Nachrichtendienstes berichtete, dass dieser Brief bei einer Pressekonferenz durch Primas Polak vorgestellt wurde. Der Vorsitzende Gadecki und sein Vize Jedraszewski waren nicht bei der Pressekonferenz. Sie waren im Vorfeld mit recht fragwürdigen Äußerungen aufgefallen.

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