Diesmal sind auch die Studierenden dabei
von Violetta Bock
Nach dem lächerlichen Klimapäckchen der Bundesregierung wird am 29.11. erneut zum Klimastreik aufgerufen. Diesmal unter dem Hashtag NeustartKlima. Denn vom 2. bis 13.Dezember treffen sich Politiker aller UN-Staaten in Madrid auf der Weltklimakonferenz, um die Einhaltung der internationalen Klimaziele zu überprüfen.
Fridays for Future ebenso wie führende Wissenschaftler kritisieren, dass die Bundesregierung nicht nur an ihren internationalen Verpflichtungen zur Einhaltung des 1,5°-Ziels scheitert, sondern sogar an ihren eigenen – deutlich darunter liegenden – Klimazielen für die Jahre 2020 und 2030. In der Ankündigung heißt es: «Am 29.?November gehen wir deshalb einen Schritt weiter. Ja, wir werden wieder die Straßen fluten – aber nein, wir werden nicht nur streiken. Wir gehen in Klassenzimmer und Parteibüros, in Einkaufszentren und auf öffentliche Plätze, zu Infrastrukturprojekten und auf Straßenkreuzungen, vor Kraftwerke und in die Fußgängerzonen.»
Am 20.9. war die Stoßrichtung #AllefürsKlima, um explizit auch alle NichtschülerInnen aufzurufen. Diesmal geht es um «Überall fürs Klima». Direkt aufgegriffen haben diesen Aufruf die Students for Future, die Studierenden AG von Fridays for Future.
Public Climate Schools
In über 50 Städten von A wie Aachen bis W wie Würzburg werden vom 25. bis 29.11. im Rahmen der Klimastreikwoche Public Climate Schools an Hochschulen und Universitäten stattfinden, die ein neues Denken in die Institutionen bringen soll. Die Hochschulen sollen geöffnet werden, anstelle der normalen Lehrveranstaltungen wollen die Studierenden gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen verschiedenster Fachrichtungen, aber auch mit Schülerinnen und Beschäftigten über Wege aus der Klimakrise sprechen. Lehrende sind daher aufgerufen, in dieser Woche ihre Seminare und Vorlesungen mit dem Schwerpunkt Klima zu gestalten.
Die Hochschulen sollen damit ihrer Verantwortung gerecht werden, Orte zu sein, an denen Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit gefunden werden. Die Veranstaltungen werden öffentlich stattfinden, um vorhandenes Wissen für alle Menschen zugänglich zu machen. 250 Erstunterzeichnete und hunderte weiterer ProfessorInnen, DoktorInnen und DozentInnen haben den Aufruf unterschrieben.
Die Studierenden AG sucht dabei aktiv den Schulterschluss mit den Gewerkschaften, so etwa auf dem Ver.di Bundeskongress. Auf der Internetseite gibt es eine extra Seite mit Informationen für Gewerkschaften. Dort ruft sie dazu auf, «die letzten Betriebsversammlungen des Jahres 2019 in diese Woche zu legen und die Versammlungen zu nutzen, mit uns in den Austausch zu treten. Lasst uns im Betrieb diskutieren, wie Belegschaften, Betriebsräte, Gewerkschaften und Klimabewegung zusammenarbeiten können, um gemeinsam die drohende Klimakatastrophe abzuwenden!»
Eine Betriebsversammlung zu umweltpolitischen Angelegenheiten ist nach §45 BetrVG sogar ausdrücklich zulässig. Voraussetzung ist lediglich, dass ein Bezug zum Betrieb oder den dort beschäftigten Menschen hergestellt wird (Fitting §45 Rn.14).
Manche Betriebe lassen die Beschäftigten auch am Klimastreik teilnehmen. Die Gruppe Entrepreneurs For Future mit inzwischen über 4000 UnterzeichnerInnen gibt Tipps zum Thema: «Wie motiviere ich meinen Chef?» – etwa indem man den Ausflug als Teambuilding-Event verkauft.
Kein Preis fürs Klima, aber ein Tarif??
Um mehr Druck und Öffentlichkeit aufzubauen, wird das alles langfristig nicht reichen. Marktkonforme Antworten auf die Klimakatastrophe wie die Bepreisung von CO2-Emissionen sind abzulehnen. Ähnlich wie beim Frauenstreik geht es darum, die betriebliche und gewerkschaftliche Klimapolitik weiter zu forcieren.
Laut Tarifvertragsgesetz ist ein Streik zulässig zu allen tarifierbaren Themen, d.h. wenn sie von den Tarifvertragsparteien auch in einem Tarifvertrag geregelt werden können. Eine politische Forderung an die Bundesregierung kann in keinem Tarifvertrag geregelt werden. Wie lässt sich Klimaschutz also auf die betriebliche und gewerkschaftliche Ebene herunterbrechen? Betriebsräte haben etwa kein Mitbestimmungsrecht im Bereich betrieblicher Umweltschutz, sehr wohl aber, wenn er sich mit den Belangen von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz verbinden lässt.
Im Tarifvertragsgesetz gibt es neben Lohn- und Manteltarifvertägen auch Tarifverträge mit besonderem Regelungsgegenstand, z.B. Rationalisierungsschutz oder auch Ökologie. 1994 etwa wurde ein Tarifvertrag zwischen der IG Bau Steine Erden und dem Unternehmerverband Umweltschutz und Industrieservice e.V. abgeschlossen. Darin wurden in bezug auf den Umweltschutz ein Beratungsrecht, die Einrichtung eines Umweltausschusses mit Einspruchsrecht bei Veränderungen und Neueinführung von Produktionsprozessen und Produkten, sowie Möglichkeiten zur Fortbildung in Fragen des Umweltschutzes u.a. vereinbart.
Die Gewerkschaft Holz und Kunststoff hat in zwei Firmen durch einen Haus- bzw. Firmentarifvertrag Beteiligungsmöglichkeiten für den Umweltschutz eingerichtet. Es ließe sich also durchaus weiter prüfen, wie der Streik als Mittel für den Klimaschutz genutzt werden kann. Dabei müssen die Beschäftigten natürlich an Bord sein. Die Public Climate School und weitere Formate zur gemeinsamen Bildung und zum Austausch können dafür einen guten Rahmen bieten.