An den Rand notiert
von Rolf Euler
Meine Lokalzeitung legt regelmäßig eine Werbung des örtlichen Elektronik-Supermarkts bei. «Faszinierende» Gimmicks für zu Hause, unterwegs oder auf der Arbeit – und in zunehmendem Maße Geräte, die mit Fingerabdrucksensoren. Stimmprofil oder Gesichtserkennung einzuschalten sind. Von der hochgerüsteten Fähigkeit der modernen Smartphones, Gesichter auf Fotos, Orte wo man sich aufhält, Beziehungen zu Freunden und Familie nicht nur zu speichern, sondern in großen Serverfarmen, in der «Cloud» zu lagern und anderen verfügbar zu machen, ist dabei natürlich nicht die Rede. Auch nicht vom Zugriff der Geheimdienste je nach deren Bedarf.
Die Verwendung der persönlichen Daten für profilbezogene Werbung ist ja nichts Neues, neuer ist die Erhebung und Weiterverwendung von Gesundheitsdaten. Smartwatches registrieren Blutdruck, Puls, Schrittzahlen, Orte des Aufenthaltes, bis hin zum Schlafverhalten und – zusätzlich – die Bezahlmöglichkeiten durch NFC-Funktionen. Wer diese «Uhr» auf der Arbeit tragen sollte, kann sich vorstellen, was alles in sein Profil eingeht, welche Krankheiten evtl. analysierbar sind, und damit auch die Arbeitsfähigkeit.
Die Erweiterung des persönlichen Datensatzes durch die angestrebten Funktionen der E-Gesundheitskarte wird uns als positiv dargestellt, damit Krankenkassen und Ärzte vernetzt auf Krankheitsdaten zugreifen könnten, jedoch allein die Speicherung und zentrale Auswertung der Daten erscheint schon wieder als Ausweitung des Überwachungssystems.
Dass Spionagesoftware in Barbiepuppen inzwischen verboten ist, dass Amazon und Google mit ihren Sprachassistenten ein wenig mehr überprüft werden, kann überhaupt nicht davon ablenken, dass die ständige Datensammelei zugunsten der Digitalkonzern keinerlei ernsthafter Einschränkung unterliegt und von den Elektronikkonzernen immer als Fortschritt verkauft wird, getreu dem FDP-Motto: «Digitalisierung first, Bedenken später».
Wie reagiert die Welt? Umsatzrekorde bei Apple, Huawei und Samsung werden für das Weihnachtsquartal wieder eingeplant. In einem Verkaufsprospekt wird sogar bei Abschluss eines Mobilfunkvertrags als «Gimmick» ein E-Scooter für 1 Euro angeboten! Da heißt es doch zuschlagen…!
Dagegen finde ich unterstützenswert eine Aktion von Künstlern, deren Forderungen auf eine Glastür in der Tate Modern in London projiziert wurden: «Drück die Pausentaste – gegen Gesichtserkennung – gegen Gefühlserkennung – gegen politische Vorhersage- und Zielprofilerkennung – gegen vergiftete Werbealgorithmen – gegen Verfolgungssoftware auf Webseiten!»
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen
Spenden
Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF
Schnupperausgabe
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.