Eine Chance für den Klimaschutz
von Tim Kühnel
Die Corona Krise beeinträchtigt das Leben von uns allen. Doch sie hat auch durchaus ihre positiven Seiten. Das Klima scheint sich zu erholen. Aber hat die Krise auch langfristig positive Auswirkungen auf unser Klima und was können wir aus ihr lernen?
Nach Wochen der Einschränkungen unseres Lebens zeigen sich immer deutlicher positive Auswirkungen auf unser Klima. So geht zum Beispiel der Gehalt von Stickstoffdioxid (NO2) zurück. NO2 entsteht vor allem bei Verbrennungsprozessen in Motoren, Industrieanlagen oder Kraftwerken – diese stehen während der Krise vermehrt still. Die Luftverschmutzung geht nicht nur in den Metropolen Chinas zurück, sondern auch in Europa, laut der Europäischen Umweltagentur sogar mancherorts um 50 Prozent. Auch die Emissionen des Treibhausgases CO2 gehen zurück, dies hängt jedoch auch damit zusammen, dass wir wegen der steigenden Temperaturen weniger heizen. Die NGO «Agora Energiewende Deutschland» meldete jüngst, dass Deutschland wohl das Klimaschutzziel 2020 erreichen wird.
Doch sollten wir uns nicht zu früh freuen. Wenn wir ein Klimaschutzziel nur mit solch radikalen Maßnahmen erreichen, ist es das wohl kaum wert, zumal das Klimaschutzziel 2020 gemessen am Pariser Klimaschutzabkommen völlig unzureichend ist. Auch stellen Klimaexperten klar, dass die aktuellen positiven Auswirkungen langfristig dem Klima nicht helfen. Die Reduzierung der Luftverschmutzung wird ein Einmaleffekt sein, so wie auch damals 2009 nach der Wirtschaftskrise. Es wird erwartet, dass es nach der Krise einen sog. Reboundeffekt geben wird, dass also nach dem Lockdown die Emissionen wieder in die Höhe schnellen. Vor allem die Wirtschaft wird vermutlich die entstandenen Schäden durch eine erhöhte Produktion kompensieren und somit mehr Emissionen ausstoßen als zuvor.
Martin Cames vom Öko-Institut warnt auch, dass nach der Krise Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in den Hintergrund rücken könnten, weil die Bekämpfung der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Krise Vorrang erhält. Schon jetzt hat der Wirtschaftsrat der CDU eine Überprüfung der Klimavorgaben gefordert.
Dennoch erlauben die aktuellen Einschränkungen einen Blick auf eine emissionsärmere Zukunft. Wenn wir also auf dem Balkon sitzen und beobachten, wie die Tiere sich wieder mehr in die Stadt trauen, der Himmel wieder blauer wird und wir in der Zeitung lesen, dass in Venedig die Fische wieder in die Kanäle schwimmen und das Wasser kristallklar wird, dann sollten wir uns Gedanken machen, was wir aus der Krise lernen können. Denn ob wir nach dieser Krise in einer klimafreundlicheren Welt leben, hängt davon ab, welche Schlüsse wir aus den Auswirkungen dieser Pandemie ziehen. Aktuell lernen wir, die Pandemie gemeinsam, nachhaltig und solidarisch zu bewältigen. Diese Lehre sollten wir auch auf die Klimakrise anwenden. Wir sollten uns die Frage stellen: Warum schaffen wir es in der aktuellen Krise, auf Experten zu hören, und bei der Klimakrise nicht? Wir haben jetzt die Möglichkeit, aus der Krisenerfahrung eine Krisenbewältigungserfahrung zu machen.
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