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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 07/2020

Ein Wiederaufbaufonds
dokumentiert

Einen der innovativsten Vorschläge macht das spanische Non-Paper*, das die Regierung am 19.April eingereicht hat. Er besteht in der Einrichtung eines Fonds, der von einer eu­ropäischen Daueranleihe in Höhe von rund 1,5 Billionen Euro gespeist wird – das sind 10 Prozent des BIP der EU.

Den Mitgliedstaaten würden daraus Subventionen, nicht Kredite, über den EU-Haushalt zur Verfügung gestellt und zwar im Verhältnis zu den Belastungen, die ihnen entstanden sind (Anteil der betroffenen Bevölkerung, Rückgang des nationalen BIP, Anstieg der Arbeitslosigkeit usw.).
An diesem Plan sind mehrere Punkte bemerkenswert. Zu­nächst der Vorschlag einer Daueranleihe. Eine Daueranlei­he wird, wie der Name schon sagt, niemals getilgt, es werden nur die Zinsen gezahlt. (Einen ähnlichen Vorschlag hatte übrigens Yanis Varoufakis, damals griechischer Finanzminister, im Jahr 2015 für Griechenland gemacht, ohne Er­folg.) Der Haushalt der Eurozone würde als Sicherheit eingesetzt. Die Märkte müssten allerdings bereit sein, eine solche An­leihe zu zeichnen – sie hätten also auch in diesem Fall das letzte Wort. Die Daueranleihe würde auf europäischer Ebe­ne ausgegeben und die Zinsen aus einer europäischen Steuer gezahlt.
Die Financial Times hat die Vorzüge dieses Vorschlags als «un­abweislich» bezeichnet: Zum einen weil der Umfang auf der Höhe der Krise ist: der Fonds soll mit 10 Prozent des EU-BIP ausgestattet werden, das entspricht ziemlich genau dem Rückgang der Wirtschaftsaktivität. Zum zweiten weil er die wirtschaftlichen Differenzen zwischen den Ländern verringert und eine Steuerharmonisierung auf europäischer Ebene befördert.
Die Financial Times schreibt weiter: «Das einzige Argument, das man wirklich gegen diesen Plan vortragen kann, ist sehr einfach: Es gibt Leute, die es lieber sehen, wenn jedes Land für die eigenen Bürger alleinverantwortlich ist. Sie sollten dann aber auch so ehrlich sein einzugestehen, was das für Folgen hätte. Wenn die Antwort auf die Krise vor allem eine nationale bleibt, wird Europa wirtschaftlich noch stärker aus­einanderdriften, und das möglicherweise auf Dauer. Wenn das passiert, dann war es gewollt und kein Unfall.»

Anmerkung der Redaktion
Am 18.Mai stellten die französische und die deutsche Re­gierung gemeinsam der Öffentlichkeit den Vorschlag eines Wiederaufbaufonds vor. Er lehnt sich an den spanischen Vorschlag an, ist aber mit 500 Milliarden deutlich geringer ausgestattet.
Wenn ihm alle EU-Mitgliedstaaten zustimmen, kann die Eu­ropäische Kommission über gemeinsame europäische An­leihen am Kapitalmarkt Geld aufnehmen und zusätzlich zum EU-Haushalt in den kommenden drei Jahren an Regionen und Wirtschaftsbereiche, die besonders durch die mit der COVID-19-Pandemie verbundene Wirtschaftskrise (EU) geschädigt wurden, als nichtzurückzahlbare Zuschüsse auszahlen.
Die EU-Kommission hat am 27.Mai den Vorschlag um weitere 250 Mrd. Euro ergänzt zu einem Aufbauplan Next Generation EU.
Die Regierungen der Niederlande, Österreichs, Dänemarks und Schwedens lehnen den Vorschlag bislang ab. Er wäre ein Bruch mit dem bisherigen Prinzip, dass Haushaltspolitik nicht vergemeinschaftet wird und die Einzelstaaten keine Haftung für andere Länder übernehmen.
Doch die ablehnende Front bröckelt. So haben am 12.Mai die drei wichtigsten Wirtschaftsverbände Deutschlands, Frankreichs und Italiens (BDI, Medef und Confindustria) in einer gemeinsamen Stellungnahme einen «umfassenden gesamteuropäischen Plan» gefordert. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) und der Mittelstandsverbund (ZGV) äußerten sich grundsätzlich positiv.

*Ein Non-Paper ist ein inoffizielles Arbeitsdokument ohne formellen Status.

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