Gigafactory für Tesla-Autos
von Rolf Euler
Kennen Sie das Theaterstück von Dürrenmatt Der Besuch der alten Dame? Die Pläne des amerikanischen Milliardärs Elon Musk erinnern irgendwie daran – warum wohl?
Wie kann man gegen Tausende von Arbeitsplätzen sein, wenn sie doch im strukturschwachen Brandenburg entstehen sollen?
Wie kann man gegen Elektroautos sein, wenn sie doch den Verkehr der Zukunft bilden sollen?
Wie kann man gegen das 400-Millionen-Investitionsprojekt des amerikanischen Milliardärs sein, der bei und in Berlin «endlich» in Europa produzieren will?
Ich bin dagegen:
– weil 150 Hektar Wald schon gerodet werden, obwohl die endgültige Baugenehmigung noch aussteht,
– weil Tesla Autos für die oberen hunderttausend baut – schnell, teuer, stromfressend, platzverbrauchend,
– weil die Versprechungen der E-Mobilität in bezug auf den Umweltschutz nicht eingehalten werden,
– weil die Fabrik mit dem Wasserhaushalt in dem wasserarmen Brandenburg verschwenderisch umgehen wird,
– weil der Bedarf an Lithium nur unter skandalösen Förderbedingungen in Südamerika möglich ist,
– weil es unbedingt nötig ist, jetzt von der Individualmobilität mit Privat-Pkw runterzukommen zugunsten des öffentlichen Verkehrs,
– weil Investitionen des Elon Musk stets zur Bereicherung von sich und anderen Milliardären dienen – siehe jetzt auch die «private» Raumfahrt auf Kosten der Steuerzahler in den USA.
Tesla Modell 3 ist ein Auto, das mindestens um 1800 Kilogramm wiegt. Das 350–450 Kilometer mit einer Akkuladung fahren können soll. Das 230 km/h schnell ist. Und das 45000–60000 Euro kostet.
Elon Musk weiß, warum er in die Nähe von Berlin geht:
– Autobahn- und Eisenbahnanschlüsse und der neue Flughafen in unmittelbarer Nähe.
– Günstige und geschulte (und von der IG Metall unterstützte) Arbeitnehmer vor Ort.
– Europäische Absatzmärkte vor der Tür.
– Ein Andreas Scheuer als Verkehrsminister, der sich gegen Tempolimits auf die Straße wirft.
– Ein Land der Autofahrerlobby, die alles tut, um Umwelt- und Verkehrswendeabsichten entgegenzutreten.
– Ein Land, das die Kaufprämie für E-Autos gerade auf 6000 Euro aufgestockt hat – als «Konjunkturhilfe». Dafür wird das Basismodell ganz bestimmt netto unter 40000 Euro gedrückt werden können.
Eine Bahnstrecke soll näher an das geplante Werk verlegt werden, obwohl man damit rechnet, dass die überwiegende Zahl der Beschäftigten mit dem Auto kommt. Eine Anbindung an die Autobahn für die Just-in-time-Lastwagenlieferungen. Gut für den Milliardär. Schlecht für Umwelt und Verkehr.
Dürrenmatts Besuch der alten Dame entzweit eine Stadt – der «Besuch» von Musk entzweit unser Land erneut. Die Reaktion der IG Metall auf das Konjunkturpaket der Regierung gibt eine Ahnung davon.
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen
Spenden
Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF
Schnupperausgabe
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.