Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Polnische Presseschau 14. August 2020

Ergebnisse der ersten Wahlrunde

stimmten für:Andrzej DudaRafal Trzaskowski
Schüler und Studenten15,6 %27,4 %
Grundschulabgänger70.4 %12,6 %
18 – 29 jährige20,3 %24,5 %
Senioren 60+59,8 %30,7 %
Landbevölkerung55,9 %19,6 %

Die Prognosen für die zweite Wahlrunde gehen von einem Kopf an Kopf Rennen aus.

Präsident Duda begnadigt Kinderschänder onet.pl 04. 07. 2020

Wie bekannt wurde, hat Präsident Duda im Zusammenhang mit dem Ende seiner Amtszeit im März Begnadigungen ausgesprochen. Die Begnadigung eines Kinderschänders hat viel Empörung und Diskussionen ausgelöst. Dieser hatte über Jahre die Tochter missbraucht, hatte seine Strafe abgesessen und bei Mutter und Tochter gewohnt, obwohl ihm das Gericht Kontaktverbot auferlegt hat. Der Präsident hat diese Anordnung aufgehoben. Duda begründet es damit, dass es sich um den Haushalt des Vaters handeln würde, indem er inzwischen wohnen würde. Also ist der Täter den Auflagen des Gerichts nicht nachgekommen, was anschließend von Duda gutgeheißen wurde. Nach der Auffassung von Duda handelt es sich hier um eine Familienangelegenheit, schließlich hätte die Geschädigte dem Täter verziehen! Die Mutter und die Tochter haben sich darum bemüht den Mann zu begnadigen, weil sie in einer großen finanziellen Not waren. Dabei gab es ursprünglich einen Fond für Opfer, das dem Justizminister unterstellt war. Dieser hat diesen Fond allerdings rechten Organisationen übertragen, die mit der Kirche verbunden sind. So beißt sich die Katze in den Schwanz. Des weiteren erklärt Duda sein Vorgehen damit, dass es nicht zu einer Vergewaltigung gekommen wäre, da es nicht vaginal geschehen wäre. Dazu sagt die Rechtsprofessorin Platek, dass der Präsident mit dieser Auffassung in einer schändlichen Weise falsch liegen würde, indem er Missbrauch auf diese Weise anatomisch einengt. Zudem wäre es dann die Aufgabe des Gerichts das Urteil anzufechten. Es gibt viele andere Beispiele, wo mit aller Schärfe des Gesetzes vorgegangen wird, wenn z. B. ein Kind der Mutter abgenommen wird, weil sie mit einem Verbrecher Kontakt hat. Aber da handelt es sich um einfache Leute ohne Einfluss.

Duda und sein Stab werfen Deutschland eine Einmischung in den polnischen Wahlkampf vor. Der Grund ist die Veröffentlichung dieses Vorgangs in „Fakt“, die dem Springer Konzern gehört, allerdings hatte bereits vorher die „Rzeczpospolita“ diesen Vorgang veröffentlicht.

Bischof Edward Janiak muss die Diözese verlassen POLITYKA, 01. 07. 2020

Die kirchlichen Mühlen zeigten, wenn sie nur wollen, können sie auch schnell mahlen.

Janiak hat Priester, die Kinder missbraucht haben, versteckt, indem er sie von einer Pfarrei zur anderen versetze. (Dies ist in der 142 Ausgabe näher beschrieben.)DerFilm, der ihn als Antihelden bekannt gemacht hat, führte dazu, dass der Primas diese Information an den Vatikan weiter leiten musste. Woraufhin Janiak den Primas öffentlich attackierte. Bisher war es nicht üblich, dass die Bischöfe dies öffentlich taten. Kenner der Szene nehmen an, dass Janiak seinen Kollegen deutlich machen wollte, dass auch sie anklagt werden könnten.

Während im Vatikan über sein Los eine Entscheidung anstand, wurde durch die katholische Zeitschrift „Wiez” bekannt, dass Janiak den Rektor des Priesterseminar zwang einen angehenden Seminaristen weiter studieren zu lassen, gegen den ein Verfahren wegen des Besitzes von Pornografie mit Minderjährigen anstand.

Zu der Zeit wurde Janiak auch ins Krankenhaus mit Verdacht auf Herzinfarkt eingeliefert. Dabei hätte jeder im Krankenwagen bei einem 3,44 Promille den Alkohol riechen können. Normalerweise ist davon auszugehen, dass in einem solchen Fall die „Bediensteten“ Exzellenzio ins Bett legen und evtl. am nächsten Morgen den Arzt rufen. Schließlich sind die Exzellenzen und Eminenzen in ihren Palästen von einem Stab an Bediensteten umgeben.

Über Jahre war bekannt was sich in den kirchlichen Kreisen tut, zumal bei ihren Fürsten. Aber der Corpsgeist hielt alle zusammen. Ja, nach dem Film KLER und dem ersten Film von Sekielski „Sag es niemanden“ kam die Kirche in die Kritik und die Exzellenzen rückten zusammen, sprachen gar von einer Verfolgung der Kirche ähnlich wie in den 50. Jahren, als Wyszy?ski im Gefängnis saß.

Nach Ansicht des Geistlichen und Prof. Kobylinski der kath. Uni Warschau ist es eher ein Zufall, dass es gerade Bischof Janiak erwischte - die Sache ist zu publik geworden – an seiner Stelle könnten viele andere stehen mit noch schwereren Delikten. Bisher fühlten sich die Herren sicher. Aber der Papst hat die Vorschriften verschärft, er kann sogar Bischöfe absetzen. Kobylinski sieht auch kaum Chancen zu einer Verbesserung der Situation in der polnisch-katholischen Kirche. Wenn auch der eine oder andere Bischof abginge, auf seinen Platz kommt ein anderer, der vielleicht noch schlimmerer ist. Wenn die Alten gehen,heißt es nicht, dass es besser wird, schließlich haben die Alten die Jungen gebildet! Wenn sich nichts außergewöhnliches ereignet, wird es wohl zu dem irländischen Model kommen, Menschen verlassen die Kirche (nach Corona sollen 40% der Praktizierenden nicht mehr zurück gekehrt sein), was die Kirche schwächt und aus diesen Ruinen kann dann eine Bessere aufgebaut werden. Denn bisher werden wohl die Regeln des Vatikans nicht viel bringen, denn es wurde dort beschlossen, dass Bischöfe gegen Täter und ihre Unterstützer vorgehen werden, anstatt der kirchlichen Laien. In der Kirche wird es unruhig. Unter den Priestern kreist eine Liste mit Namen von Bischöfen, die „Helden“ weiterer Anzeigen sein sollen.

Die Unantastbarkeit der Bischöfe scheint zu bröckeln. Werden sie jetzt vernünftig oder ziehen sie sich noch tiefer in einer Trotzburg zurück?

Massenerkrankungen im oberschlesischen Bergbau wzz.org.pl 10. 06.2020

Nachdem es in Oberschlesien immer mehr Erkrankungen an Covid 19 gab, hatte der Minister für Gesundheit schon überlegt diese Region zu sperren. Ähnlich wie bei uns im Bereich der „Fleischindustrie“, hat sich offensichtlich dort niemand klar gemacht, dass die Arbeits- und Wohnumstände die Ausbreitung begünstigen.

Jetzt ruft die Gewerkschaft „Solidarnosc“ nach dem Premierminister, der den Kohlebergbau retten soll, denn der Minister für Energie Jacek Sasin wäre nicht kompetent dafür. Zu der ganzen Angelegenheit nimmt Boguslaw Zietek, Vorsitzender der Gewerkschaft Sierpien 80 /August 80 in einem Interview Stellung. Hier Auszüge davon:

Ich habe keine Sympathie oder Antipathie für Minister Sasin, aber ich glaube auch nicht, dass das Problem darin besteht, wer die Bergbauindustrie im Moment beaufsichtigt, ob es nun Jacek Sasin oder Premierminister Mateusz Morawiecki ist. Außerdem weiß ich nicht, woher dieser Enthusiasmus und die Gewissheit meiner Kollegen von der "Solidarnosc" kommt, dass Premierminister Morawiecki eine Art Rettung für die Bergbauindustrie ist. Nach dem, was ich von seiner Geschichte weiß, ist er ein Banker - ich entschuldige mich für den Ausdruck - und er ist ziemlich skeptisch gegenüber der Schwerindustrie und insbesondere gegenüber dem Bergbau. Deshalb kommt es mir so vor, als ob man einem Pädophilen die Verantwortung für Kinder überträgt. Verzeihen sie den Vergleich.

Wir sprechen von einer vorübergehenden Stilllegung der Zechen, die drei Wochen dauern soll. Während dieser Zeit werden sie nicht die volle Fördermenge gewährleisten.

Es ist eine gute Entscheidung, aber sie kommt zu spät. Sie hätte mindestens einen Monat früher genommen werden müssen, als wir die ersten Massenerkrankungen in den Zechen hatten. In den Zechen von Sosnica, Jankowice, Staszic.

Indem sie zur Arbeit gingen, haben diese Menschen nicht nur sich selbst, sondern auch andere angesteckt. Wenn wir beschlossen hätten, die Zechen für einen längeren Zeitraum zu stoppen, hätten wir andere nicht gefährdet.

Die Spezialisten sagen, dass drei Wochen die richtige Zeit sind, denn in dieser Zeit kann das Coronavirus bei denen, die es haben, auftreten und es deaktivieren. Dann hätten wir weniger Infektionen, und wir hätten sicherlich eine bessere soziale Situation in Schlesien.

Der gesamte Zeitraum des Mai, in dem das Systemversagen enorm war, machte die Menschen wütend. Sie sind wütend, dass sie unter Quarantäne gestellt werden mussten, dass sie anderthalb Monate in ihren Häusern sitzen mussten und im Grunde nichts mit ihnen unternommen wurde.

Der Premierminister war vor einigen Tagen hier, und als er ging, erklärte er, dass alles in Ordnung sei, dass alles unter Kontrolle sei. Die Tagesstatistiken zeigten dagegen einen dramatischen Anstieg der Krankheitsfälle unter Bergleuten.

Diese Entscheidung die Zechen zu schließen ist gut, kommt aber zu spät. Im Moment ist die Situation so, dass wir so viele Menschen in Quarantäne haben, dass wir uns mit denen befassen müssen, die entweder bereits als infiziert diagnostiziert sind oder darauf warten, dass sie solche Tests durchführen.

Allein in der Zeche Sosnica haben wir derzeit 460 Fälle, was zusammen mit den Familien fast 2000 Personen ergibt. Es gibt einen Bus, wo Teste mit einer Kapazität von 30 Tests pro Tag durchgeführt werden, also stellen Sie sich vor, wie lange diese Tests dauern werden... Zwei, drei Monate für diese eine Zeche.

Wir haben es definitiv mit einer Situation zu tun, die vorhergesehen und verhindert werden musste. Dies gilt umso mehr, als wir genügend Kohle auf den Halden haben, so dass es nicht notwendig ist, sie ständig zu fördern, um Verkäufe zu tätigen.

Wir haben auch Fälle, und die sind nicht selten, in denen ganze Familien für einen oder sogar zwei Monate unter Quarantäne gestellt werden. Dies ist eine dramatische Situation. Es mag für jemanden leicht sein, darüber zu sprechen, aber für diese Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Menschen ist es einfach ein Drama. Sie können nirgendwo hingehen, sie können nicht arbeiten.

Dies ist wirklich eine Situation, in der Wut und Frustration fast über Nacht gewachsen sind. Dies umso mehr, als die Vertreter der Regierung in die Region kamen und beim Verlassen erklärten, dass alles in Ordnung sei, dass alles unter Kontrolle sei und dass es immer besser werden würde.

Es liegt im Interesse aller, die Pandemie zu bekämpfen. Wir sollten uns nicht wundern, dass die Arbeitnehmer keine Lohneinbußen hinnehmen müssen. Es ist ein glücklicher Zufall, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad in der Bergbauindustrie fast 100 Prozent beträgt, vielleicht ist es deshalb einfacher für uns, für unsere Rechte zu kämpfen, für das, was wir verdienen.

Dies sind auch die Rechte der Beschäftigten in der Automobilindustrie oder anderen Branchen, die ohne eigenes Verschulden in dieser Zeit nicht arbeiten können. Lohnkürzungen führen nirgendwo hin, weil wir auf diese Weise die Krise nur vertiefen. So sind die Standards zivilisierter Länder, dass der Staat in besonderen Fällen die Pflicht hat, sich um die Menschen zu kümmern.

Allmählich stören sie ("Solidarnosc") sich daran, eine Lösung umzusetzen, die sowohl der epidemiologischen Situation als auch den Arbeitnehmern zugute kommt. Das klingt ein wenig falsch und unaufrichtig von Seiten der "Solidarnosc", die sich so verhält, als ob Lösungen, die gut für die Menschen sind, bei ihnen nicht willkommen sind.

Außerdem sollten sie wissen, dass ein dreiwöchiger Stillstand in den Zechen, wenn sie gut gesichert sind, nichts Ungewöhnliches ist. Wir Gewerkschafter haben in dieser Hinsicht viel Erfahrung. Es gab Streiks in den Zechen, die mehr als drei Wochen dauerten, der längste Streik dauerte vierzig Tage. Das Bergwerk wurde so gesichert, dass es nach dieser Zeit in sehr kurzer Zeit wieder in die Förderung zurückkehren konnte.

Auch jetzt, das weiß ich zu 100%, sind wir in der Lage, die Zechen so zu sichern, dass sie Anfang Juli fast sofort wieder in die volle Produktionskapazität zurückkehren können. Nur weil wir sagen, es gibt eine Ausfallzeit, heißt das nicht, dass niemand dort arbeiten wird. Es wird dort spezielle Besatzungen geben, die dafür sorgen, dass in den Zechen nichts Schlimmes passiert.

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