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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 11/2020

Eine Professoreninitiative macht dem Finanzhai den Prozess
von Peter Nowak

Ende September fand in Berlin ein Tribunal statt, das zu internationalem Widerstand gegen den Finanzkonzern aufruft.

Die Ansage war unmissverständlich: «Das Unternehmen BlackRock mit dem juristischen Sitz in der Finanzoase Wilmington in Delaware (USA) und dem operativen Hauptsitz in New York City wird aufgelöst. Das betrifft auch alle Tochtergesellschaften in den USA und im Ausland.» Dieses Urteil sprach der Privatdozent der Freien Universität Berlin (FU), Lutz Mez, am 27.September im vollbesetzen Saal des Restaurants MaMa am Pariser Platz. Als Begründung nannte er, das Unternehmen verstoße gegen wesentliche Prinzipien der Demokratie, gegen Völkerrecht und Menschenrechte sowie gegen nationale Gesetze, oder leiste Beihilfe dazu.
Das war das Ergebnis des BlackRock-Tribunals am 26.September, an dem sich etwa 150 Menschen in einem Konferenzraum auf dem Campus der FU beteiligt hatten.
Ein kleines Team um den emeritierten Politikwissenschaftler Peter Grottian und die WissenschaftlerInnen Johanna Mann und Lars Bretthauer hatte mit der Vorbereitung des Tribunals begonnen. Wegen der Coronakrise und internen Streitigkeiten stand lange Zeit in Frage, ob es überhaupt stattfinden könne. Daher war die kleine Arbeitsgruppe erleichtert, als es doch noch zustande kam. Aus Krankheitsgründen fiel auch noch mit dem Publizisten Werner Rügemer einer der Experten für das Finanzsystem kurzfristig aus. Doch am Ende gab es für die Teilnehmenden eine Menge an Daten und Fakten.
Kenntnisreich informierten zahlreiche ReferentInnen, wie der Konzern BlackRock auf den Gebieten Umwelt, Ökonomie, Mieten und Rüstung agiert. Unter die Lupe genommen wurde etwa die Rolle von BlackRock bei der Finanzierung von Rheinmetall.
Als BlackRock-Vertreter war der langjährige Konzernmanager und aktuelle Kandidat für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz geladen, der natürlich nicht erschien. Seine Rolle nahm dafür kongenial der Kabarettist Max Uthoff ein. 
Die Abschlussrunde diskutierte kontrovers, was mit den Ergebnissen des Tribunals geschehen soll. Die Journalistin Gaby Weber klagte in einer Gegenrede zum Urteil, wesentliche Bereiche der BlackRock-Aktivitäten seien auf dem Tribunal nicht zur Sprache gekommen und regte eine Berufung im nächsten Jahr an. Sie sprach auch die Schwäche der linken Bewegungen auf globaler Ebene an, sodass die Auflösung von BlackRock auf sich warten lassen dürfte.
Auch Peter Grottian beschwor den langen Atem und erklärte, weltweit werde es frühestens in Jahrzehnten Erfolge geben. Er verwies darauf, dass es bereits in vielen anderen Teilen der Welt Tribunale und andere Proteste gegen BlackRock gab und gibt.
Allerdings wurden auch im Publikum politische Differenzen deutlich. Einige RednerInnen setzen auf innerkapitalistische Reformen und regten an, EU-Beihilfen für US-Konzerne wie BlackRock oder Coca-Cola zu streichen. Andere erinnerten an das Volksbegehren «Deutsche Wohnen und Co.», das nun bald in Berlin starten soll. Auch das sei eine kleine Schlacht gegen BlackRock, erklärten AktivistInnen der Berliner Mieterbewegung. «Durch den politischen Ausverkauf von Wohnungen ist erst die Aufkäufermacht von Konzernen wie Deutsche Wohnen und Vonovia entstanden», sagte Karin Baumert von der Berliner Initiative «Zwangsräumung verhindern».
«BlackRock steht für einen verschärften Klassenkampf», meinte der Politologe Philipp Metzger, der über die Finanzialisierung des Kapitalmarkts promoviert hat und auf dem Tribunal zur Tarifflucht von Wohnungskonzernen sprach. Er erinnerte daran, dass Vonovia, einem der Immobilienkonzerne, gegen die sich das Volksbegehren richtet, das deren Enteignung fordert, auch aktive GewerkschafterInnen bekämpft.
Auffällig war, dass ein Großteil der Teilnehmenden am Tribunal zur älteren Generation gehörte. Jüngere Leute waren im Publikum in der Minderheit. Peter Grottian sprach vom Vorteil der «herrlichen Altersradikalität». Ein Mitglied der Frauenpartei korrigierte ihn und betonte die Radikalität der alten Damen. Doch vielen Teilnehmenden war klar, dass es ohne die Beteiligung der jungen Generation kaum möglich sein dürfte, BlackRock und Co. Grenzen zu setzen.
Das kleine Vorbereitungsteam will sich zunächst von den Strapazen der Kongressvorbereitung erholen, bevor es über die nächsten Schritte beraten wird. Die Stiftung Ethecon, die das Tribunal unterstützte, rief dazu auf, das Urteil in künftigen Protestaktionen und Petitionen zu nutzen.

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