Polizei als Büttel der PiSser
von Norbert Kollenda
Es ist noch nicht lange her, da wurde weltweit über brutale Polizeiwillkür gegen Schwarze in den USA demonstriert. Nun entfesselt sich diese Gewalt auch in Polen.
Viele Beobachter halten das verschärfte Abtreibungsverbot, dass das «Verfassungsgericht» auf Weisung der Regierung verfasst hat, als eine Provokation der Regierung. Sie rechnete wohl nicht mit der Wut der Menschen, die dann doch trotz Pandemie zu Tausenden auf die Straßen gingen und gehen. Diese Form des Protests ist in Polen legal.
Auf die ersten Reaktionen und Massendemonstrationen hat die Polizei noch defensiv reagiert. Sie bewachte mit einem starken Kordon von Polizeikräften das Wohnhaus von Kaczynski. Sie schützte aber auch die Teilnehmenden vor brutalen Horden der sogenannten Straz Narodowa (Nationalgarde), die mit Reizgas und Teleskopschlagstöcken bewaffnet sind.
Dies änderte sich allerdings unerwartet am 27.Oktober, als Kaczynski eine Rede hielt, bei der er zur Verteidigung von Nation und Kirche aufrief, die sich angeblich in Gefahr befänden. Nur ein gemeinsamer Kraftakt der Mitglieder der PiS, ihrer Sympathisanten und des Staatsapparats könne dies bewältigen. Seit der Regierungsumbildung ist Kaczynski als stellvertretender Ministerpräsident für Polizei, Armee und das Justizministerium verantwortlich. Übrigens hat sein Ziehsohn Ziobro, seines Zeichen Justizminister und Generalstaatsanwalt, vorgeschlagen, die Rädelsführer für acht Jahre einzusperren. In Aktion trat nun, im Gegensatz zum Chef der Polnischen Polizei Szymczyk, der Warschauer Polizeichef Dobrodziej.
Innerhalb der Polizei sind, wie schon anderswo, nach und nach die Führungskader gegen regierungstreue, oft inkompetente Leute ausgetauscht worden. In einem Schreiben rief Dobrodziej (der Name lautet übersetzt «Gutestun») die Polizei auf: «Wir verhandeln nicht, sondern handeln! Wir stellen sofort die gewohnte Ordnung wieder her.»
Es wird gehandelt, so am 18.November. Die Polizei kesselt Protestierende ein, sie müssen sich ausweisen, es bilden sich lange Schlangen, die Menschen versuchen, über Mauern und Hinterhöfe zu flüchten. In die Menschenmenge stürzt sich eine Gruppe von Männern, die mit Teleskopschlagstöcken bewaffnet sind. Auf einem Video ist zu sehen, wie einer von ihnen durch die Menge geht und brutal auf Menschen einschlägt. Die Menge ruft nach der Polizei. Am nächsten Tag zeigt sich, dass es die Spezialeinheit zur Terrorabwehr war. Sie war in Zivil und als solche nicht einmal gekennzeichnet.
W?odzimierz Czarzasty, der Vizepräsident des Parlaments (Sejm), wehrt sich gegen die anrückenden Männer und wird wegen Widerstand angeklagt. Nach Auffassung des Polizeisprechers hätte er sich denken können, dass es sich um Polizeikräfte handelte. Abgeordnete, die vermitteln und befrieden wollen und dazu ihren Abgeordnetenausweis vorzeigen, bekommen Reizgas ins Gesicht gesprüht. Polizeisprecher werfen ihnen vor, sich hinter ihrer Immunität zu «verstecken»!
Ähnlich ergeht es Medienleuten. Eine Reporterin wird festgenommen, weil beim Fotografieren das Blitzlicht den Polizisten attackiert hätte. Außerdem wäre sie keine objektive Reporterin, weil sie «Sympathien mit einer konkreten Seite pflegt» und eine Partnerin habe! Mit ihrem Vorgehen würden Medien und Abgeordnete die Ordnungsmacht behindern, die nur dafür sorge, dass die öffentliche Ordnung wiederhergestellt wird. Auf diese Weise gehen Ordnungskräfte in autoritären Ländern vor.
Erstmalig nach 1989 konnte die Polizei nicht von rechtsextremen Schlägern unterschieden werden. Und das ganze Land konnte das in unabhängigen privaten Medien sehen.
Auch gegen Minderjährige geht die Polizei vor und schüchtert sie ein. In Krapkowice sucht die Polizei zu Hause den 14jährigem Maciej auf und droht ihm mit vier Jahren Anstalt und anschließenden vier Jahren Gefängnis, weil er über Facebook den geplanten «Streikspaziergang» ankündigte. Er lässt sich nicht einschüchtern: «In Polen wird gegen die Verfassung und die Rechtsstaatlichkeit verstoßen. Das erleben wir jeden Tag. Wir werden weiterer Rechte beraubt und das akzeptiere ich nicht, deshalb nehme ich an den Streiks der Frauen teil!», und entschließt sich, politisch aktiv zu werden
Kommentatoren machen darauf aufmerksam, dass inzwischen auch die französische Polizei brutal gegen Gelbwesten und andere der Regierung unliebsame Proteste vorgeht. Eine gute Vorlage für die polnische Regierung!?
Siehe auch: www.sozonline.de/polnische-presseschau.
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