Wie weiter mit der Bewegung?
von Moritz Binzer
Mit etwa 800 Kilometern neuer Autobahn in Deutschland soll in den nächsten Jahren der Individualverkehr weiter gefördert werden. Die Besetzung im Dannenröder Wald lässt auf mehr Widerstand hoffen.
Nach der kräftezehrenden Räumung der Besetzung im Dannenröder Wald, die sich gegen den Ausbau der A49 richtete, hatten viele der BesetzerInnen ein Bedürfnis nach Pause. Regenerieren war angesagt. Dennoch wurden trotz der «Ruhepause» schon die nächsten Schritte eingeleitet: Ein wichtiges Datum wird das Klimacamp mit dem Schwerpunkt Mobilität und Verkehrswende vom 9. bis 14.April auf der Wiese am Dannenröder Wald sein. Geplant und vorbereitet wird es von der neugegründeten Initiative «Bildungszweige».
Sicher ist, dass die Internationale Automobilausstellung (IAA) vom 7. bis 9.September in München stattfinden wird. Sie soll Anlass für eine Massenaktion zivilen Ungehorsams sein und viel Aktionspotenzial für Kleingruppenaktionen bieten.
Viele AktivistInnen erhoffen sich ein zweigleisiges Vorgehen: Durch bundesweite Mobilisierung wie zur IAA oder spektakuläre Besetzungen wie im Danni kann weiter an der Delegitimierung des Modells Auto gearbeitet und die Unvereinbarkeit von Klimagerechtigkeit und fossilem Individualverkehr sichtbar gemacht werden. Gleichzeitig bestehen auf lokaler Ebene viele Möglichkeiten zu intervenieren. Sowohl in Städten als auch in den von Infrastrukturprojekten betroffenen Regionen gibt es meistens Initiativen, die schon viel Erfahrung gesammelt haben und offen für Bündnisse sind. Dadurch kann sich die Bewegung verbreitern. Gelingt es zum Beispiel, das Auto aus Innenstädten zu verdrängen, wird die Bewegung durch den Zugewinn an Lebensqualität Zuspruch erfahren.
An vielen Orten, an denen neue Autobahnen gebaut werden oder entstehen sollen, gibt es bereits Proteste und BürgerInneninitiativen. In der social-media-Arbeit der Waldbesetzung im Danni wurde oft Bezug zu diesen Projekten hergestellt. Das Bündnis «Wald statt Asphalt», das sich mit der Danni-Besetzung gebildet hat, vernetzt sich zunehmend mit anderen Projekten. Beispiele hierfür sind der Widerstand gegen die A14 bei Magdeburg und die A44 im Lossetal bei Kaufungen.
Der Versuch, den Individualverkehr durch einen technologischen Umbau vor seinem Ende zu bewahren, muss dabei von der Bewegung mit aller Deutlichkeit zurückgewiesen werden. Elektroautos stellen keine Alternative dar, sondern sind eine falsche Lösung, die ein veraltetes Verkehrsmodell zementieren und der Autoindustrie Gewinne sichern soll. In der Herstellung sind sie, wegen der energieintensiven Batterieproduktion, sogar klimaschädlicher als herkömmliche Verbrenner. Da vor allem das für die Akkus benötigte Lithium fast ausschließlich unter verheerenden Bedingungen in Ländern des globalen Südens abgebaut wird, sind E-Autos ein Produkt, das koloniale Kontinuität fortschreibt.
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