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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 02/2021

PiS kauft Pressefreiheit auf
von Norbert Kollenda

Der staatliche Mineralölkonzern Orlen hat von der Verlagsgruppe Passau «Polska Press» gekauft. Zur Verlagsgruppe gehören 20 der 24 regionalen Tageszeitungen in 15 der 16 Woiwodschaften, dazu mehr als hundert regionale Magazine und der Zugang zu 17,4 Millionen Nutzern von 500 Online-Portalen.

Polska Press ist nach Angaben von Orlen einer der größten Herausgeber mit Einkünften von 398,4 Millionen Zloty (2019). Außerdem gehört die Vertriebsgesellschaft Ruch dazu, die über Kioske und Geschäfte im ganzen Land verfügt, welche die Presseartikel verkaufen.
Alle bisherigen Bemühungen der Regierung durch eine Repolonisierung die Medien an die Leine zu nehmen, haben im Parlament bislang nicht zum Erfolg geführt. Nun ist der Regierungspartei PiS ein Coup gelungen, der weit über ihren Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Medien hinausgeht, die in den Augen vieler Polen ein reiner Propagandaapparat der PiS sind und dem Hetzsender Radio Maryja des Priesters und Medienmoguls Tadeusz Rydzyk in nichts nachstehen.
Daniel Obajtek, der Vorstandsvorsitzende von Orlen, ist ein Liebling der Machthaber. Er war einst Bürgermeister des Dörfchen Pcim, südlich von Krakau, und wurde nach der Machtübernahme der PiS mit Chefposten überhäuft. Als Justizminister Zbigniew Ziobro auch Generalstaatsanwalt wurde, zog er die Anklage gegen Obajtek wegen Korruption und Betrug zurück.
Neben den direkten Auswirkungen der Übernahme dieses großen Medienpakets machen Beobachter auch darauf aufmerksam, dass die Finanzmacht von Orlen Auswirkungen auf noch unabhängige Medien haben kann, indem Orlen seine Macht nutzt, um Werbeeinahmen entsprechend zu «steuern».
Ruch hat bereits in der Vergangenheit den Vertrieb und Verkauf von kritischen Medien zu behindern versucht, wie die Wochenzeitung Przeglad immer wieder feststellen musste.

Die liberale katholische Wochenzeitung Tygodnik Powszechny wiederum verliert nach 76 Jahren ihr Domizil. Die Räume, in der sich die Redaktion bisher befand, gehören zu dem weiten Areal des Erzbistums. Kein Wunder, hat sich Tygodnik Powszechny doch erdreistet, den Krakauer Erzbischof Je­dra­szewski wegen seiner Hasspredigten gegen eine «regenbogenfarbene Seuche» zu kritisierten. Unverständlich, denn schließlich würden echte Katholiken in ihm den Ritter der «echten christlichen Werte» sehen.

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