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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 03/2021

Betr.: Artikel von Manfred Dietenberger in SoZ 2/2021, S.8
von Paul Michel

Im Artikel «Für die Zukunft gerüstet – Der Autozulieferer ZF legt in Sachen E-Mobilität einen neuen Gang ein» stellt Manfred Dietenberger dar, woran das Unternehmen ZF, einer der größten deutschen Autozulieferer mit Sitz in Friedrichshafen, arbeitet.

Dabei spielen beim Pkw der Plug-in-Hybrid und im Bereich des ÖPNV das «autonome Fahren» von Kleinbussen und Shuttles eine herausragende Rolle. Vermisst habe ich in dem Artikel die kritische Distanz zu den vorgestellten ZF-Vorhaben.

Plug-In-Hybride
Eine Greenpeaceanalyse kommt zum Ergebnis: Sie leisten keinen Beitrag zum Klimaschutz. Die Mehrzahl der Hybridmodelle sind schwere und übermotorisierte SUVs mit einer durchschnittlichen Motorleistung von 335 PS. Tests des ADAC (!) belegen, dass der Spritverbrauch von Hybrid-Pkw im Alltag um ein Vielfaches über den Händlerangaben liegt. Hybridautos sind eine Mogelpackung. Die Modelle stoßen bis zu 500 Prozent mehr CO2 aus.

Das «autonome» Fahren»
ZF arbeitet dabei offenbar eng mit dem grün geführten Verkehrsministerium von Baden-Württemberg zusammen. Im Zentrum steht das Projekt «RABus» («Reallabor für den automatisierten Busbetrieb im ÖPNV in der Stadt und auf dem Land»). In dem gemeinsamen Pilotprojekt der Städte Friedrichshafen und Mannheim will ZF autonom fahrende Shuttles entwickeln, die die Außenbereiche von Städten an die Innenstadt anbinden sollen.
Bei näherem Hinschauen stellt man allerdings fest, dass die Betreiberfirmen hier viel heiße Luft produzieren, der reale Fortschritt ist sehr bescheiden. Aktuell scheint bei vielen Firmen der ursprüngliche Hype einer gewissen Ernüchterung gewichen zu sein.  Ford hatte 2016 ein selbstfahrendes Auto für das Jahr 2021 angekündigt, davon ist nichts mehr zu hören. General Motors hat bekanntgegeben, dass der geplante Einsatz der ersten vollautonomen Fahrzeuge des hauseigenen Startup Cruise auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Der Fahrdienstvermittler Uber rechnete 2016 damit, im Jahr 2022 bereits 13 Großstädte weltweit mit solchen Roboter-Taxis zu bedienen. Schon 2019 war Raquel Urtasun, Chefingenieurin der Uber Advanced Technologies Group, erheblich kleinlauter: «Wir werden zwar autonome Fahrzeuge noch in unserer Lebenszeit erleben. Doch die Frage nach dem Zeitpunkt ist nicht klar.»
In einem Interview mit der Würzburger Main Post fasst Alex Kirsch, Expertin in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI) und Mensch-Maschine-Interaktion, die Lage rund ums «autonome Fahren» wie folgt zusammen: «Autos, die völlig allein fahren, in denen man gemütlich ein Buch lesen darf, wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Sämtliche Hersteller versprechen nur noch Systeme, bei denen Menschen aktiv die Maschine überwachen müssen, was vermutlich anstrengender ist, als dann doch selbst zu fahren.»
Wer sich ein Bild vom Stand der Entwicklung beim «autonomen Fahren» machen will, möge einen Abstecher ins niederbayrische Bäderdreieck Bad Füssing, Bad Griesbach, Bad Birnbach machen, wo ein Projekt gibt, das gern als «Leuchtturmprojekt» verkauft wird. In einer Reportage des Deutschlandfunks heißt es dazu: «Von Technikenthusiasten wird der Bus gefeiert – doch in Bad Birnbach sind viele Fahrgäste eher ernüchtert … Die durchschnittliche Geschwindigkeit ist so drei, vier Stundenkilometer. Aber er kann schon auf acht, neun beschleunigen.» Hinzu kommen ständige Probleme: Der Bus bleibt konsequent irgendwo stehen, findet den Weg nicht mehr, legt aus unerfindlichen Gründen einen Shutdown hin und muss vom Fahrer wieder hochgebootet und weitergesteuert werden. Selbst die Junge Union distanziert sich inzwischen von dem «Kur-Ei». Diese Informationen finden allerdings keinen Weg in die überregionale Presse. 
Wieso die Unsinns- und Destruktivprojekte von ZF ein positiver Beitrag zur erforderlichen Konversion der Branche weg vom Auto hin zu Bus und Schiene sein sollen, erschließt sich mir nicht.

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