Die Corona-Schutzmaßnahmen im Betrieb sind unzureichend
von vb
«Corona-Schutz in Betrieben funktioniert anscheinend gut», so lautet ein Artikel in der ÄrzteZeitung vom 17.2.2021. Er stützt sich auf Aussagen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die BAuA hatte über 700 Fachleute aus dem inner- und überbetrieblichen Arbeitsschutz sowie aus den Aufsichtsbehörden befragt.
Na, dann ist ja alles gut? Kommt immer darauf an, wen man fragt, vielleicht ist es auch nur eine Reaktion auf die jüngsten Meldungen:
«Schlachthof in Passau stellt Betrieb nach Corona-Ausbruch ein», «Corona-Ausbruch: Ammerland-Klinik schränkt Betrieb ein», «Größerer Corona-Ausbruch in Schlachtbetrieb in Garrel», «Zwei Corona-Mutationen in Betrieb in Bremervörde entdeckt» – 12 von 50 Beschäftigten wurden bereits positiv getestet.
Die Pandemie geht in die dritte Runde und Betriebe sind Teil davon. Recherchen von Report Mainz und BuzzFeed News Deutschland enthüllten Anfang Februar: 13 Prozent der Befragten sprechen von unzureichenden Corona-Schutzmaßnahmen. Dies geht auf eine Befragung von 11000 Beschäftigten durch die Hans-Böckler-Stiftung zurück. Der Grund: Kontrollen können gar nicht überall durchgeführt werden, weil Personal fehlt oder abgezogen wurde und die Schutzregeln zu ungenau und schwer durchzusetzen sind.
Kontrollbesuche hat dagegen das Ordnungsamt in Osnabrück angekündigt, allerdings zu Hause. Denn 1000 Menschen wurden dort in Quarantäne geschickt, nachdem bei der Speiseeisfabrik Froneri in Osnabrück über 200 von 670 Beschäftigten positiv auf Covid-19 getestet wurden. Mal wieder in der Lebensmittelindustrie. Froneri ist der zweitgrößte Hersteller von Speiseeis in Europa, der drittgrößte weltweit, er arbeitet u.a. mit Mövenpick, Schöller, Landliebe. Das Unternehmen weist natürlich auf Hygieneschutzmaßnahmen hin und eine Untersuchung, die nun anstehe.
Doch selbst bei bestem Schutz kann ein solcher Ausbruch im Betrieb schnell größere Kreise ziehen, nicht zuletzt weil die britische Virusmutante teils bestätigt wurde. Die Beschäftigten pendeln aus einem Radius von 50 Kilometern: Herford, Bielefeld, Gütersloh. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kritisiert zudem den Einsatz von bis zu 350 Leiharbeiter:innen. Dies bestreitet die Firmenleitung nicht, verweist jedoch darauf, dass laut Leiharbeitsfirma niemand in der Eisfabrik und im nahegelegenen Tönnies-Schlachthof eingesetzt werde. Na, dann ist ja gut…
Das Werk ist vorerst bis Ende Februar geschlossen. Es wird sicher nicht das letzte sein.
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