Bielefeld: Kamphausen Media, 2017. 296 S., 19,95 Euro
von Rolf Euler
Mit den Veränderungen, die wegen des Klimas nötig sind, befassen sich immer mehr Sachbuchbestseller, von Hirschhausen über Frank Schätzing bis zu Maja Göpel. Einfach mal «die Welt retten», oder unsere Welt «neu denken» – das schafft einen sicheren Trend auf dem Buchmarkt. Ein Buch aus dem Jahr 2017 – es fußt auf dem gleichnamigen Film von 2015 – ist da schon fast in Vergessenheit geraten.
Es kritisiert nicht nur die zerstörerischen Tendenzen, sondern zeigt an Hand von «Best-practice»-Beispielen aus aller Welt auf, was heute schon für morgen möglich ist: Tomorrow vom Filmemacher Cyril Dion und seiner Gruppe.
Sein Motto für die filmische Reise zu solchen Initiativen: Lösungen für die tiefe Krise der Gesellschaft, die soziale Ungleichheit, die Ausbeutung von Menschen und Ressourcen, die globale Klimaentwicklung finden.
Das Buch nach dem Film wurde in Frankreich ein Bestseller. Es schildert die abenteuerliche Reise der Filmcrew zu allen Bereichen der Entwicklung: Ernährung, Energie, Wirtschaft, Demokratie und Erziehung – jeweils unterteilt in: «Die Geschichte von gestern» und dem Neuen, das für «Tomorrow – morgen» steht.
Dieselbe Klarheit und Radikalität, mit der sich Kritiker:innen äußern, kennzeichnet auch die Aktiven, deren Projekte seit Jahren laufen: radikale Änderungen in der Landwirtschaft, Städteplanung, Energiegewinnung, Bürgerbeteiligung, Geldwirtschaft, Ressourcenersparnis.
Das Buch lässt Lesende teilhaben an den neuen (eigentlich ganz alten) Anbaumethoden mit Hilfe von Baumgärten oder Permakultur mit hohen Ernteerträgen im Gegensatz zur industriellen Landwirtschaft. An der Neugestaltung von Stadt für Fahrräder und Fußgänger am Beispiel von Malmö oder Kopenhagen. Stadt ohne Müll – wie geht das in San Francisco?
Weiter geht es nach Island, wo Erdwärme und Wasserkraft kein CO2 bei der Stromgewinnung erzeugen. Und wo in einem von den Bürgern erzwungenen Verfahren gegen die Finanzmärkte nach der Währungskrise eine neue Verfassung erarbeitet wurde.
Ein gutes Beispiel, wie anders gewirtschaftet wird, bietet die Papierproduktefabrik Pocheco in Nordfrankreich. Oder Bristol mit seiner Regionalwährung. Oder die Reparatur- und Selbermacheninitiativen. Eine selbstverwaltete WIR-Bank entstand in Basel nach der Wirtschaftskrise 1929.In diesen Kapiteln kommen die unbekannteren Menschen zu Wort, die einfach «machen», aber auch Vordenker:innen des «Morgen», wie Vandana Shiva, Jeremy Rifkin u.a.
Wenn lokale Gremien wie in Bristol, Malmö oder Kopenhagen mit den Bürgeraktivisten mitziehen, lassen sich kleine Beispiele vergrößern und verallgemeinern, haben mehr Menschen Mut zum Mitmachen – gegen die Widerstände von Wirtschaft und Regierung.
Das Kapitel «Die Demokratie neu erfinden» berichtet neben Island auch aus Indien, aus der Gemeinde Kuttambakkamm, die die Bürgerversammlung als bestimmendes Element eingerichtet hat und damit die Kastentrennung in ihrer Wirkung zum Teil aufheben kann. Das Beispiel für bessere Schulen aus Finnland ergänzt die Beispiele für Bemühungen, nicht nur materielle, sondern vor allem soziale Alternativen für das Morgen einzurichten.
Dion schreibt am Ende: «Vielleicht kann man das Ganze so zusammenfassen: Dafür sorgen, dass die Menschen zusammenarbeiten, aktiv werden und sich die Hände reichen, um eine andere Welt aufzubauen.» Die Herausforderungen, die in Tomorrow von den Initiativen bewältigt werden, sind immens – das Buch macht Mut für andere, mitzumachen!
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