Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2021

Wer den Schaden hat…
von Tobias Michel

Die grün-schwarze Landesregierung in BaWü war vorgeprescht, dicht gefolgt von ihren schwarz-gelben Kumpanen aus NRW. Dann legten sich Ende September die übrigen Gesundheitsminister fest: Spätestens ab November verlieren diejenigen, die der Staat zur Unterbrechung von Corona-Infektionsketten in häusliche Quarantäne schickt, ihren Anspruch auf Entschädigung.

Das Infektionsschutzgesetz braucht nicht extra geändert werden – es bindet in §56 Abs.1 seit jeher diesen Anspruch auf fortlaufende Existenzsicherung daran, dass die Betroffenen den Impfempfehlungen der Behörden gefolgt sind.
Die Empfehlungen der Behörden, wie den Bedrohungen durch die Pandemie begegnet werden sollen, wurden in den zurückliegenden 20 Monaten wieder und wieder geändert. Die Versäumnisse der Gesundheitsministerien, sich, uns und die Betriebe angemessen vorzubereiten, zwang dazu, den Mangel zu verwalten und teilweise absurde Ratschläge zu begründen. So wurde etwa die zulässige tägliche Arbeitszeit auf 12 Stunden verlängert, das Recht auf einen freien Tag in jeder Woche aufgehoben. Das war grob falsch und ungesund. Das Vertrauen in diese Gesundheitsminister war da schnell verspielt.
Wer ihren Empfehlungen nicht folgt, wird in eine schreckliche Zwickmühle geschoben. Zunächst müssen wir ja unsere Arbeitsverhinderung durch die Quarantäne an die Personalabteilung des Betriebs melden. Bislang murrte die, zahlte dann aber einfach das Entgelt fort und beantragte dessen Erstattung bei der zuständigen Behörde. Dieser Weg wird fast blockiert. Zunächst muss und darf der Arbeitgeber nun die Frage stellen: «Sind Sie der Impfempfehlung gefolgt? Bitte legen Sie uns Ihr Zertifikat vor! Sonst stellen wir unsere Zahlung ein.»
Den Ungeimpften bleibt nur, durch – für sie kostenpflichtige – ärztliche Bescheinigung ein Hindernis für ihre Impfbereitschaft zu belegen. Sonst bleiben sie auf dem Schaden durch die behördlich veranlasste Quarantäne sitzen. Pandemieminister Spahn beschreibt das als «fair – warum sollen andere dafür zahlen, dass jemand für sich entscheidet, sich nicht impfen zu lassen». Andere, das sind die Gesundheitsbehörden.
Nicht alle sind überrascht, wenn die freie Entscheidung der Einzelnen auf eine harte Probe gestellt wird. Diejenigen, die zu Hause sitzen und ihre Aktienfonds beobachten, sind da ein wenig freier als diejenigen, die für ihren Lebensunterhalt täglich ihre Arbeitskraft verkaufen müssen.

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