Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

Hier können Sie jetzt Spenden
PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 02/2022

Eine Untersuchung von Christoph Butterwegge
von Angela Klein

Die gespaltene Republik
Armut und soziale Ungleichheit in Deutschland
isw-report Nr.127
November 2021

Das Virus macht keine sozialen Unterschiede. Die Pandemie aber trifft in Deutschland auf eine Situation sozialer Ungleichheit, die fast an die in den USA heranreicht – und verstärkt sie. In seinem Beitrag über «Ungleichheit im ‹Corona-Kapitalismus› der Gegenwart», den er zwischen dem 1.1.20 und dem 4.6.20 erstellt hat, betont Christoph Butterwegge: Wer arm ist, muss eher sterben.

Das Infektionsrisiko hängt maßgeblich von der Arbeits-, Wohn und Lebenssituation ab: Gegenüber erwerbstätigen Versicherten hatten Bezieher:innen von Arbeitslosengeld I ein um 18 Prozent höheres, Bezieher:innen von Arbeitslosengeld II sogar um 84 Prozent höheres Risiko, mit Covid-19 im Krankenhaus zu landen.
Das Virus bildet die Klassengesellschaft nicht einfach ab, es spaltet die Klasse. Seine Hauptopfer sind Obdach- und Wohnungslose, Strafgefangene, Geflüchtete, Werkvertragsarbeiter:innen, Migrant:innen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus, Menschen mit Behinderungen, Pflegebedürftige, Suchtkranke, Prostituierte, Erwerbslose, Geringverdienende, Kleinstrentner:innen, Bezieher:innen von Transferleistungen (ALG II, Sozialgeld, Grundsicherung im Alter, Asylbewerberleistungen). Sozial bedingte Vorerkrankungen wie Adipositas (Fettleibigkeit), Asthma, Diabetes oder eine Raucherlunge, katastrophale Arbeitsbedingungen sowie beengte und hygienisch bedenkliche Wohnverhältnisse erhöhen das Risiko für eine Infektion bzw. für einen schweren Krankheitsverlauf.
In der Pandemie haben diese Schichten ihre Einkommensgrundlage vielfach verloren, ihre Einkommen sind gesunken, sie sind überdurchschnittlich von Konkursen oder von Entlassungen betroffen. Ihr Verschuldungsgrad steigt: Die Girokonten der im Niedriglohnsektor Beschäftigten sind überdurchschnittlich ins Minus geraten, dafür müssen hohe Überziehungszinsen gezahlt werden. Aber auch Kommunen haben sich stärker verschuldet: Gewerbesteuereinnahmen sind entfallen, Sozialausgaben gestiegen: «Die öffentliche Armut hat zugenommen.»
Die 1,5 Billionen Euro Coronahilfen haben die soziale Ungleichheit noch verschärft. Direkte Finanzhilfen, Bürgschaften und Kredite kamen nämlich in erster Linie großen Unternehmen zugute, während kleine und mittlere Unternehmen mit einmaligen Zuschüssen unterstützt wurden. Das Hauptziel der Finanzhilfen lag auf der Stabilisierung der Liquidität bzw. der Wiederherstellung der Profitabilität von Unternehmen, nicht auf der Existenzsicherung der Hauptleidtragenden. Einer wie Dieter Schwarz, Eigentümer von Lidl und Kaufland, bereicherte sich in der Corona-Zeit um fast 42 Milliarden Euro; BMW schüttete 2020 1,7 Milliarden Euro Dividende aus.

Teile diesen Beitrag:
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen

Spenden

Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF


Schnupperausgabe

Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.