Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 02/2022

Die SoZ schließt sich der großen Zahl von Protesten gegen die Absicht der britischen Regierung an, den Whistleblower Julian Assange an die USA auszuliefern
von Rolf Euler

Nachdem Anfang 2021 ein britisches Gericht die Auslieferung Assanges an die USA abgelehnt hatte, weil sein gesundheitlicher Zustand nach zwei Jahren Isolationshaft eine solche nicht erlauben würde – der UNO-Sonderberichterstatter für Folter sprach allerdings von Folter wegen der Haftbedingungen in England – hat ein Berufungsgericht, das von den USA angerufen wurde, im Dezember hat dieses Urteil geändert.

Es beruft sich auf angebliche Zusagen der US-Administration und hält eine Auslieferung demnach für rechtens.
Erinnert sei an den ausführlichen Genfer Aufruf zur Freilassung von ­Assange vom Juni 2021, der von Tausenden unterschrieben wurde. Dort heißt es:
«Insbesondere enthüllte er ein ­Video der amerikanischen Armee, das das Massaker an einem Dutzend Zivilisten, darunter zwei Journalisten, aus einem Hubschrauber zeigt. Die von WikiLeaks veröffentlichten Dokumente enthüllten Handlungen und Operationsmethoden, die gegen die Genfer Konventionen und die Menschenrechte verstoßen. Keiner dieser Verstöße und Kriegsverbrechen wurde strafrechtlich verfolgt, während die Person, die sie aufdeckte, seit mehr als zehn Jahren der Verfolgung ausgesetzt ist. Dies ist das ultimative Paradoxon, eine eklatante Verweigerung der Gerechtigkeit, eine Beleidigung der Menschenwürde und eine schuldhafte Missachtung der Rechtsstaatlichkeit.
Julian Assange muss sofort freigelassen werden, da es keine Rechtfertigung dafür gibt, ihn so lange in nahezu vollständiger Isolation zu halten. Die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen gegen willkürliche Inhaftierungen prangert die illegale Gefangenhaltung von Julian Assange seit mehr als fünf Jahren an…
Julian Assange muss sofort freigelassen werden, weil seine Enthüllungen einem grundlegenden und wesentlichen öffentlichen Interesse dienen. Die Bürger haben nicht nur ein Recht zu wissen, sie müssen es wissen.»
Das PEN-Zentrum hatte vor zwei Jahren einen Aufruf gestartet, Assange aus der Haft zu entlassen. Assange wurde im November zum Ehrenmitglied des Deutschen PEN-Zentrums ernannt. Am 10.Dezember 2021 schrieb das Internationale PEN-Zentrum:
«Die heutige Nachricht von der Entscheidung des Londoner High Court, die Auslieferung des ­WikiLeaks-Gründers und Publizisten Julian Assange in die USA zu genehmigen, ist ein schockierender Schlag gegen die Pressefreiheit, mit weitreichenden Folgen für investigativen Journalismus in aller Welt. Der Supreme Court als Berufungsinstanz muss diese Entscheidung aufheben und die politisch motivierte Auslieferung von Assange verhindern. Zugleich fordert der PEN unverändert, die Anklagen gegen Assange fallenzulassen. Gesetze gegen Spionage dürfen nicht gegen Journalisten und Publizisten angewendet werden, die Informationen von öffentlichem Interesse veröffentlichen.»
Der Schriftsteller Eugen Ruge schreibt in der Zeit: «Worum es hier geht, ist, dass statt des Verbrechers derjenige plattgemacht werden soll, der das Verbrechen offengelegt hat. Das ist Mafia … Wenn Assange ausgeliefert und verurteilt wird, ohne dass die europäische Politik ernsthaft zu intervenieren versucht, disqualifiziert sie alle ihre zukünftigen Warnungen im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit in anderen Ländern zum hohlen Gerede.» Dem ist nichts hinzuzufügen.

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