Das Transsexuellen-Gesetz (TSG) ist diskriminierend und entwürdigend. Trans-Personen leiden unter dem Gesetz. Nun soll es endlich abgeschafft werden.
von Ravi T. Kühnel
«Wie oft masturbieren Sie?» «Tragen Sie gerne Damenunterwäsche?» Dies sind nur einige der Fragen, die Trans- und nichtbinäre Personen beantworten müssen, wenn sie ihren Namen und Personenstand ändern lassen wollen. Allein für diese Änderung benötigen sie Gutachten von zwei verschiedenen Personen, die von dem ansässigen Amtsgericht zugeteilt werden und die man zudem selbst zahlen muss.
Für diesen Schritt der Transition sind meist über 2000 Euro fällig und man muss intimste Fragen von wildfremden Menschen über sich ergehen lassen, nur damit die einem die eigene Geschlechtsidentität bestätigen.
Es gab bereits mehrere Anläufe, dieses entwürdigende Gesetz abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Sie scheiterten, obwohl das Verfassungsgericht Teile des TSG für verfassungswidrig erklärt hat. Ein Selbstbestimmungsgesetz würde z.B. die Verpflichtung zum Gutachten abschaffen und durch eine selbstbestimmte Erklärung zu Namen und Geschlecht ersetzen.
Weitergehend geht es um Änderungen im gesundheitspolitischen Bereich. Etwa das Behandlungsmethoden wie z.B. die Bartepilation oder Epithesen als Kassenleistung gelten. Mastektomien gibt es zum Beispiel für Cis-Männer ohne psychologische Begleitung und ohne Anstand bezahlt. Für Trans-Personen nicht. Diese müssen teils Monate darum kämpfen und die Operation entweder teilweise oder komplett selbst bezahlen.
Auch der letzte Versuch, das TSG abzuschaffen scheiterte. Im Frühjahr 2021 hatten FDP und Grüne zwei getrennte Anträge eingereicht. Diese wurden gemeinsam mit weiteren queerpolitischen Anträgen abgelehnt. SPD, Grüne und FDP stimmten der Abschaffung zu, der Rest dagegen.
Die Sozialdemokraten hatten wenige Tage zuvor einen Beitrag zum Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie auf Twitter veröffentlichten und schrieben: «Wir sind rot in einer Welt voller Farben.» Dann stimmten sie jedoch gegen die Abschaffung. Sie verteidigten sich mit dem Argument, die Entwürfe seien nicht gut.
Im aktuellen Koalitionsvertrag wurde ein Selbstbestimmungsgesetz versprochen, es ist bereits in Arbeit. Bis es in Kraft tritt, wird es aber noch dauern. Denn der Referent:innenentwurf wird erst von relevanten Verbänden überprüft, dann überarbeitet, kommt dann ins Kabinett und wird, wenn er dort abgesegnet wurde, dem Bundesrat vorgelegt. Der Gesetzentwurf wird im Ausschuss behandelt, dann geben die Minister:innen der Länder ihre Meinung ab. Dann geht es zurück an die Regierung. Dann beginnt erst der parlamentarische Prozess. Dort braucht es mehrere Lesungen, Arbeit in den Bundestagsausschüssen und Abstimmungen.
Zeitlich können wir frühestens nach der parlamentarischen Sommerpause mit Änderungen im Namensrecht und Geschlechtseintrag rechnen, bei dem Thema Gesundheit kann es nochmal Monate dauern, da es hier auch durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen muss.
Trans- oder nichtbinäre Personen hoffen und warten nun also auf die kommenden Gesetze. Sie würden ihren Weg vereinfachen, ihnen ihre Würde zurückgeben und sie auch finanziell entlasten. Was für die meisten Menschen nur ein Gesetz ist, ist für Trans-Personen ein großes Stück Lebensqualität und Gerechtigkeit.
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