Wer profitiert?
von Gaston Kirsche
Staatliche Förderungen für neue energiesparende Häuser wurden Ende Januar gestoppt. Seit Ende Februar werden wieder Sanierungen vorhandener Bauten gefördert, ab März gibt es wieder Förderungen für Neubauten. Wer profitiert nun von all dem?
Nach dem Schock des Förderungsstopps stellte die Bundesregierung Mitte Februar neue Bundesfördermittel für energieeffiziente Gebäude in der Höhe von rund 9,5 Milliarden Euro bereit. Mit diesen Geldern sollen neben Neuanträgen auch die Ende Januar leer ausgegangenen Altanträge für Neubauten abgebaut werden. Die ab März geplante Förderung für Neubauten soll auf ein Jahr beschränkt werden und maximal eine Milliarde betragen.
Das Ende der Neubauförderprogramms war insbesondere für finanzschwache Baugruppen eine Herausforderung: «Wir mussten kurzfristig alle weiteren Umsetzungsschritte und Ausgaben stoppen», so Wiebke Hansen von der Baugruppe Wohnen hoch drei eG, «das ganze Projekt und das gemeinschaftliche Leben standen in Frage.»
Am südlichen Stadtrand von Hamburg will die kleingenossenschaftliche Baugemeinschaft zwei miteinander verbundene mehrgeschossige Häuser in Holzbauweise mit dem hohen Energiestandard EH40plus errichten: 24 Wohnungen für 33 Erwachsene und 24 Kinder, samt Gemeinschaftsräumen und Garten. «Die Stadt Hamburg fördert sozialen Wohnungsbau von kleingenossenschaftlichen Baugemeinschaften ziemlich gut, wenn mindestens 70 Prozent der Parteien unter eine Einkommensgrenze fallen. Die Mieten werden dann gedeckelt und je nach Einkommen gefördert, dafür sind die Wohnungsgrößen begrenzt.»
Baugemeinschaften dieser Art gibt es viele – meist ist das Geld knapp, die Bundesförderung daher dringend notwendig. Denn diese ermöglicht auch durch günstige Darlehen gerade finanzschwachen Baugruppen mit wenig Eigenkapital den Zugang zum Kapitalmarkt.
In Zukunft sollten nur noch Häuser der Kategorie EH40 gefördert werden, also Häuser, die lediglich 40 Prozent der Energie eines Standardhauses verbrauchen. Beim Hamburger Bauprojekt machte die gestrichene Förderung rund 13 Prozent der geplanten Baukosten aus. Betroffen hat der Förderungsstopp also vor allem kleingenossenschaftliche Baugruppen mit relativ wenig Eigenkapital.
Grund für das abrupte Förderende war eine Antragsflut für EH55-Häuser (die 55 Prozent eines normalen Hauses verbrauchen), eine Kategorie, die Ende Januar auslaufen sollte, was auch Grund für die vielen Anträge war. Aber auch Anträge für EH40 waren nicht mehr möglich.
Ein Kardinalfehler der Förderung war, dass sich der Standard EH55 bereits als Standard durchgesetzt hatte und somit auch das gefördert wurde, was ohne Zuschuss gebaut worden wäre. So wurde die Baubranche subventioniert, wobei die klimapolitischen Auswirkungen minimal blieben.
Das Ende der EH55-Förderung hatte noch die alte Bundesregierung angekündigt, Bundeswirtschaftsminister Altmaier sah sie als Förderung der Baubranche, gerade in Corona-Zeiten.
Wem hat die KfW-Förderung vor allem genutzt?
Kleingenossenschaften, die auf Fördermittel angewiesen sind, oder großen Bau- und Immobilienkonzernen? Hinweise liefert die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von Caren Lay von der Fraktion Die LINKE. Für den Zeitraum von Anfang 2017 bis Mitte 2021 gibt es keine Aufschlüsselung nach Bauträgern. Auffällig ist jedoch eine Verschiebung der Förderung weg von der Sanierung von Altbauten hin zum Neubau.
Für die zweite Jahreshälfte 2021 liegen detailliertere Daten vor: «In der Tat wurden in der Vergangenheit vor allem Privatpersonen und private Unternehmen gefördert», so Caren Lay zum Autor. Da verwundert es nicht, dass neben den kaum wahrgenommenen Protesten der Kleingenossenschaften vor allem die großen Immobilienverbände lautstark gegen das Ende der Förderung protestierten – obwohl sie nicht darauf angewiesen waren.
«Zudem war es schon auffällig», so Lay, «dass nach der Verkündung des Förderstopps eine weit größere öffentliche Protestwelle ausbrach als etwa bei der Kürzung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau.»
Für die EH40-Förderung soll laut Bundeswirtschaftsministerium 2022 eine Milliarde Euro bereitgestellt werden. Ab 2023 soll es ein komplett neues Förderungsprogramm «Klimafreundliches Bauen» geben, in dem nicht nur der Energieverbrauch eines Gebäudes gewertet wird, sondern die gesamte Klimabilanz – von der Herstellung der Baustoffe bis hin zur Entsorgung der Bauabfälle. Alle Bauvorhaben müssen nun entsprechend umgeplant werden.
Aber: «Mit der Nachricht von Habeck, dass die Förderung für unseren hohen Energiestandard in Kürze wieder beantragt werden kann, war der schlimmste Spuk nach einer Woche vorbei», resümiert Wiebke Hansen von der Hamburger Genossenschaft, «jetzt hoffen wir auf eine Überbrückungshilfe durch die Stadt, wenn wir wissen, wie groß die Förderlücke ist.» Es sollte schnell gehen, eine lange Verzögerung würde höhere Kosten verursachen.
Völlig offen ist, ob das neue Programm auch eine soziale Komponente enthält. Für Caren Lay ist klar: «Energetische Sanierung darf nie zu einer sozialen Falle werden. Es muss darum gehen, dass die Mieter:innen nicht am Ende die Zeche zahlen.»
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