Das offene Abgeordnetenbüro linxxNet der Partei Die LINKE in Leipzig
startet eine erfolgreiche Plattform für die Unterbringung von Geflüchteten
vom linXXnet-Kollektiv
Wie kann praktische Solidarität in Zeiten des Krieges aussehen? Als linXXnet hatten wir keine Zeit für lange Debatten, sondern entschieden bereits wenige Tage nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine, dass wir bei der Unterbringung von ankommenden Flüchtenden unterstützen möchten.
Nachdem die ersten Zimmerangebote individuell bei uns gelandet waren, war die Entscheidung schnell gefallen: Wir starten eine virtuelle Plattform. Unter linXXnet.de/ukraine schufen wir eine Art «schwarzes Brett» für Unterbringungsangebote und -gesuche.
Die Resonanz war von Anfang an riesig: Über 1300 Anzeigen wurden seit Anfang März geschaltet, weit über 1000 Menschen konnten über unsere Plattform in private Quartiere vermittelt werden. Die Kontaktaufnahme erfolgt in der Regel virtuell. Nach Prüfung und Freischaltung der Angebote können Geflüchtete selbst Kontakt zu den Wohnungsgeber:innen aufnehmen.
Eine kleine Belastungserprobung erfuhr unser Server, als die Leipziger Partnerstadt Kiew auf ihrer Website auf unsere Unterbringungsbörse aufmerksam machte, auch das ukrainische Fernsehen berichtete. Uns erreichten, weit über Leipzig hinaus, neben Angeboten von Privathaushalten auch solche von Hotels, Ferienwohnungseigentümer:innen und sozialen Trägern.
Mehr als ein schwarzes Brett
Auch durch die Vernetzung mit der hiesigen Zivilgesellschaft wuchsen die Aufgaben rund um die Unterbringungsbörse. Wöchentlich gibt es einen festen Termin mit dem neu gegründeten Verein Leipzig helps Ukraine und der Kontaktstelle Wohnen, die Geflüchteten beim Finden eigenen Wohnraums unterstützt. Leipzig helps Ukraine war lange Zeit am Leipziger Hauptbahnhof präsent, wo Flüchtende direkt ankamen. Von dort erreichten uns zunehmend direkte Vermittlungsersuche, sodass wir zusätzlich zur virtuellen Plattform am 12.März eine Hotline starteten.
Von 8 bis 24 Uhr betreut das linXXnet-Kollektiv diese gefragte Telefonnummer, vermittelt Suchende direkt telefonisch an solidarische Leipziger:innen und beantwortet Fragen rund um die Aufnahme, Versorgung und Betreuung von Geflüchteten. Daneben werden auch Anzeigen auf Aktualität überprüft und Öffentlichkeitsarbeit gemacht.
Die Unterbringungsbörse kann nur mit dem Engagement so vieler Menschen funktionieren. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass wir damit das drängende Problem der Unterbringung der vielen Flüchtenden nicht lösen können.
Es braucht langfristige Perspektiven
Auch wenn die anfangs unübersichtliche Situation sich inzwischen ordnet, die Stadt Leipzig Notunterkünfte ans Netz bringt und auch erste Wohnungsanmietungen durch Geflüchtete bekannt sind, nutzen viele solidarische Leipziger:innen und Geflüchtete das Angebot der Unterbringungsplattform weiter. Mit dem Angebot konnte und kann flexibel auf den akuten Bedarf reagiert und der Solidarität vieler Menschen ein konkreter Ausdruck verliehen werden.
Wir fordern seit Wochen von der Stadt und dem Land, dass staatliche Strukturen für eine mittelfristige gute Unterbringung der Ukraine-Geflüchteten sorgen. Notunterkünfte sind keine adäquate Dauerlösung. Auch für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, wie Beeinträchtigungen oder Pflegebedürftigkeit, braucht es adäquate Lösungen, die bisher fehlen.
Drittstaatler:innen fallen häufig hinten runter
An Grenzen stoßen wir im Rahmen der Unterbringungsbörse, wenn es um Drittstaatler:innen geht, die ebenfalls aus der Ukraine geflüchtet sind. Ihr Aufenthalt ist nicht nur durch die Bundesregierung nicht zweifelsfrei gesichert (so legt eine Verordnung des Bundesinnenministeriums fest, dass diese vorübergehenden Schutz nach §24 Aufenthaltsgesetz nur in Anspruch nehmen können, wenn sie «nicht sicher und dauerhaft in ihr Heimatland zurückkehren können»), ihnen schlägt auch der Rassismus von Behörden und Gesellschaft entgegen, wenn ihnen bei der Einreise Pässe abgenommen werden, oder es schier unmöglich ist sie privat unterzubringen, da Weiße bevorzugt werden.
Wir konnten durch Netzwerke zu solidarischen Hausprojekten in einigen Fällen zumindest bei der Unterbringungsproblematik unterstützen. Für ihre Schutzperspektive und Gleichbehandlung braucht es politische Lösungen, für die wir uns nach Kräften einsetzen.
Bemerkenswert ist das Feedback, das wir seitens der Stadtgesellschaft auf unser Angebot bekamen. Nicht wenige kommentierten, dass sie bisher mit unserer (partei)politischen Verortung nichts anfangen konnten, unser Engagement aber zutiefst respektieren.
Zentraler Motor unseres Engagements war und ist es allerdings linke Solidarität praktisch werden zu lassen. Als politische Menschen arbeiten wir parallel zum oft nervenaufreibenden Klein-Klein der Wohnungsvermittlung auch an strukturellen Verbesserungen für alle Geflüchteten, die in Deutschland Schutz suchen und für unsere Gefährt:innen in Russland, deren Ausreise und Ankommen ungleich schwerer ist. Und wir verlieren das große Ziel nicht aus den Augen: Dieser Krieg muss endlich beendet werden!
Das linXXnet-Kollektiv ist mehr als ein offenes Abgeordnetenbüro. Es ist Stadtteilladen, Plenumsfabrik, Internetcafé, Veranstaltungsort und vieles mehr. Es wird vor allem von Ehrenamtlichen betrieben.
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